Dass in München eine neue Bier-Location öffnet, mag erst mal nichts Besonderes sein. Doch am 15. Juli sperrten Andreas Dünkel, Luis Seubert und Lucas Jochem, die bisher durch ihre Craftbier-Marke und ihren Taproom „True Brew“ bekannt waren, die Tür zum „Lagerhaus“ auf und präsentieren damit ein neues Konzept in der bayerischen Bierhauptstadt. Im belebten Untergiesing befindet sich jetzt eine Bar mit Vollküche, die von den Betreibern als eine Mischung aus tschechischer Trinkhalle, bayerischer Brasserie und 60er-Jahre Pilskneipe beschrieben wird. „Wir haben uns bewusst gegen True Brew 2.0 entschieden“, betont Andreas Dünkel“, „wir hatten Bock auf was Neues“.
So zeigt sich das Ambiente in dunklen Grüntönen mit gefliesten Wänden, gedimmtem Licht aus Vintage-Lampen und massiven Stehtischen aus Eichenholz. Hinzu kommt ein großer Außenbereich. Das Herzstück bildet die Bar, an der die Gäste auch bestellen und bezahlen. In der Mitte der Theke thront eine spezielle Zapfanlage für Lagerbiere mit fünf Schwenkhähnen. Diese besorgten sich die Münchner aus Tschechien, um damit einen feineren und stabileren Schaum zu erzielen. Dafür gab es sogar eine Zapfschulung für das Personal.
Wie der Name bereits vermuten lässt, dreht sich hier alles um Lagerbiere und deren Kultur. Braumeister Luis Seubert möchte sich im „Lagerhaus“ mit untergärigen Spezialitäten beweisen. So gibt es dort neben Hell, Dunkel und Pils auch saisonal wechselnde Spezialitäten wie Böhmisches Pilsner, Altfränkisch Spezial und alkoholfreies Pils. Um die Biere stilecht zu präsentieren, bekommt jeder Stil sein eigenes Glas. Das Personal zapft in Willibecher, Glaskrüge oder in die in Bayern fast vergessene Pilstulpe, zu der es für den Vintage-Kick noch ein Pilsdeckchen gibt.
Das „Lagerhaus“ soll zwar eine trinkbetonte Location sein, die aber auch vernünftige Speisen auf den Teller bringt. Auf der Karte stehen bayerische, fränkische und Tiroler Klassiker wie Brotzeit, Käsespätzle, Dunkelbiergulasch oder Bratwürste mit Sauerkraut. Bis zu den selbst eingelegten Essiggurken ist alles hausgemacht oder kommt von regionalen Produzenten.
Benedikt Schuhbauer (links) und Team Weihenstephan: Matthias Ebner (zweiter von links), Susanne Hönig und Brauereidirektor Josef Schrädler
Spannende Foodpairing-Events gibt es hierzulande leider viel zu selten. Umso mehr freute ich mich über die Einladung vom Schuhbauers am Dom in Freising zum Kickoff des „Beer & Dine“ – ein 5-Gänge-Menü in Kooperation und somit auch mit Bierbegleitung von der Bayerischen Staatsbrauerei Weihenstephan. „Speisen in Kombination mit Wein kennen die Leute“, sagt Markenbotschafter Matthias Ebner von der Brauerei, „aber Foodpairing mit Bier ist eigentlich noch viel interessanter, weil wir zwei Facetten haben, die der Wein nicht mitbringt: Kohlensäure und Bittere.“
Für das erste prickelnde Erlebnis wurde als Aperitif ein feinherber „Holled’Auer Hopfen-Secco“ aus der Hallertau gereicht. Nach der offiziellen Begrüßung durch Restaurantchef Benedikt Schuhbauer und Matthias Ebner ging es an den ersten Gang: Gebeizter Saibling mit Mango, Kokos und Passionsfrucht. Dazu gab es ein Hefeweißbier, das mit seinen bananigen Noten und dem vollmundigen Körper besonders mit den fruchtigen Aromen und der Kokosnuss punktete.
Als nächstes wurde geräucherter Aal mit schwarzem Rettich, Dunkelbier Miso Mayo und Senfkaviar serviert. Zugegeben, hatte ich vor diesem Gang etwas Respekt, da Aal nicht unbedingt zu meinen Lieblingsfischen gehört. Dazu gab es das Weihenstephaner „Tradition“. Was hier bei mir im Mund passierte, war wirklich spannend. Die Kombination aus dem geräucherten Fisch mit den sanft röstigen Noten des Bayerisch Dunkel erwecken den Anschein, ein Rauchbier zu trinken.
Weiter ging es mit dem lackierten Schweinebauch mit Risotto und Blumenkohl. Als Pairing kam das Kellerbier – also eine eher traditionelle Begleitung. Das Besondere an dem Gericht war für mich, dass der Reis mit Pils gekocht wurde. Eine kleine Herausforderung für den Koch. „Es ist gar nicht so einfach mit Bier zu kochen, weil die Bittere immer mitspielt und harmonisch eingebunden werden sollte“, betont Benedikt Schuhbauer. In dem Fall ist es ihm super gelungen.
Im Restaurant wird auch viel Wert auf Regionalität gelegt. So gab es zweierlei vom Freisinger Land-Rind mit Karotte, Whisky sowie Röstzwiebel und dazu – passende zur Starkbierzeit – den dunklen Doppelbock namens „Korbinian“. Hier harmonierten vor allem die röstigen Noten vom Fleisch und den Röstzwiebeln mit denen vom Bier und dem Hauch Whisky in der Sauce.
Mal was ganz anderes war das Weißbiersorbet. Denn: Es wurde in einem Tumbler-Glas gebracht und am Tisch mit dem Vitus-Weizenbock aufgegossen. Auf der Zunge prickelte es, bis die Aromen vom Bock und dem Sorbet einen schmeichelnden Schmelz mit den Bananennoten ergaben. Den Abschluss machte eine Mascarpone Creme mit Karamell und Banane. Dazu wurde noch mal der Weizenbock gereicht. Deftig lecker.
Fazit: Das war ein echtes Erlebnis! Für mich ist die Erfahrung immer wieder spannend, wie hervorragend Bier mit feinster Küche zusammen passt. Klar, Sensorik ist sehr individuell und jeder mag andere Kombinationen, aber bei so einem Menü sind sicherlich für jeden ein paar Gaumenschmeichler dabei – auch Nicht-Biertrinker können dabei echte Geschmacksexplosionen erleben.
Tipp: „Beer & Dine“ kann bis 8. April im Schuhbauers am Dom gebucht werden. Gibt’s auch als Veggie-Variante.
Bier und Käse zählen zu den ältesten Lebensmitteln der Welt, die zudem auch sehr gut zusammen harmonieren. Aber wie werden die beiden handwerklichen Produkte überhaupt hergestellt, worin unterscheiden sich die verschiedenen Sorten und wie verkostet man die regionalen Milcherzeugnisse eigentlich perfekt mit attraktiven Gerstensäften?
Käsemeister bei der Arbeit
Am Freitag, den 1. April um 19 Uhr, könnt ihr mit Markus Hoppe von Hoppebräu in Waakirchen, dem Käsemeister der Obermooser Bio-Käserei und mir persönlich in die vielfältige Welt von Bier und Käse eintauchen. Verkostet werden bei diesem Event sechs spannende Pairings. Highlight: Das Event findet direkt in der Brauerei zwischen den Sudkesseln statt. Besonderer Tipp: Im Anschluss lässt sich das ein oder andere Bier noch in der Zapferei genießen und Markus hat schon vorgewarnt, dass möglicherweise auch noch gezwickelt wird. Also lasst euch überraschen!
Was ist das Spannende an Bier- und Brot-Pairings, was haben beide Produkte außer den Rohstoffen eigentlich gemein und was können Brauer und Bäcker noch voneinander lernen? Sandra Ganzenmüller, erste deutsche Bier- und Brotsommelière in einer Person, Ernährungswissenschaftlerin und Chefin der Agentur kommunikation.pur GmbH, klärt auf.
Foodpairing ist einer der Megatrends der Bierbranche.
Neben Käse und Schokolade etabliert sich verstärkt auch die Kombination
verschiedener Hopfen- und Gerstensäfte mit diversen Brotsorten. Was ist an
einer solchen Degustation so faszinierend?
Da die maßgeblichen und wertgebenden Rohstoffe beider Produkte mehr oder weniger identisch sind, ähnelt sich das Aromaprofil oft. Das macht die Verkostung sehr spannend, aber für einen Fachsommelier auch sehr anspruchsvoll, um den Teilnehmern ein wirklich interessantes sensorisches Erlebnis zu bieten und keinen geschmacklichen Einheitsbrei ohne Wow-Effekt. Bier und Brot können sich wunderbar ergänzen, aber auch sensorisch unterstützen. Im Mittelalter wurde das eine Lebensmittel aus dem anderen hergestellt, also erst Brot gebacken, um die Getreidekörner aufzuschließen und dann mit dem halbgebackenen Brot ein Sud für das Bier angesetzt. Brot und Bier sind Lebensmittel, für die Deutschland weltweit steht: Wir sind eine der größten Biernationen und die unbestritten größte Brotnation. Deutschland ist das Synonym für die handwerkliche Herstellung beider Produkte und ein Land, das für eine umfassende Sortenvielfalt in beiden Segmenten steht. Also gibt es bei solchen Verkostungen auch viele tolle Geschichten zu erzählen.
Bier- und Brot pflegen haben also mehr gemein, als die
meisten Konsumenten vermuten. Aber wo liegen denn neben den Rohstoffen die
Gemeinsamkeiten?
Neben den Produkten, die sich in ihrer Grundrezeptur in der Tat lediglich durch Salz beim Brot und Hopfen beim Bier unterscheiden, sehe ich Parallelen in der handwerklichen Herstellung sowie der Arbeitsweise und der Mentalität der Handwerker. Auch Technik „made in Germany“ – etwa Backöfen und Abfüllanlagen – ist ein Gütezeichen, und eine ähnlich hochwertige, mehrstufige Ausbildung vom Gesellen über den Meister hin bis zum Techniker gibt es sonst nirgends auf der Welt.
Angeblich kooperieren jetzt auch immer mehr Brauereien
mit Bäckereien. Treberbrot, Bierbrot, Bier aus altem Brot: Resteverwertung oder
neues Geschmackserlebnis?
Das ist nichts Neues. Früher wurde das genauso aus der Not heraus gemacht, weil die Technik und die heutigen Möglichkeiten der Verarbeitung sowie Aufbereitung der Rohstoffe noch nicht vorhanden waren. Aber am Ende des Tages ist ein Collabbrew oder DryHopping ja auch keine neue Sache, sondern in den USA nur mit einem modernen, coolen Begriff versehen worden.
Aber was können sich beide Branchen voneinander
abschauen?
Alles, wenn sie denn endlich mehr miteinander reden und machen würden. Ich bin beruflich seit Jahrzehnten in beiden Branchen aktiv, kenne sowohl sehr viele Braumeister als auch Bäcker und bin absolut überzeugt, dass sich die auf beiden Seiten vorhandene Kreativität und Liebe zum eigenen Produkt multiplizieren würde, beziehungsweise es schon tut, wo gemeinsame Projekte bereits laufen. Durch die Biersommeliers, die Craft-Bier-Bewegung und natürlich viele innovative junge Brauer sowie tolle Projekte und Produkte erfahrener Braumeister aus den mittelständischen deutschen Familienbrauereien haben Bier und Braumeister in puncto Image und medialer Wahrnehmung einen deutlichen Vorsprung.
Wieso?
Vor zehn Jahren wurde noch vor allem über den Bierpreis und das Komasaufen während des Oktoberfestes berichtet, inzwischen gibt es ganzjährig eine positive Berichterstattung über neue Biersorten, Food- Pairing etc. Was spricht gegen einen Collabbake, ein Bread-take-over oder ein Craft Beer- und Bread-Festivial?
Wie erkennst Du ein wirklich gutes Brot sowie wie ein dazu
passendes Bierund worauf muss man beim Pairing achten?
Man tastet sich an das Erkunden eines Brotes genauso mit allen Sinnen heran, wie an das eines Bieres. Bei beiden Erlebnissen startet man mit dem Hören. Beim Bier schenkt man ein, hört den Schaum knistern und die Schaumbläschen zerplatzen, beim Brot das Splittern der Kruste. Und so arbeitet man sich Sinn für Sinn voran. Ein gutes Brot zeichnet sich durch eine besondere Optik aus, eine knackige Kruste (es sei denn, es ist eine Sorte, die das nicht aufzuweisen hat, wie z.B. ein Pumpernickel), eine elastische samtige Krume und einen wunderbaren Geruch sowie einen aromatischen charakteristischen Geschmack.
Das ist aber noch
nicht alles?
Wie beim Bier gibt es auch beim Brot klassische Sorten, die bestimmte Eigenschaften mitbringen müssen. Beim Pairing liegt die Kunst darin, eine Harmonie oder spannende Gegensätze zu schaffen. Während es mir beim Bier leichter fällt, generelle Empfehlungen abzugeben (ein klassisches Pils hat bestimmte sensorische Komponenten, sonst wäre es kein Pils, natürlich stärker oder schwächer ausgeprägt oder ein wenig anders von Braumeister zu Braumeister interpretiert), ist es beim Brot sehr schwierig. Das muss man stets testen und dann entscheiden, welche Kombination passt und interessant ist.
Hast Du ein Beispiel?
Ja, so muss etwa ein Roggenmischbrot bestimmte Angaben erfüllen, um als solches bezeichnet zu werden, aber die Zugabe von Gewürzen ist nicht geregelt. Würde ich jetzt ein Roggenmischbrot generell zum Märzen empfehlen, dann kann das in dem einen oder anderen Landstrich auch mal schiefgehen, weil dort extrem viel Kümmel als Brotgewürz eingesetzt ist. Die Hessen beispielsweise verbacken gefühlt fast so viel Kümmel wie die restlichen Bundesländer zusammen.
Welche Kombinationen würdest Du Laien empfehlen? Und was
sollten Foodpairing-Fans unbedingt mal probieren?
Unbedingt sollte man mit einfachen, nicht zu komplexen Sorten starten, weder beim Brot noch beim Bier, und dann unterschiedlich verkosten und dort beim nächsten Mal weitermachen, wo sich beide gut ergänzten oder eine auf- und anregende Kombination waren. Mein Tipp: Ein dunkler Doppelbock mit Früchtebrot.
Foodpairing gehört zu den absoluten Megatrends, vor allem bei Biersommeliers. Neulich stand ein Paket von „Grizzly Snacks“ vor meiner Tür mit drei verschiedenen Sorten des Beef Jerkys. Dabei geht es um dünne Streifen aus deutschem Weiderindfleisch, die mit natürlichen Zutaten mariniert und gewürzt und anschließend einem speziellen Trocknungsverfahren unterlaufen. Gedacht sind solche Fleisch-Snacks eigentlich für Abenteuer, die kein schweres Gepäck in der Wildnis mit sich rumtragen wollen, aber auch für Sportler, Camper oder als Nebenbei-Häppchen im Büro. Ich habe die drei Sorten einfach mal mit Bier kombiniert.
Zuerst probierte ich Beef Jerky „Original“, das von den Herstellern nur mit etwas Salz, Pfeffer und etwas Apfelessig versehen ist. Hier dachte ich mir, könnte ein klassisches Helles den Umami-Geschmack gut vertragen. Also kreuzte ich das Trockenfleisch mit dem „Hosen Hell“, ein 5,2-prozentiges Bier, das mit Aromahopfen versehen ist und von der Uerige Brauerei aus Düsseldorf mit der Kultband „Die Toten Hosen“ entwickelt wurde. Im Pairing passen die fleischig-würzigen Noten ideal zu den malzig, würzigen und leicht süßen Aromen des Bieres. Die zarte Herbe vom „Hosen Hell“ rundet das Geschmackserlebnis noch spannend ab.
Eine weitere spannende Kombination bringt das Beef Jerky „Lemon Ginger“, das mit Ingwer und Zitronengras aromatisiert ist. Und wie heißt es so schön beim Foodpairing, gleich und gleich gesellt sich gern. Also fusionierte ich das Fleisch mit dem „Citra Helles“ von der Braumanufaktur Welde aus Plankstadt. Beide Produkte legen eine kräftige Zitrusnote vor, die sich im Mund harmonisch verbinden.
Etwas komplizierter war die Frage, was wohl am besten zum Beef Jerky „Gardens Green“ passen könnte. Diese Sorten haben die Macher von Grizzly Snacks mit Sojasoße, Apfelessig, Pfeffer, Knoblauch, Zwiebel, Thymian, Schnittlauch, Rosmarin, Petersilie, Oregano und Majoran gewürzt. Da das Trockenfleisch mit dieser Gewürzmischung auch eine leichte Säure präsentiert und der Rosmarin im Geschmack dominiert, entschied ich mich für die „Baltic Gose“ von der Inselbrauerei auf Rügen. Die leichte Salznote und die Spritzigkeit des Bieres heben die kräuterbezogen und würzigen Noten des Beef Jerkys noch mehr hervor. Die angenehme Fruchtigkeit der Gose passt hervorragend zu diesem würzigen Geschmacksbild.
Fazit: Die Kombination von Trockenfleisch und verschiedenen Bieren hat wirklich Spaß gemacht. Mal was ganz anderes und das Spielfeld ist ziemlich breit. So könnte man sicherlich auch gut dunkle Sorten wie Porter oder Bayerisch Dunkel zum Beef Jerky reichen. Ich habe mir jedenfalls schon mal die weiteren Sorten von Grizzly Snacks bestellt um noch ein bisschen weiter zu experimentieren.