Salzburg-Special: Österreichs geheime Bierhauptstadt

Salzburg ist bekannt für eine hohe Brauereidichte, eigenständige Sude und gemütliche Bierlokale. Ein Trip durch die Hopfen- und Malzszene der Mozartstadt und seiner Region zeigt, dass in kaum einem anderen Landesteil von Österreich die Bierkultur so lebendig ist wie hier

Salzburg zählt zu den touristischen Hotspots in der Alpenrepublik. Zu den Highlights für mehr als 5,5 Millionen Besucher pro Jahr gelten aber nicht nur die weltweit bekannten Festspiele, das Geburtshaus von Wolfgang Amadeus Mozart oder die fast 1000 Jahre alte Festung Hohensalzburg, die über der barocken Altstadt thront und als Wahrzeichen der Metropole gilt. Die Stadt, durch dessen Mitte sich idyllisch die Salzach schlängelt, pflegt eine uralte Brauhistorie mit jahrhundertealten Brauereien, aber inzwischen auch eine neue quirlige Bierszene mit jungen Craft-Machern, Bierbars und traditionellen Wirtshäusern.

Während die Landeshauptstadt Wien mit seinen Heurigen Lokalen punktet, in denen der rund um die Stadt wachsende Wein die Hauptrolle spielt, gilt Salzburg inzwischen als geheime Bierhauptstadt des Landes. In der Barockstadt finden Freunde des Hopfen- und Gerstensaftes neben historischen Brauhäusern, die ihr Portfolio inzwischen durch kreative Sude ergänzen, auch an fast jeder Straßenecke spannende Bierlokale, urige Bräustüberl, gemütliche Biergärten, eine zentrale Ausbildungsstätte für Diplom-Biersommeliers und eine hochaktive Craft-Bierszene. Laut aktuellen Zahlen des österreichischen Brauereiverbands produzieren in Salzburg und der Region derzeit 13 Brauereien und 14 Hausbrauereien besondere Sude – für Österreich ein rekordverdächtiges Kontingent.

Damit trägt die Mozartstadt wohl auch zu einem erheblichen Anteil am österreichischen Pro-Kopf-Verbrauch bei Bier bei, der im internationalen Vergleich weltweit immerhin den zweiten Platz belegt. Insgesamt zählt der Branchenverband in Österreich bei landesweit nur knapp 9 Millionen Einwohnern mehr als 300 Braustätten mit rund 1000 verschiedenen Bieren und einem Gesamtausstoß von immerhin rund zehn Millionen Hektoliter – inklusive alkoholfreien Sorten. „Der Wirtschaftsmotor Braubranche läuft in Österreich sehr stabil und unabhängig von konjunkturellen Schwankungen“, sagt Verbandschef Siegfried Menz. Das sei vor allem der ausgeprägten Regionalität mit großer Biervielfalt, dem damit verbundenen Qualitätsanspruch zu verdanken.

Dass die Bierkultur insbesondere in Salzburg sehr lebendig ist, kann der Branchenprimus indes nur bestätigen. Als älteste Braustätte der Mozartstadt gilt das Hofbräuhaus Kaltenhausen, das der einstige Bürgermeister Johann Elsenheimer 1475 unter dem Namen „Kaltes Bräuhaus“ errichtete. Nach etlichen Besitzern, wie etwa der fürsterzbischöflichen Hofkammer, diversen Herzögen und dem geschichtsträchtigen Kaiser Franz I., zog einst eine Kurfürstin die Braustätte zu einem der führenden regionalen Industriebetriebe des 19. Jahrhunderts hoch.

Aber nach zwei Weltkriegen und zahlreichen Besitzerwechseln ebbte der Erfolg allmählich ab, bis der Betrieb 2011 eingestellt und das alte Sudhaus abgerissen wurde. Aber Kaltenhausen lebt weiter, wenn auch in anderer Form: Eine neue, vollautomatisierte Kleinanlage wurde installiert, auf der heute Braumeister Martin Simion mit seinem Team süffiges Kellerbier, bernsteinfarbenes Pale Ale oder ein kräftig gehopftes India Pale Ale mit der Hopfensorte Citra braut. Im Sortiment finden Bierliebhaber immer wieder auch saisonale und limitierte Spezialitäten. Darunter ein Bier, vergoren mit dem Saft reifer Veltliner-Weintrauben, eine weitere Sorte, die auf frischgehobeltem Zirbelholz reift oder einen etwa einen 9,5-prozentigen Barley Wine.

Reinhold Barta, GF, Braumeister, Biersommelier, Brauhaus Gusswerk, Hof, Salzburg, 20130923, (c) wildbild

Auch wenn im Salzburger Land uralte Biertraditionen weiter erfolgreich gepflegt werden, so setzen heute immer mehr Jungbrauer auf kreative Sude. Neben dem Team von Kaltenhausen gehört auch Reinhold Barta mit seinem 2007 gegründeten Brauhaus Gusswerk im nur wenige Kilometer von Salzburg entfernten Hof zu den neuen Sudzauberern der Region. Vor den Toren der Stadt produziert der umtriebige Chef der aufstrebenden Bio-Manufaktur neben klassischen Bierstilen wie Weizen, Wiener Lager und hellem Vollbier auch ganz besondere Spezialitäten. So führt Barta in seinem Segment ein Dry Stout namens „Das schwarze Schaf“, ein dunkles Starkbier mit neun Umdrehungen und dem ungewöhnlichen Titel „Horny Betty“ sowie fassgereifte Aromabomben aus Ex-Bourbon oder Ex-Sherry-Fässern. Bei seinen biologisch-dynamischen Bieren setzt der Gusswerk-Chef auf Natürlichkeit und Regionalität. „Nachhaltigkeit und schonender Umgang mit Ressourcen,“ so Barta, „war für mich schon immer immens wichtig und integrativer Bestandteil unserer Philosophie.“

Besonderen Wert auf die Auswahl der Rohstoffe legt auch die fast 530-jährige Stiegl Brauerei mit ihrem „Gut Wildshut“, rund 30 Kilometer vom Haupthaus des Traditionsbetriebes entfernt. Dort betreibt ein Team eine eigene Bio-Landwirtschaft und kultiviert Urgetreidesorten wie die Alpine Pfauengerste oder den Laufener Landweizen. Diese Sorten werden vermälzt und in den „Wildshuter Bierspezialitäten“ umgesetzt. Zwar zählen zu den Stiegl-Flaggschiffen eher die Lager- und Märzenbiere. Aber die größte Privatbrauerei des Landes, in dessen Brauwelt sich auf 35.000 Quadratmetern das größte Biermuseum Österreichs befindet, ist auch bekannt für hohe Experimentierfreude.

Foto: Wildbild/Sandra Hallinger

Neben Märzen, Hellem, Pils und Weizen setzt das Stiegl-Kollektiv auch auf Pale Ale und innovative Biere wie etwa ein nachtschwarzes „Baltic Chili Porter“ mit Charapita-Chili, ein „Gin Style IPA“ mit Wacholder oder eine erfrischende Berliner Style Weiße mit Himbeeren sowie Jahrgangsbiere wie beispielsweise das beliebte „Faux Pas Apricot“, ein fassgereiftes Marillen-Starkbier. Alle Stiegl-Biere tragen als Garantie für Qualität und lange Reifung das Gütesiegel „Slow Brewing“. Für Brauereiinhaber Heinrich Dieter Kiener ist die Mitgliedschaft in dieser Qualitätsvereinigung selbstverständlich: „Der Hektik unserer Zeit erteilen wir mit unserer Art zu brauen eine klare Absage.“

Dieselbe Philosophie pflegt auch Seppi Sigl von der 1601 gegründeten Trumer Privatbrauerei im rund 15 Kilometer entfernten Obertrum, die er in achter Generation führt. Trumer ist seit nunmehr acht Jahren Mitglied bei „Slow Brewing“. Das Besondere an den Suden der Braustätte ist nicht nur die lange Reifezeit, sondern auch die Verwendung von Naturhopfen sowie ein patentiertes, offenes Gär-System, wobei Gerb- und Bitterstoffe in Handarbeit abgeschöpft werden. Durch dieses Verfahren schmecken die Trumer-Biere besonders mild. Spitzenreiter von Seppi Sigl sind das international ausgezeichnete, 4,9-prozentiges „Trumer Pils“ sowie das Session Pils „Hopfenspiel“ mit schlanken 2,9 Prozent. Kaltgehopft ist es mit dem französischen Aromahopfen Triskel und US-Cascade. Einmal im Jahr kommt auch die „Hopfenernte“ auf den Markt. Ein Bier, das meist etwas kräftiger und mit Hopfen eingebraut ist, der direkt vor der Trumer Haustür wächst. Seppi Sigl plant auch Neuerungen in der Brauerei: „Künftig werden wir definitiv in Nachhaltigkeit investieren und denken gerade auch über eine neue leichte Pilsspezialität nach.“

Sepp Sigl
Credit: Michael Königshofer moodley brand identity

Nur einen Steinwurf von der Trumer Privatbrauerei entfernt, befindet sich das österreichische Mekka für angehende Biersommeliers. Im Bierkulturhaus von Axel Kiesbye dreht sich alles um Hopfen- und Malzsäfte, aber auch um Technologie und Sensorik. Brauingenieur Kiesbye und sein Team haben sich in der Akademie auf das Biersommelierwesen spezialisiert. Neben der Ausbildung bieten die Obertrumer aber auch Braukurse sowie sogenannte Grand Cru-Seminare an, in denen es um spezielle Foodpairings und neue Technologien des Craft-Bierbrauens geht. In diesem Jahr startet auch das „Braumeister Camp“ die nächste Runde, bei dem Teilnehmer gemeinsam mit renommierten Brauern aus aller Welt ihr eigenes Bier produzieren und sich fachlich austauschen können.

Axel Kiesbye in Action
Credit: Bierkulturhaus

Zu den diesjährigen Stars gehören etwa Scott Jennings von Sierra Nevada Brewing aus den USA, Nikolas Marjanovic von der Beavertown Brewey aus England und Oliver Wesseloh von der Kreativbrauerei Kehrwieder aus Hamburg. Axel Kiesbye legt bei seinen Angeboten viel Wert darauf, den Nerv der Zeit zu treffen. „Ich versuche die Zukunft unserer Branche zu deuten und so die Kursinhalte attraktiv weiter zu entwickeln“, sagt er. Seiner Ansicht nach werde beispielsweise die Bedeutung von klimaschonenden Brautechniken und die Bier-Auspreisung mit Bio- und anderen Gemeinwohl-Auszeichnungen auch an Bedeutung für Diplom-Biersommeliers gewinnen.

Augustiner Salzburg

Nicht alle Macher der Salzburger Bierkultur setzen auf Modernität. Als eine der wichtigsten Traditionalisten in der Stadt gilt der Augustiner Bräu. Seit 1621 wird im Stadtteil Mülln, am Fuß des Mönchsbergs, süffiges Bier gebraut und auch dort genossen. Das urige Bräustüberl gilt als Österreichs größte Biergaststätte und der angeschlossene Biergarten als größter des Landes. Um in der quirligen Atmosphäre ein Bier zu bekommen, müssen Gäste zuerst bezahlen, sich aus dem Regal einen Steinkrug nehmen um sich dann das goldfarbene Märzen von den Schankburschen ganz frisch aus Holzfässern einschenken lassen. Im „Schmankerlgang“ finden Hungrige an Verkaufsständen die passende Speise zum Trunk.

Ein weiterer historischer Hotspot ist „Die Weisse Brauerei“. Seit mehr als hundert Jahren wird im Salzburger Stadtteil Schallmoos feinstes Weißbier gebraut. Im zweiten Weltkrieg wurde die Braustätte zwar von einer Bombe getroffen, vollständig zerstört, aber einige Jahre später wiederaufgebaut. Weißbier zählte damals nicht unbedingt zu den beliebtesten Stilen der Österreicher, so dass die Weisse damals die einzige Produktion für diese obergärige Spezialität in der Region war. In den 1980ger Jahren übernahm Hans Georg Gmachl die Brauerei, die er derzeit gemeinsam mit dem Brauer Wolfgang Schweitl führt. Das inzwischen allseits beliebte Bier wird auch heute noch nach traditionellem Rezept gebraut und im eigenen Wirtshaus ausgeschenkt.

Salzburgs Erfolgsgeschichte als heimliche Bierhauptstadt der Alpenrepublik ist untrennbar mit der regionalen Gastronomie verbunden. Attraktive Bierlokale findet der Salzburg-Besucher in jedem Stadtteil. Wer die Mozartstadt bereist, sollte jedoch unbedingt auch beim Gablerbräu, beim Sternbräu oder im s’Kloane Brauhaus einkehren. Die Wirtshäuser servieren neben österreichischer Küche meist ihre eigenen naturtrüben Biersorten.

 Zu den beliebtesten Bierlokalen der Stadt zählt zudem die Trumerei, die neben ihren eigenen Suden auch eine umfangreiche Bierkarte mit internationalen Craft-Sorten anbietet. Aber auch die Salzburger Volkswirtschaft „Fuxn“ mit ausreichender Bierauswahl und modernen Speisen sowie der älteste Bierkeller Salzburgs namens „PitterKeller“ sind einen Besuch wert. Dort servieren die Kellner neben diversen Biersorten auch kreative Bier-Cocktails. Nicht zu vergessen ist der Belgier Dirk Baert mit seinen Lokalen „Alchimiste Belge“ und der „Beffa Bar“, die angeblich die größte Auswahl an belgischen Bieren in ganz Österreich aufweisen. Auch wenn sich Traditionalisten erst noch an Lambic, Witbier und Trappistensude gewöhnen müssen, so freut sich Baert inzwischen über den regen Zuspruch seines Angebots – und nicht nur bei internationalen Touristen.

Erschienen im Meininger’s CRAFT Magazin für Bierkultur.

Brauerei Schnaitl: Maibock als aromatische Überraschung

20180517_183645Zugegeben, als ich die Flasche mit dem sehr traditionellen Etikett in den Händen hielt, erwartete ich nichts Großartiges. Doch die angegebene Zutatenliste mit Gersten-, Weizen- und Dinkelmalz sowie Mühlviertler Saphir-Hopfen machte mich doch neugierig. Gestern zur Brotzeit köpften meine Schwester und ich den 6,9-prozentigen „Maibock“ von der Brauerei Schnaitl aus dem österreichischen Eggelsberg im Innviertel.

Goldfarben leuchtet der Bock durchs Glas, bedeckt von einer schneeweißen, feinporigen und stabilen Schaumkrone. Ein blumig-frischer Duft strömt in die Nase, begleitet von fruchtigen Noten und einem metallischen Anklang. Auf der Zunge zeigt sich das österreichische Bier vollmundig mit fruchtigen Aromen des Hopfens wie Aprikose und Zitrone. Harmonische Karamell- und Waldhonigtöne runden den Geschmack ab.

Fazit: Der erste Eindruck war etwas getrübt, durch die eher altbackene Optik. Hinter dem traditionellen Etikett versteckt sich jedoch ein super Maibock, der ein tolles Aromaspiel von Hopfen und Malz auf die Zunge bringt. Trotz hohem Alkoholgehalt kommt er auch gar nicht so schwer rüber. Zur Brotzeit ein absolut köstlicher Begleiter.

Next Level Brewing: Gose mit indischer Pfeffer-Power

IMG_20170909_181152_852Kenner der österreichischen Bierszene wissen das: Das Wiener Team von Next Level Brewing braut keine Gefälligkeitsbiere für Jedermann, sondern schafft eher Sude für Fans und Spezialisten. Nach Überzeugung der beiden Braumeister Johannes Grohs und Alexander Beinhauer darf es – was die Aromen angeht – auch gern mal was ganz Extremes sein. Ich hatte kürzlich ihr „Tiger Berry“ im Glas, eine 4,7-prozentige Gose, gebraut mit Himbeeren, Tiger-Pfeffer und Meersalz. Klingt doch schon mal ganz schön ausgefallen, oder?

Beim Einschenken löst die Wiener-Gose bereits einen Wow-Effekt aus. Das Craft fließt in einem rosafarbenen Ton ins Glas, das an das saftige Fruchtfleisch einer Grapefruit oder an das Federkleid eines Flamingos erinnert. Im Duft zeigen sich erst einmal nur die frischen Himbeeren. Am Gaumen wird es dann schön komplex. Im Antrunk zeigt sich das Meersalz, auf der Zunge entwickelt sich wieder die Fruchtigkeit der Beeren. Der indische „Bio Tiger Peffer“ aus der Wiener Manufaktur „Die Pfefferei“, unterstreicht die intensiven Fruchtnoten. Das Mundgefühl ist vollmundig und frisch. Erst im Abgang schlagen die pikanten Pfeffernoten an den Gaumen.

Fazit: „Tiger Berry“ ist definitiv keine klassische Gose, eher eine seltene Wiener Variante dieses Bierstils. Aber Next Level Brewing beweist damit wieder ihre Lust an experimentellen Suden. Und ich finde, dass ist ihnen auch dieses Mal wieder gut gelungen. Ein spannendes Bier, das ich mir sehr gut als Aperitif vorstellen kann.

 

Brew Age: „Affiger” Prototyp eines New England IPAs

IMG_20170702_114127_693Sogenannte „New England IPAs“ (NEIPA)  liegen momentan extrem im Trend. Ein Musterbeispiel für diesen Bierstil hatte ich kürzlich auf dem Hoffest vom Bierhandwerk in Freising im Glas. Zu Gast war auch das Team von Brew Age aus Wien, die ihr „Alphatier“ erstmals in Deutschland ausschenkten. Aber was ist eigentlich dieses NEIPA von dem gerade die Craft-Nerds sprechen? Die österreichischen Gypsy-Brauer beschreiben das ganz treffend:

„Polarisierendes Merkmal ist die dichte, feine Trübung. Manche Exemplare sehen im Glas eher wie ein Milkshake als ein IPA aus. Während die meisten Brauer bei ihren Bieren eine natürliche Klärung durch Sedimentation der Hefe im Tank, mittels Zentrifuge oder Filtration anstreben, ist beim NEIPA alles anders. Durch intensives, mehrmaliges Hopfenstopfen, den Einsatz eines Hefestamms, der sich nur langsam absetzt und das Verbrauen von Weizen- oder Haferflocken wird hier eine stabile, intensive Trübung angestrebt. Die Weizen- oder Haferflocken sollen das Mundgefühl erhöhen, ein weiteres wichtiges Merkmal dieser Biere. „Smooth“ muss es sein, eine hohe Drinkability haben und eine nur mäßige Hopfenbittere… Was NEIPAs mit klassischen IPAs verbindet ist die intensive Hopfenfrucht. Ein NEIPA kann nicht fruchtig-juicy genug sein. Aus dem Glas soll einem ein Cocktail an Südfrüchten entgegenspringen. Jedoch fehlen die sonst üblichen harzigen, pinienartigen Aromen. Kurz gesagt ein Hopfensmoothie, perfekt für heiße Sommertage.“

Und das „Alphatier“ der Jungbrauer ist für mich ein Prototyp eines NEIPAs. Vier hocharomatische Hopfensorten verwendete das Brew Age-Kollektiv: Amarillo, Centennial, Citra und Mosaic. Im Glas steht es wirklich wie ein Orangensaft mit Schaumkrone. Durchschauen kann man nicht. Gelungene Trübung. Man könnte auch fast behaupten, dass die Sonne im Glas aufgeht. Auf der Zunge breitet sich das 5,6-prozentige NEIPA weich und vollmundig aus. Tropische Fruchtaromen von Maracuja, Mango und Grapefruit sowie Orange und Limone verwöhnen Nase und Gaumen. Trotz der knapp sechs Prozent wirkt das Craft leicht und frisch. Die 40 Bittereinheiten sind wahrnehmbar, aber halten sich stiltypisch eher im Hintergrund. Übrigens finde ich die Aufmachung des Etiketts mit dem Koboldmaki sehr gelungen.

Fazit: Auch wenn ich nicht ganz das Erlebnis wie der Affe auf dem Etikett hatte, der beim ersten Antrunk die Augen vor Begeisterung aufreißt, empfehle ich dieses NEIPA auf jeden Fall gern weiter. Die Frische und fruchtige Hopfigkeit machen das Alphatier zu einem wahren Sommergenuss.

Brauer-Portrait: „Next Level Brewing“ – Inspirationen aus der Food-Szene

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Gründerteam von „Next Level Brewing“ (links: Johannes)

Früher war Johannes Grohs von seinem Job ziemlich gelangweilt. Dagegen wollte der Wiener etwas tun und begann zunächst hobbymäßig zuhause sein eigenes Bier zu brauen. Aus Spaß wurde ernst. Mit seinem Kumpel Alexander Beinhauer fiel schnell die Entscheidung, eine eigene Biermarke rauszubringen. Also wurden die beiden professionelle Brauer. Ihre Marke heißt jetzt „Next Level Brewing“, unter der die Österreicher ziemlich coole Biere rausbringen. Die Maxime der beiden Wiener: „Wir wollen keine Gefälligkeitsbiere brauen, sondern immer nur das, was uns selbst am besten schmeckt.“ Seit 2015 experimentieren die Gypsy-Brauer nunmehr ganz nach dem Motto „Langweiliges Bier war gestern!“ – und jetzt macht der Job auch Johannes Grohs so richtig Spaß.

Johannes, was ist passiert, damit Du sich für den Brauer-Beruf entschieden hast? 

Ich war klassischer Biertrinker und im Job inhaltlich gelangweilt. Als ich erfahren hatte, dass man Bier zuhause brauen kann, habe ich das mal ausprobiert. Überwältigt von den vielen kreativen Möglichkeiten, bin ich dann komplett in das Thema reingekippt. Also alles sehr klischeehaft: vom leidenschaftlichen Hobbybrauer zur Berufung.

 Wann hast Du Dein erstes Bier gebraut und wie ist es geworden?

Das war 2012, ein Geburtstagsbier für meinen Vater. Ein durchaus trinkbares Blonde Ale, von dem sogar immer noch zwei Flaschen als Andenken daheim stehen.

Welche anderen Brauer/Brauereien haben Dich am meisten inspiriert?

 In der Anfangszeit ganz klar Brew Dog und Mikkeller. Mittlerweile lassen wir uns eher von anderen Branchen, vor allem von der Food-Szene inspirieren. Wir kreieren unsere Biere immer nach einer aromatischen Idee, unabhängig von vorgegebenen Biertypologien.

Welches Bier (außer den eigenen) würdest Du Deinem besten Freund empfehlen?

Steamworks „Killer Cucumber Ale“

Was sind Deine Kriterien für ein richtig gutes Craft-Bier?

 Dass es aus einer unabhängigen Brauerei stammt und nicht von der Marke eines Industriekonzerns. Aromatisch, gut ausbalanciert und gut trinkbar muss es sein. Das ist insbesondere bei aromaintensiven, sehr kreativen Bieren die große Kunst. Entscheidend ist, dass ein Bier in Erinnerung bleibt und Du es gern nochmals trinken möchtest.

Was sind Deine Lieblings-Hopfensorten?

Hopfen ist dann zweitrangig, wenn man auch Früchte im Bier haben darf 😉 Generell bin ich aber ein Fan von australischen Hopfensorten wie Vic Secret und Galaxy. Von den jüngsten Hopfenzüchtungen hat mich bis jetzt keine nachhaltig überzeugt. 

Mit welcher berühmten Person würdest Du gern mal anstoßen und warum?

Es ist mir egal, ob jemand berühmt ist. Denn berühmt machen dich andere Leute und nicht du dich selbst. Wichtiger ist mir Denkweise und Vorstellungskraft eines Menschen. Daher würde ich gerne mit Elon Musk ein Bier trinken, um über Fassreifung auf dem Mond zu plaudern.

 

Brauer Portrait: Jürgen Ladstätter – Tiroler Craft-Bier mit amerikanischer Seele

Simon und Jürgen von Craft Country
Jürgen und Simon von Craft Country

Jürgen Ladstätter ist leidenschaftlicher Bierenthusiast. Während eines längeren US-Aufenthalts probierte er sich durch die ganze Vielfalt amerikanischer er Craft-Biere. Muss ziemlich anstrengend gewesen sein… Aber was der 29-jährige Tiroler von der anderen Seite des Atlantiks mitnahm, war eine tiefe Liebe zu innovativen Hopfen- und Malzsäften. Als er dann in seine Heimat, ins österreichische Axams zurückkehrte, musste er feststellen, dass es dort noch keine wirklich aufregenden Kreativbiere gab. Da griff er zur Selbsthilfe.

Zusammen mit seinem Kumpel Simon Wabnig braute Ladstätter die ersten Sude zunächst in prächtiger Bergkulisse im eigenen Garten. Schnell stellt sich dann für die beiden Österreicher heraus, dass es mehr als nur ein Hobby ist. Zwei Jahre später legten sie den Grundstein für ihre eigene Brauerei: “Craft Country” in Hall in Tirol, nahe Innsbruck. Hier wird noch per Hand die Menge des Malzes vermessen, individuell der Hopfen hinzugegeben und die Flaschen eigenhändig abgefüllt. Inzwischen läuft das Geschäft richtig gut an. Die beiden Craft-Macher wollen auch künftig konsequent ihr ehrgeiziges Ziel verfolgen: Biere mit Kreativität, vielfältigen Aromen und individuellem Charaktere zu brauen.

  1. Was ist passiert, damit Sie sich für den Brauer-Beruf entschieden haben?

Ich bin in die USA ausgewandert, habe dort Craft-Bier lieben gelernt. Nach meiner Rückkehr nach Österreich merkte ich, dass es hier noch kein Craft-Bier gibt. Da war klar – es muss selbst gebraut werden.

 

  1. Wann haben Sie Ihr erstes Bier gebraut und wie ist es geworden?

Das war ca. 2012. Es war ein Weißbier mit sehr starken Bananenaromen. Alles in allem aber sehr lecker.

  1. Welche anderen Brauer/Brauereien haben Sie am meisten inspiriert?

Definitiv die Dogfish Head Brewery. Die IPAs von der amerikanischen Brauerei waren zu Thunfischsteaks in Florida mein Einstieg in die Craft-Bierszene und sind handwerklich top.

  1. Welches Bier (außer den eigenen) würden Sie Ihrem besten Freund empfehlen?

Das Milk Stout der Left Hand Brewing Co. aus Colorado. Es gibt meiner Meinung nach kein besseres Milk Stout – die genaue Abstimmung der feinen Aromen ist absolut perfekt.

  1. Was sind Ihre Kriterien für ein richtig gutes Craft-Bier?

Themenbezogenheit. Es gibt nicht eine Richtung oder einen Stil, der ein richtig gutes Craft-Bier ausmacht. Der Braumeister entscheidet sich für ein Thema, welches von vorne bis hinten durchgezogen werden muss. Ein Summer Session Bier, ob Ale oder sogar Stout, muss zur Thematik „Sommer“ passen. Nicht immer ist Kreativität ein Muss, solange das Bier in sich gut durchdacht und ausgeführt ist.

 

  1. Was sind Ihre Lieblings-Hopfensorten?

Je nach Jahreszeit unterschiedlich. Im Sommer die fruchtigeren wie Citra, Simcoe oder Lemondrop. Im Winter die komplexeren wie Northdown, Warrior oder Equinox.

  1. Mit welcher berühmten Person würden Sie gern mal anstoßen und warum?

Ken Grossman, Gründer der Sierra Nevada Brewing Company. Das „Warum“ ist hier denkbar einfach: eine der größten Brauereien weltweit die doch immer wieder zu Craft-Bier gezählt wird. Da fragt man sich, ob er damit gerechnet hat, wie steinig der Weg war und wieso er nicht zum generellen industriellen Abklatsch gehört, sondern sich weiterhin als Craft Beer Company auszeichnen kann.

Craft Country: Kokos Ale für Dahoam

Eigentlich sollte es nur ein Hobby sein. Im Sommer 2012 brauten Simon W. und Jürgen L. ihren ersten Sud im Garten mit Freunden. Doch schnell stellte sich raus, dass es für die beiden Österreicher mehr ist, als nur eine Freizeitbeschäftigung. Nur zwei Jahre später starteten sie mit eigener Brauerei „Craft Country“ in Hall in Tirol, nahe Innsbruck. Hier wird noch per Hand die Menge des Malzes vermessen, individuell der Hopfen hinzugegeben und die Flaschen noch per Hand abgefüllt. Inzwischen läuft das Geschäft kräftig an: fünf Bars schenken ihre Bier aus und fünf Läden verkaufen sie – Tendenz steigend. Ich habe die drei unterschiedlichen Bierstile der Tiroler verkostet:

Smasher - Craft Country
Smasher – Craft Country

 „Smasher“

  • Bierstil: Amber Ale
  • Alkohol: Fünf Prozent
  • Stammwürze: 14° Pluto
  • Bittereinheiten: 42 IBU
  • Farbe: dunkles bernstein
  • Duft: Waldhonig, Zitrus, würzig, Mango
  • Geschmack: Nussig, Maracuja, Limone, Grapefruit

Fazit: Ein schönes herbes und zugleich fruchtiges Ale mit einem Hauch Exotic. Den kaltgehopften Craft-Cocktail begleitet bei aller Frische auch ein präsenter Malzkörper. Gefällt mir! Mehr muss ich dazu nicht sagen. Probiert es.

 

Da' Hoam - Craft Country
Da‘ Hoam – Craft Country

 „Da‘ Hoam“

  • Bierstil: leichtes Hausbier
  • Alkohol: Fünf Prozent
  • Stammwürze: 13° Pluto
  • Bittereinheiten: 17 IBU
  • Farbe: dunkelgold
  • Duft: würzig, malzig
  • Geschmack: malzig, Gewürze

Fazit: Mit diesem süffigen Hellen wollen die Brauer bewusst machen, dass gute Craft-Drinks nicht zwingend massive Hopfenbomben mit schwerem Malzkörper sein müssen. Stimmt, aber leider bleibt dabei auch der kreative Geist des Craft-Brauens etwas auf der Strecke. Etwas mehr Charakter hätte ich mir hier doch gewünscht. Trotzdem ist Da‘ Hoam ein süffiges Bier, dass schön als Erfrischung an heißen Sommertagen dient.

Miyamoto - Craft Country
Miyamoto – Craft Country

„Miyamato“

  • Bierstil: Pale Ale
  • Alkohol: 5,5 Prozent
  • Stammwürze: 15° Pluto
  • Bittereinheiten: 47 IBU
  • Farbe: kupfer
  • Duft: Kokos
  • Geschmack: Kokos
  • Besonderheit: Japanische Interpretation eins Pale Ale. Gebraut mit Nippon-Hopfen und Bestandteilen der Sango-Meereskoralle, die laut einer Gesundheitsplattform im Netz insbesondere Calcium und Magnesium beinhaltet, aber auch bei Herzkrankheiten, Stressfolgen und brüchigen Knochen helfen soll

Fazit: Mir gefällt besonders der japanische Hopfen in diesem Bier. Ein Ale, das nach Kokos schmeckt ist ungewöhnlich und erinnert an Pazifik-Urlaub. Finde ich toll! Zwar glaube ich, dass man sich damit schnell übertrinken kann, aber zu passender Gelegenheit –  etwa zu kreolischer Küche oder zum Cajun-Grill – schmeckt ein Kokos-Hauch durchaus lecker. Warum die Meereskoralle in diesem Ale schwimmen muss, hat sich mir allerdings nicht erschlossen.

Bierol: Kreativ-Bier von Tiroler Jedi-Rittern

The Padawan - Bierol
The Padawan – Bierol

Padawan? Klingt irgendwie nach einer exotischen Vogelart. Aber dieser Name bedeutet „grüner Junge“ und war ein Rang bei den Rittern des Jedi-Ordens, die mit Lichtschwert durch die Gegend zogen. Dass ein Bier mit diesem Namen angeboten wird, heißt keineswegs, dass grüne Jungs am Sudkessel stehen. Hinter dem Bier steckt vielmehr eine Idee: „Pale Ale Doing Alright Without A Name“. Damit verweisen die Tiroler Brauer Christoph Bichler und Maximilian Karner von Bierol aus Schwoich bei Kufstein auch auf ein Vertriebsproblem hin. Leider konnten die Kreationen der Österreicher bisher kaum die Landesgrenze überqueren. Doch auf der Braukunst Live in München vor wenigen Tagen durften sich Neugierige zumindest einen Vorgeschmack auf die Biere holen, die es auch bald bei uns geben soll.

Gestern Abend trank ich zum Lachs-Carpaccio mit Parmesan und Vinaigrette das Padawan Pale Ale. Gebraut ist das in dunklem Gold strahlende Craft-Bier mit Pilsner-, Weizen- und Cara-Malz sowie den Hopfensorten Magnum, Mosaic und Citra. Und das riecht man sofort: Ein Fruchtcocktail von Mango, Pfirsich und Ananas mit einem Hauch von Kräutern. Das Ale umschlingt vollmundig mit einem dennoch eher leichten Körper (5,6 Prozent Alkohol) Zunge und Gaumen. Im Geschmack präsentiert sich eine echte tropische und angenehm süße Fruchtbombe.

Fazit: Das Padawan ist ein wirklicher schmackhafter Hopfen-Cocktail, der meiner Meinung nach aber etwas mehr Kohlensäure vertragen könnte um das Bier ideal abzurunden. Aber ich freue mich drauf, wenn es alle Crafts der Bieroler künftig auch in Deutschland gibt. Nicht nur weil hinter der jungen Marke eine wirklich lustige und sympathische Truppe steht, sondern weil in diesen Bieren wirklich eine Menge kreatives Potential steckt.