Gurken Gose, exotische Weiße oder Himbeerbier: Marc Gallo erobert mit seinen Suden unter dem Label Hopfmeister gerade die Herzen der Konsumenten. Und das, obwohl der Münchner eigentlich Designer ist.

Wer in der Hauptstadt des Bieres neue Gerstensäfte auf den Markt bringt, muss entweder verrückt sein oder besonders mutig. Auf Marc Gallo trifft wahrscheinlich beides zu. Mit seiner Marke Hopfmeister kreiert der Münchner ein ganz ungewöhnliches Konzept in der Craft-Bierbranche. Der 45-Jährige ist eigentlich Designer und kein gelernter Brauer. Hat für ihn Vor- und Nachteile: Ehrlich gesteht er, dass das erste Projekt maßlos gescheitert ist. „Anfangs hatte ich überhaupt keine Ahnung vom Bier und dem Prozess, der dahinter steckt“, sagt Gallo schmunzelnd, der keine klassische Garagenbrau-Vergangenheit vorweisen kann. Doch heute zählt Marc Gallo mit Hopfmeister zu den kreativsten Biermarken der Nation.
Denn wenn jemand ausgebildeter Designer ist, dann weiß er nicht nur wie ein ansprechendes Etikett auszusehen hat, er verfügt auch über genügend Kreativität um ungewöhnliche Sude zu konzipieren. Auch bei den Biernamen, die bei Gipfelglück beginnen und bei Himbeertoni noch längst nicht aufhören, spürt man die Professionalität seines Jobs. Mit dem Bier hat der Münchner aber eher zufällig begonnen. Irgendwann packte Gallo, der seit rund 15 Jahren sein eigenes Design-Büro führt, die Lust sich einer neuen Herausforderung zu stellen. Er wagte sich an Verpackungsdesign und wollte Etiketten für nachhaltige Lebensmittel entwerfen. Das Manko: „Bio-Braustätten waren meist zu konservativ und traditionell für neue Ideen“, erzählt Gallo, der Dreitagebart sowohl im Gesicht, als auch auf dem Kopf trägt. Und potentielle Kunden starteten gerade schon ihre kreative Phase mit besonderen Bierspezialitäten und edler Optik.
Also entschied sich Gallo sein eigenes Projekt zu starten. Angefixt hat ihn die Braukunst Live in München, auf der jedes Jahr rund 100 kreative Brauer ihre Biere präsentieren. Der Bayer mit holländischen Wurzeln machte erst einmal den Biersommelier um mehr von der Thematik zu verstehen. Dort knüpfte er Kontakte und tauschte sich mit Hopfensaft-Produzenten aus. Während der Ausbildung braute der sportliche Typ auch sein erstes Bier: Einen Weihnachtsbock mit Orangenschalen, Zimt und Nelken. Probieren konnte Gallo den Bock allerdings bis heute nicht. „Unser Bier schlummert irgendwo in einem Fass in der Schweiz“, sagt Gallo, „aber vielleicht erwecken wir ihn irgendwann mal mit ein paar Früchten zum Leben“.
Gallo sprudelt nur so vor Ideen. Seine ersten Biere unter Hopfmeister entwickelte er nach seinen Vorstellungen mit namhaften Brauern. Das Besondere an seiner Vorgehensweise: Er tüftelt das Konzept aus, dann erst geht es ans Rezept. Auf der Biermesse in der bayerischen Hauptstadt schenkte Gallo Anfang 2015 seine Newcomer zum ersten Mal aus. „Ich hatte echt Angst, dass andere Brauer mich auslachen“, gesteht er. Das Gegenteil passierte. Gespräche und Lob motivierten ihn noch mehr. Seine drei Standardsorten, die im Sommer nach der Messe auf den Markt kamen, kommen auch heute noch gut an: „Gipfelglück“ ist eine exotische Weiße mit schlankem Körper und fruchtigen Aromen von Mango und Maracuja. Das „Surfers Ale“ ist ein goldfarbenes Pale Ale mit grasigen Nuancen und Noten von Mandarine. „Irish Road Trip“ heißt das dritte im Bunde. Dabei geht es um ein unkompliziertes Alltags-IPA mit angenehmen Zitrus- sowie Mango-Aromen.
Wie gut das Portfolio nicht nur bei Konsumenten ankommt, zeigen Awards. Beim Meiningers International Craft Beer Award gewann die Weiße die Silberne und das Pale Ale die Goldmedaille. Aber auch Gallos hauptberufliches Können wurde bereits ausgezeichnet. Beim Red Dot Award, veranlasst vom Design Zentrum Nordrhein-Westfalen, wurde Hopfmeister für seinen ganzheitlichen Auftritt gewürdigt. Die Prämierung umfasst sowohl Naming, Markenumsetzung, Etiketten als auch Messe-Stand und Web-Design – und das alles schon nach gerade mal einem Jahr nach der Hopfmeister-Gründung.
Seine Palette an Bieren entwickelt er daher immer weiter. Getrieben von Ideen erweiterte Marc Gallo im Herbst vergangenen Jahres seine Mannschaft. Seit Oktober unterstützt Falk Schneider das Team. (Anm. d. Red.: Inzwischen hat Falk Schneider Hopfmeister wieder verlassen) Der 22-Jährige studiert noch an der TU München in Weihenstephan auf Diplom-Braumeister, macht aber gerade sein berufsbegleitendes Praktikum bei Hopfmeister. „Für mich war schon immer klar, dass ich bei einer Kreativbrauerei arbeiten möchte“, erzählt der gebürtige Mainzer im Rheinlandpfälzischen Dialekt. Für Gallo ist er „ein Multitalent, das auch über den Tellerrand schaut“. Auch nach dem Studium soll Schneider bleiben.
Der Student erforscht also die passende Brauumsetzung und kombiniert spezielle Rohstoffe für die Realisierung von Gallos Konzepten. Derzeit bastelt das Duo am saisonalen „Himbeertoni“. Gallo setzte sich schon vor rund eineinhalb Jahren ein Bier mit verführendem Himbeerduft in den Kopf. Aus einem Hopfenmix ließ sich das gewünschte Aroma nicht kreieren. Fast-Braumeister Schneider fand die passende Hefe für den Beerengeschmack. „Bald haben wir die perfekte Rezeptur dafür kreiert“, schwärmt Gallo, „dann kommt es auf den Markt“. Außerdem will der Hopfmeister-Chef, der in seiner Freizeit am liebsten klettert und dem Brettsport wie Surfen oder Snowboarden nachgeht, die „Road Trip“-Serie weiterführen.
Dabei entwickelt der Isar-Surfer Biere mit Zutaten aus Ländern, die er bereist hat. Im Herbst soll die brasilianische Variante in die Regale kommen. Ein Chocolate Stout, das mit Kakaobohnen und der südamerikanischen Açai-Beere aromatisiert sein soll, dessen Eigengeschmack „ekelhaft“ ist, wie Gallo sagt, aber in kleinen Mengen ein Blaubeeraroma und eine erdige Würze präsentiert. Problem: Beide Früchte enthalten viel Fett. Beim ersten Brauversuch, gemeinsam mit Schoppebräu in Berlin, hat das angeblich den Sud versaut. „Wir mussten richtig die Fettaugen von der Oberfläche abschöpfen“, erzählt der Münchner, „aber wenn wir das irgendwie rausnehmen, dann geht auch der Geschmack verloren“. Eine Lösung für die Angelegenheit sollen Schneider und Gallo nun schon haben, verraten wollen sie diese aber nicht.
Für solche Experimente richtete Marc Gallo kürzlich ein 50-Liter Sudhaus in seinen Büroräumen in München-Sendling ein. Hier kann Falk Schneider sich jetzt austoben, bis es dann als Gypsys auf die große Anlage in der niederbayerischen Hohenthanner Schlossbrauerei in der Nähe von Landshut geht. Hier hat das Hopfmeister-Team von einst fünf auf rund 100 Hektoliter pro Sud ausgeweitet. Im heimischen Gefilde gibt es jetzt aber auch einen Raum, in dem drei Kühlschränke, ein massiver, meterlanger Holztisch und eine Zapfanlage mit zwei Hähnen stehen. Hier finden künftig Bierseminare und Verkauf statt. Zu den Bestsellern gehört Hopfmeisters „Franz Josef“. Ein modern interpretiertes Helles, das sehr stark gehopft ist für seinen schlanken Körper. Das kennzeichnet aber die Philosophie des Teams: „Wir setzen auf Trinkbarkeit“, sagt Gallo überzeugt. Dazu müssen ihre Biere ausbalanciert und aromatisch sein. In der Craft-Bierszene werden die Münchner-Kreationen auch liebevoll als Einsteiger-Biere bezeichnet.
Doch auch ein ganz besonderer Sud steht im Sortiment, der Novizen eher verschrecken könnte. Die „Gurkengose“ zählt aber zu Gallos Herzensprojekten. Gemeinsam mit David Hertl von der Braumanufaktur Hertl hob er dieses Bier, das mit Gurken und Salz gebraut ist, aus der Taufe. Was Gallo am meisten daran begeistert: Es zählt zu den schrägsten Bieren, die er jemals getrunken hat.
Aber ganz egal ob „Gurken Gose“, „Franz Josef“ oder „Gipfel Glück“, mit seinen Suden platzierte sich Marc Gallo inzwischen in den nationalen Getränkeregalen. Selbst an den Münchner Isarauen sitzen immer mehr junge Leute mit einer Flasche Hopfmeister in der Hand. Darauf ist Gallo stolz. Sein Ziel ist es allerdings irgendwann einen eigenen Tap-Room zu eröffnen – in den Büroräumen bekommen sie keine Schanklizenz. „Und das Nonplusultra wäre natürlich irgendwann eine eigene Brauerei“, sagt Hopfmeister-Boss Gallo träumend.
Erschienen im Meiningers CRAFT Magazin.
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