Buchtipp: Craft-Pionier Oliver Wesseloh über seine Liebe zum Bier

Bier leben - von oliver Wesseloh
Bier leben – von oliver Wesseloh

Eines schon mal vorweg: Dieses Buch sollte jeder im Bücherregal stehen haben, der sich mit Craft-Bier beschäftigt. Mit seinem Werk „Bier leben“, das seit heute auf dem Markt ist, präsentiert Braulegende und Ex-Sommelier-Weltmeister Oliver Wesseloh, einer der Pioniere der neuen Bierbewegung und Boss der Hamburger Kreativbrauerei Kehrwieder, die ganze Philosophie und Vielfalt einer noch jungen Genussbranche.

Auf 240 Seiten findet man nicht nur einen differenzierten Überblick zum Wandel des aktuellen Bier-Marktes, sondern auch die wichtigsten Brauer und Köpfe einer nationalen wie internationalen Szene. Olli Wesseloh untermauert mit dieser Veröffentlichung seine Position als einer der wichtigsten Vordenker der deutschen Craft-Bier-Branche. Dabei lässt er auch ein Pro und Contra des Reinheitsgebotes nicht aus und gibt professionelle Tipps, wie man zuhause eigene Hopfensäfte zaubern kann. Bei aller Analyse und Kritik ist dies Buch aber vor allem eine Liebeserklärung an das Bier und ein großer Lesegenuss.

Fazit: Unbedingt kaufen!!!

Wesselohs Liebeserklärung an das Bier
Wesselohs Liebeserklärung an das Bier

Kehrwieder Kreativbrauerei: „Azacca“ – Göttertrunk mit Karibikflair

Kehrwieder Kreativbrauerei - Azacca
Kehrwieder Kreativbrauerei – Azacca

Wenn das Etikett schief auf der Flasche klebt, dann erkennt man, dass wirklich noch mit der Hand gearbeitet wurde. Und ich kann mich noch erinnern, als Oliver Wesseloh, Brauer der Kehrwieder Kreativbrauerei aus Hamburg, einmal sagte, dass man von Craft spricht, wenn jede Flasche die Hand des Brauers berührt hat. So scheint es auch bei seiner neuen Kreation „Azacca“.

Dafür experimentierte der Sommelier Weltmeister für Bier für seine Shipa-Serie wieder mit einer davor kaum bekannten Hopfensorte: „Azacca“. Sie stammt aus den USA und wurde nach einem karibischen Ackergott benannt, der in Haiti angerufen wird, wenn man sich eine gute Ernte wünscht. Angeblich weiß der Inselgeist vor allem die einfachen Genüsse zu schätzen. Aber mit einfachen Gaumenfreuden hat Wesselohs Bier wahrlich nichts zu tun.

Vom Design her dachte ich erst einmal an Jamaica und Reggae, als ich die Flasche in der Hand hielt. Im Glas leuchtet es dann appetitlich in einem warmen Orangeton. Im Duft strömen tropische Früchte wie Mango und Ananas in die Nase, gepaart mit etwas harzig-würzigem und reifen Orangen. Rinnt das 7,5-prozentige IPA erst über die Lippen, dann breitet es sich samtig-weich im Mundraum aus, fast schon cremig. Es schmeckt auch tropisch: Mango und Ananas vermählen sich mit Clementine, Pinienharz und Hopfenwürze. Im Finish können sich Hopheads auf 65 Bittereinheiten freuen, die sich harmonisch mit dem Harz noch länger in der Kehle festkrallen.

Fazit: Ein toller Hopfen, ein tolles Single Hop Ale. Diese tropische Hopfenbombe, macht dem haitischen Ackergeist alle Ehre. Da ist dem Braumeister wieder ein harmonisches, absolut süffiges und leckeres Bier für seine Serie gelungen. Ich hab gleich nochmal 24 Flaschen bestellt. Kompliment!

Craft-Bier des Monats: „Equinox“ als würzig-Herbe Fruchtgranate

Equinox - Kehrwieder Kreativbrauerei
Equinox – Kehrwieder Kreativbrauerei

Wow, heute trank ich ein Bier, das ich einfach zum Craft des Monats küren muss. Das „Equinox“ aus der Shipa-Serie von der Kehrwieder Kreativbrauerei in Hamburg überraschte mich mit ganz neuen, ungewöhnlichen Aromen. Der Name mag etwas seltsam klingen, aber es geht dabei um eine neue amerikanische Hopfensorte, die erst seit der vergangenen Ernte zu bekommen ist. Sie stammt von denselben Züchtern, die schon die Hammer-Sorten Mosaic und Citra zogen.

  • Brauerei: Kehrwieder Kreativbrauerei
  • Bierstil: India Pale Ale
  • Stammwürze: 16,8 Prozent
  • Alkohol: 7,5 Prozent
  • Bittereinheiten: 65 IBU
  • Malz: Wiener Malz
  • Hefe: Ale-Hefe

In einem leuchtenden Orange, fast schon an die Farbe eines Sonnenuntergangs erinnernd, positioniert sich das IPA mit einem cremigen Schaum im Degustationsglas. Ein intensiver Duft von Papaya, Guave und etwas Zitrus kommt mir wie ein Springteufel aus dem Glas entgegen. Auf der Zunge breitet sich das Equinox moussierend aus. Es streut würzige und grasige Noten, die sich mit süßlich, tropischen Fruchtaromen vermählen. Eine gewisse Herbe und die schmackhafte Bittere runden das IPA ab. Der Hopfen wird in seiner Beschreibung mit einer Nuance von grüner Paprika angekündigt. Doch die schmeckte ich nicht heraus. Zum Glück.

Fazit: Auch wenn die meisten Kommentare zu diesem Equinox“ nicht gerade glänzend ausfallen, so ist für mich eines ganz klar: das Besondere an diesem Bier ist die neue Hopfensorte, die sich bislang in keinem anderen deutschen Sud präsentieren durfte. So ein bislang unbekanntes Gewächs ins Bier zu mischen, zeugt von Mut und Kreativität. Mich überzeugte das IPA mit seinen würzig-herben Fruchtaromen und seiner Intensität. Wieder mal ein absolut gelungener Hopfencocktail von Kehrwieder mit einem sehr langen Abgang. Diese Bier solltet ihr unbedingt probieren!

Braukunst Live: Der perfekte Moment für das perfekte Bier

Es war wieder ein grandioses Fest! Mehr als 8600 Besucher strömten in die Halle des Münchner MVG Museums um die rund 700 Biere der 95 Aussteller aus der ganzen Welt zu probieren. Auch für mich waren echte Highlights dabei. Sei es der Collabrew von Mashsee und Hanscraft, das „Moll“ von der Kehrwieder Kreativbrauerei und BrauKunstKeller oder die schmackhaften Biere der Macher von Bierol sowie das Monroes von Hopfenstopfer, das „Undrinkable“ von Nøgne ø, das Witbier von Braufactum oder die Kreationen von Tilmans Biere – um nur ein paar von vielen Besonderheiten zu nennen.

Doch das wirklich spannende ist doch, interessante Brauer, Freunde und  Bekannte zu treffen und sich mit ihnen auszutauschen und zu diskutieren. Aber ich ja war nicht nur zum Verkosten auf dem Festival der Biere. Es heißt ja so oft, dass es nicht das Lieblingsbier gibt. Ein bestimmter Zeitpunkt, die Gemütslage, der Ort und die Begleitung machen das jeweilige Bier erst zu dem, was es genau dann ist. Meine Schwester und ich fragten mal ein paar Brauer (und Frank Böer), was für sie eigentlich der perfekte Moment, für das perfekte Bier ist. Viel Spaß beim Anschauen!

Meister-Ale: Das Rätsel von frischen und feuchten Träumen

Feuchter Traum von Kreativbrauerei Kehrwieder und Riedenburger Brauhaus
Feuchter Traum von Kreativbrauerei Kehrwieder und Riedenburger Brauhaus

Niemand weiß so genau, was Oliver Wesseloh und Maximilian Krieger unter feuchte oder frische Träume verstehen. Im Norden heißt das neue Wet-Hop-Ale „Feuchter Traum“ in Bayern nennen sie das gleiche Craft-Bier „Frischer Traum“, was dem Genießer dann doch wahre Rätsel aufgibt. Aber immerhin vergingen von der Hopfenernte bis zum Zeitpunkt, als die beiden Kreativ-Brauer den frisch geernteten deutschen Bio-Cascade in den Braukessel kippten, nicht mal fünf Stunden.

Der Chef der Hamburger Kreativbrauerei Kehrwieder, hat noch in 2014 zusammen mit Maximilian Krieger von der bayerischen Brauerei Riedenburger das „nassgehopftes“ Pale Ale zum Traumbier gerührt. Grundlage war das Rezept des Wet Hop Ales von 2013. Was beim neuen Jahrestrunk – mit Bio-Cascade und Pale Malz –  herauskam, lässt sich aber wieder mal sehen. Hier die Fakten: Alkoholgehalt 5,6 Prozent, Stammwürze 13,7 Prozent, 40 IBU.

Im Glas glänzt das Ale in einer Kupferfarbe mit feinporiger, schneeweißer Haube. Schon beim Einschenken schwirren fruchtige Noten herum. Tolle Litschi-, Orangen- und Mangoaromen schaffen ein anregendes Bukett. Dazu gesellt sich noch ein Hauch von Waldhonig. Ist das Bier erst am Gaumen, lässt sich die erfrischende Hopfenbombe erst so richtig genießen. Das Finish ist grasig und hopfig-herb. So soll’s sein!

Fazit: Ein echt gelungenes Beispiel für ein nassgehopftes Craft, das den  beiden Braumeistern alle Ehre macht. In diesem Ale wird auch deutlich, was der deutsche Cascade für ein Wahnsinns-Aromenspiel besitzt.

Kreativbrauerei Kehrwieder „Imperial Black Prototyp“: Baltic Porter mit Überraschungseffekt

Imperial Black Prototyp - Kreativbrauerei Kehrwieder
Imperial Black Prototyp – Kreativbrauerei Kehrwieder

Wer unter den Craftbier-Fans das „Prototyp“ nicht kennt, weiß nicht wirklich, wie ein sauberes, hopfengestopfte Lager schmeckt. Der Hanseatentrunk ist nicht nur das Flaggschiffs sondern auch das allererste Bier der Kreativbrauerei Kehrwieder. Jetzt gibt es einen Jubiläumssud – „Imperial Black Prototyp“. Gebraut haben die Hamburger Beer-Maker mit den klassischen Prototyp-Zutaten. Hopfen: Northern Brewer, Perle, gestopft mit Saazer und Simcoe. Nur das Malz wurde ausgetauscht. In der dunklen und kräftigeren Version verwendeten Oliver Wesseloh und Friedrich Matthies dunkles, böhmisches Tennenmalz. Gezaubert haben die Nordlichter dieses Baltic Porter im dänischen Rækker Mølle Bryghus in Skjern. Der Unterschied von englischem Porter zu einem Baltic Porter ist die Hefe. In den baltischen Staaten musste wegen den kälteren Temperaturen im 19. Jahrhundert mit untergäriger Hefe gearbeitet werden. Außerdem konnten die Biere bei frischerem Klima auch wärmende Alkoholprozente vertragen.

Farblich scheint das Imperial Black in einem reizenden Espresso-Braun, getoppt von einem cremigen Schaum, durch das Glas. Ein Duft-Bouquet von frisch gemahlenen Kaffeebohnen, Karamell und einem Anklang von dunklen Waldfrüchten wie Brombeere dringt in die Nase. Im Geschmack überraschen frische und fruchtige Hopfennoten, dazu kommen die Porter-typischen, dezent röstig-karamelligen Noten mit einem Hauch Espresso und Bitterschokolade. Trotz 7,8 Prozent Alkoholgehalt und 18,9 Stammwürze macht das Bier nicht satt. Es ist eher süffig mit angenehmer Trinkbarkeit. Im Abgang verabschiedet sich das Imperial Black mit einer kräuterbetonten Hopfenwürze und rund 40 Bittereinheiten.

Fazit: Ein ehrwürdiges Bier zum Geburtstag des Prototyps mit Überraschungseffekt. Das Imperial Black ist trotz seines wuchtigen Alkoholgehalts keineswegs schwer und entwickelt mit seinen glitzernden Fruchtnoten eine unerwartete Geschmacksvielfalt. Eignet sich super als Digestif zum Dessert, aber auch „stand alone“ für gemütliche Kaminabende oder einfach nur als genussvoller Abschluss eines anstrengenden Tages.

Kreativbrauerei Kehrwieder: „Polaris“ – Treibstoff für die Sinne

Das neue "Polaris" aus der SHIPA-Serie der Kreativbrauerei Kehrwieder
Das neue „Polaris“ aus der SHIPA-Serie der Kreativbrauerei Kehrwieder

Das „Polaris“ aus der Shipa-Serie war wohl erst einmal der letzte gemeinsame Sud der Brauer der Kreativbrauerei Kehrwieder. Sie trennen sich. Warum? „Wir machen es wie die Hefezellen – wir teilen uns um noch mehr Gutes zu produzieren“, sagen Oliver Wesseloh und Friedrich Matthies. Fiete startet ab sofort sein eigenes Brau-Projekt. Aber keine Angst: Die tollen Kreationen wird es weiterhin geben, versprechen die Hamburger Macher. Sowohl Olli als auch Fiete haben spannende Ideen auf ihren jeweiligen Brauplänen. Ich denke, wir können uns freuen. Den Vertrieb von Kehrwieder übernimmt künftig Mark Josupeit. Olli infizierte ihn mit Craft-Bier aus den USA, seitdem ist sein Verkaufschef auch ein echter Hophead.

Aber jetzt endlich zum Bier. Polaris ist nicht nur eine feine Hopfensorte, sondern auch die Bezeichnung für den Polarstern, der besonders hell im Norden leuchtet. Das lässt sich auch für die Shipa-Serie behaupten, die das Kehrwieder-Team immer nach dem gleichen Muster braut – allerdings jedes Mal verfeinert mit einem anderen Hopfen. Dieses Mal mit dem besonders empfindlichen Polaris-Hopfen – zu wenig ist kaum wahrnehmbar, zu viel macht das Bier untrinkbar. Ganz IPA-typisch glänzt das „Polaris“ in einem glitzernden Bernsteinton im Glas. In die Nase schwirren erfrischend fruchtige Noten mit einem Hauch von Minze und Menthol, dazu grasige bzw. heuartige Nuancen.

Auf der Zunge breitet sich das 6,5 prozenthaltige Kreativbier zart mit einer feinen Malzsüße aus. Im Geschmack dominiert eindeutig der Hopfen. Dennoch dringen die Polaris-Noten nicht zu intensiv hervor. Aber genau das ist es, was das Bier so hervorragend macht. Ein absolut ausbalanciertes Aromenspiel von Süße, Zitrus, Minze und Menthol. Über das harmonische Finish mit 65 Bittereinheiten kann sich echt niemand beschweren.

Fazit: Wieder einmal ein wirklich gelungenes Kreativbier der Hamburger Craft-Schmiede. Olli und Fiete haben den Hopfen exakt portioniert – nicht zu viel, nicht zu wenig: Ein wahrlich guter Treibstoff für die Sinne. Kompliment, ein tolles Sommerbier!

Mein Craft-Bier des Monats: „Shipas“ – das tropische Fruchtfeuerwerk

Craft-Bier des Monats: Shipas
Craft-Bier des Monats: Shipas

Im April habe ich ein paar wirklich erstklassige Biere getrunken. Umso schwerer fiel es mir diesmal, mein Craft-Bier des Monats auszuwählen. Aber nach der Qual der Wahl musste ich mich schließlich entscheiden. Zum Craft-Bier des Monats April küre ich das „Shipas“ von den Hamburger Brauern der Kreativbrauerei Kehrwieder. Die Gypsies Oliver Wesseloh und Friedrich Matthies brauten das Single Hop IPA mit Simcoe Hopfen im dänischen Fanø Bryghus – und machten daraus einen ganz besonderen Göttertrunk.

 

Wichtige Fakten zum Bier:

  • Bierstil: India Pale Ale
  • Brauerei: Kreativbrauerei Kehrwieder im Fanø Bryghus, Dänemark
  • Alkoholgehalt: 7,5 Prozent
  • Stammwürze: 16,8 Prozent
  • Farbe: bernstein
  • Schaum: Feinporig, instabil
  • Bittere: 65 IBU
  • Hopfen: Simcoe
  • Malz: Wiener Malz
  • Hefe: Ale-Hefe

Das optisch attraktive „Shipas“ knallt mir intensive Fruchtnoten von Maracuja, Ananas und Pfirsich in die Nase, die von feinem Karamell und einem leicht würzigen Touch begleitet werden. Aber wie entwickelt sich der Simcoe Hopfen, der zu meinen Lieblingssorten zählt, im Geschmack?  Wie vermutet – im Antrunk schleicht sich eine feine, malzige Süße über die Lippen, dann bricht der Simcoe-Vulkan aus: Grapefruit, Pfirsich, Maracuja und Litschi umschmeicheln vollmundig Zunge und Gaumen. Durch das lebhafte Prickeln der Kohlensäure bleibt das IPA bis zum letzten Schluck erfrischend und süffig. Im Abgang charakterisiert sich das Bier noch durch eine florale Note, gepaart mit einer kräftigen und genussvollen Bittere. Das Fruchtbukett bleibt noch lange im Mund zurück. Wahnsinn! Hätte ich eine zweite Flasche im Kühlschrank gehabt, hätte ich diese gerne noch niedergemacht.