Interview: Craft-Bier-Erfahrung aus 600 Jahren

Sebastian Priller-Riegele ist ein unruhiger Wanderer zwischen Tradition und Moderne. Als Ex-Weltmeister der Biersommeliers und Geschäftsführer des gleichnamigen – im Jahre 1386 gegründete – Brauhauses in Augsburg macht er inzwischen Furore mit neuen Bierkreationen.

Sebastian Priller-Riegele beim Degustieren
Sebastian Priller-Riegele beim Degustieren

Feiner Hopfen: Herr Priller-Riegele, deutsche Bierexperten streiten derzeit über den Begriff „Craft-Bier“. Angeblich habe es in kleinen Regionalbrauereien schon immer handwerklich gefertigte Biere gegeben. Wie lautet ihre Definition für die neuen Kreativ-Biere?

„Für mich ist Craft Brauen eine Philosophiefrage. Was steht im Vordergrund: Technik oder Produkt? Bei Bieren für den Massenmarkt steht der Herstellungsprozess im Vordergrund. Das heißt, hier gibt es ein definiertes Geschmacksmuster, das mit möglichst wenig Ressourcen und hohem Technikeinsatz immer wieder reproduzierbar sein muss. Bei Craft-Bieren ist das genau anders rum. Das Produkt steht im Fokus. Man sucht interessante Rohstoffe und kreiert handwerklich ein ausgefallenes Geschmacksprofil, das auch nicht unbedingt reproduzierbar ist. Das Ergebnis und auch der Preis stehen nicht unbedingt von vornherein fest.“

Feiner Hopfen: Einige Brauer verwenden hierzulande immer häufiger Hopfensorten aus den USA und Neuseeland. Sind Sie mit dem Angebot an deutschen Aroma-Hopfen zufrieden oder sollten die Hopfenproduzenten sich nicht doch etwas mehr auf den Craft-Bier-Trend einstellen?“

„Sobald es einen Markt gibt, wird das Angebot da sein. Aktuell reden wir natürlich noch von homöopathischen Mengen, aber die Tendenz ist klar zu erkennen. So haben wir schon eine Cascade Sorte angebaut, mal sehen, was noch alles folgt!“

Feiner Hopfen: Gerade brachten Sie mit ihrem Brauhaus acht neue Bierspezialitäten auf den Markt. Ist der Konsument angesichts dieser Produkt-Explosion vielleicht nicht doch etwas verunsichert?

„Ich glaube das Gegenteil ist der Fall. Warum? Unsere acht Brauspezialitäten bieten dem Bierliebhaber alles, was man zur Orientierung braucht. Angefangen von einem Aromaprofil bis hin zu Speiseempfehlung und der optimalen Trinktemperatur ist alles bis ins Detail beschrieben. Dadurch – so glaube ich – gibt es sogar erstmalig eine klare Orientierung. Und wir sehen auch, dass Bierliebhaber dieses Angebot sehr gerne annehmen! Das freut uns natürlich sehr!“

Feiner Hopfen: Junge Kreativ-Brauer tun sich noch schwer, Ihre Produkte ins Rampenlicht zu rücken. Welche Ratschläge können sie ihren Kollegen geben?

„Zugegeben, es ist sehr schwierig. Auch für kleine Biermanufakturen, wie wir eine sind. Klar mit Geld geht immer alles, aber was es braucht, wenn das keine Option ist: Leidenschaft und Ausdauer. Uns gibt es seit 1386. Wir sagen immer, ‚wir haben Zeit‘. Wir gehen Schritt für Schritt auf den nächsten Bierliebhaber zu und stellen unsere Biere vor. Und dann muss das Produkt für sich selbst sprechen. Das heißt ohne eine überlegene Qualität sollte man erst gar nicht anfangen. Danach gilt: Steter Tropfen höhlt den Stein.“

Feiner Hopfen: In den USA haben Craft-Brewer in den letzten zehn Jahren beachtliche Marktanteile gewonnen. Wie wird sich nach Ihrer Ansicht die deutsche Craftbier-Bewegung in den nächsten fünf Jahren entwickeln?

„Der Craft-Markt wird immer ein echter Nischenmarkt bleiben. Das ist alleine aufgrund der Produktdefinition klar. Aber das ist auch gut so. Es ist eine kleine feine Nische, an der die internationalen Konzerne schnell die Lust verlieren, da es viel zu aufwendig ist, hier mitzuspielen. Das öffnet Chancen für uns Kleine. Und hier werden wir noch viel Kreativität erleben dürfen!“

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