Giesinger Bräu: Brautempel „from Hell“

Mit frischen Ideen, Crowdfunding-Aktionen und einer breiten Bierauswahl, schreibt der Giesinger- Bräu in München eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Jetzt haben die Bajuwaren mit einem zweiten Brauereistandort einen weiteren Meilenstein übersprungen und streben eine Beteiligung auf dem Oktoberfest an.

Steffen Marx vom Giesinger Bräu im Werk2

Dass ein Bier aus München nicht gleich ein Münchner Bier ist, wissen wohl nur Insider. Einer, der sich in den vergangenen Jahren wohl am meisten mit diesem Thema befasst hat, ist Steffen Marx, Gründer und Chef vom Giesinger Bräu. Seit nunmehr 16 Jahren braut der heute 44-Jährige Entrepreneur in der bayerischen Landeshauptstadt ambitionierte Bierspezialitäten, vergrößerte stetig seine Produktion und öffnete mehrere Gastronomieprojekte. Dennoch blieb seinem Betrieb die Anerkennung als Münchner Braustätte lange verwehrt. Erst mit der Eröffnung eines neuen Standortes mit eigenem Tiefbrunnen konnte Marx seinen Traum verwirklichen. Inzwischen gilt der Giesinger Bräu als echte Münchner Brauerei und kann sich in die Liga der städtischen Platzhirsche einreihen. Dabei ist es gerade mal 17 Jahre her, dass Marx seine ersten Sude in einer Doppelgarage braute. „Es ist der Wahnsinn, ich hätte niemals gedacht, dass wir in so kurzer Zeit soweit kommen würden,“ gesteht Marx voller Demut.

Durch die Realisierung von „Werk 2“ im Münchner Stadtteil Milbertshofen, das nach 18-monatiger Bauzeit im Juni 2020 seine Eröffnung feierte, hat sich für den Giesinger Bräu vieles verändert: Der Ausstoß hat sich erhöht, das Team hat sich erweitert und es gibt eine neue Volumensorte. Zudem ist die Braustätte nach dem Augustiner Bräu nun die zweitgrößte Privatbrauerei in der Biermetropole. Im neuen Standort befinden sich jetzt eine nagelneue Abfüllanlage, Vollgut- und Leergut-Lager, ein spezielles Labor, eine Rampe als Abholmöglichkeit für die rasant wachsende Kundenzahl sowie ein schicker Veranstaltungsraum mit Blick auf glitzernde Kessel.

Für die Realisierung des neuen Braustandortes musste Steffen Marx rund 20 Millionen Euro aufbringen. Der wohl wichtigste Teil der Investition: ein hauseigener Brunnen mit mehr als 150 Meter Tiefe und Wasser, das nach wissenschaftlichen Untersuchungen angeblich rund 12.000 Jahre alt ist.So sind jetzt alle Kriterien erfüllt, damit sich die Giesinger-Sude als „Münchner Bier“ einreihen können und theoretisch auch auf dem Oktoberfest ausgeschenkt werden dürfen. Dass die Erfolgsgeschichte vom Giesinger Bräu wirklich außergewöhnlich ist, vermerkt auch Georg Rittmayer, Präsident der Privaten Brauereien Bayerns, voller Hochachtung: „Die kurze Firmengeschichte ist geprägt von viel Mut, Entschlossenheit und tollem Unternehmergeist.“

Auf dem Weg zum Münchner Bier hat sich der Giesinger Bräu – ohne Stillstand – in rasendem Tempo weiterentwickelt, auch bei den Suden. Erst vor ein paar Monaten launchte die Mannschaft um Steffen Marx ein „Münchner Helles“, das nun – dem eigenen Wasser sei Dank – das EU-Siegel der geografisch geschützten Angabe „Münchner Bier” trägt. Dabei handelt es sich um das erste filtrierte Bier aus dem Hause Giesinger und gleichzeitig um die künftige Volumensorte. Das Brau-Team unter der Leitung von Simon Roßmann tüftelte rund zwei Jahre bis zum perfekten Rezept. Einzige Direktive aus der Chefetage: Das Bier muss bei einer Blindverkostung mit den anderen Münchner Hellen klar erkennbar sein.

Die Vorgabe von Marx wurde perfekt umgesetzt. So zeigt sich das goldfarbene, glanzfeine Endergebnis mit 4,8 Prozent Alkohol, einer eigenen Charakteristik mit sanfter Hopfigkeit und hoher Drinkability. Nicht nur die Brauer, sondern auch Bernhard Pillep, Mitgründer und Gesellschafter vom Giesinger Bräu, ist stolz auf das Produkt: „Wir haben jetzt ein sehr süffiges, original Münchner Bier, mit dem wir jetzt auf Augenhöhe mit den anderen sechs Stadtbrauereien stehen.“

Was 2006 in einer Garage in München begann, zwei Jahre später zur ersten Brauerei-Neugründung seit Jahrhunderten in der Stadt führte, war wohl erst durch diverse Crowdfunding-Aktionen möglich. Nach anfänglicher Experimentierphase fand Marx 2011 das Anwesen in der Martin-Luther-Straße gegenüber der Giesinger Heilig-Kreuz-Kirche, die heute als Logo fungiert. Für den Umbau des Gebäudes wurden rund fünf Millionen Euro benötigt. Schon damals stammten etwa zehn Prozent des Investments aus einer Schwarmfinanzierungskampagne. Wenig später konnte die Braustätte mit Bräustüberl eröffnet werden.

All das ist erst möglich geworden durch Crowdfunding-Aktionen der Giesinger und ihrer damit verbundenen Fan-Base. Mit der aktuellen Kampagne, die unter dem Kampfnamen „Rendite from Hell“ initiiert wurde, sollen die Kapazitäten im „Werk 2“ wegen der neuen Volumensorte „Münchner Hell“ und der gestiegenen Nachfrage ausgebaut werden. Damit geht die Vergrößerung von Gär- und Lagerkeller einher. Zudem soll die Energieversorgung um einen Dampfkessel erweitert, die Leergut-Kapazität erhöht und neue Marketing-Aktivitäten rund um die Etablierung des Bieres finanziert werden. Wie bei den bisherigen Crowdfunding-Projekten konnten Investoren wieder Genussscheine mit sechs Prozent Zinsen kaufen, die in Form von Bier- und Verzehrgutscheinen ausgeschüttet werden. Auch dieses Mal war die Nachfrage wieder höher als das Angebot. Das Ziel von zwei Millionen Euros wurde mit 1726 Investoren um 500.000 Euros sogar weit überschritten.

Bei solchen Möglichkeiten gehen die Ideen nicht aus. So denken die Macher um Steffen Marx gerade über ein alkoholfreies Bier-Getränk nach und auch fassgereifte Sude stehen in der Planung. Das größte Augenmerk liegt aber derzeit aber auf dem Ausstoß. Im „Werk 2“ produzieren die Brauer in einem 100 Hektoliter-Sudhaus aktuell rund 20.000 Hektoliter von Hellem, Pils und Weißbier – alle anderen Sorten werden in kleineren Chargen noch in Giesing hergestellt. In diesem Jahr will das Marx-Team die 40.000er Marke reißen.

Und wenn das erreicht ist, steht Marx und seine Truppe vor der größten Herausforderung einer Münchner Brauerei: ein Bierzelt auf dem Oktoberfest. Bis es allerdings so weit ist, möchte das Giesinger Team erst mal Festzelterfahrung sammeln und Routine auf diversen Stadtfesten gewinnen. „Bevor wir uns an das Oktoberfest-Abenteuer wagen,“ sagt der Brauereichef, „müssen wir erst prüfen, was da alles auf uns zukommt.“ Marx gibt zu, dass er sich ein Zelt für 2000 Besucher, das dreimal am Tag bespielt wird, derzeit noch nicht zutraut – vielleicht aber in vier bis fünf Jahren.

Erschienen im Meininger’s CRAFT Magazin für Bierkultur.

TrueBrew: Hammerharte Hopfenbombe für kalte Wintertage

Nach Milkshake, Brut und Hazy starten jetzt rund um den Globus sogenannte Triple IPAs mit zweistelligem Alkoholgehalt so richtig durch. Solche Sude sind ideal für den Winter, wo sie sich gern auch mal mit einige Umdrehungen mehr präsentieren dürfen. Eine spannende Interpretation legen gerade die Macher von TrueBrew aus München vor. Ihr zehnprozentiges New England Triple IPA namens „Short Fuzed“ hopften die Macher mit jeder Menge Sabro-, Azacca- und Bru-1-Hopfen.

Das Bier strahlt im trüben Orangegold durch das Glas, der stabile Schaum liegt feinporig und schneeweiß obenauf. In die Nase schießen sofort fruchtige Hopfennoten von Bergpfirsich, reifen Steinfrüchten, Ananas und Maracuja. Begleitet wird das Bukett von einer gewissen Würze. Kaum über die Lippen geflossen, breitet sich das hammerharte IPA vollmundig mit einer angenehmen Malzüße aus. Auch hier zeigen sich im Aroma vor allem reife Früchte wie Pfirsich und Ananas. Hinzu kommt ein angenehmer Kokos-Touch. Im Finish erinnert die Kombination fast an eine Pina Colada.

Fazit: Vorsicht: Ein ziemlich fieses Bier! Dem Braumeister Luis ist es gelungen, den Alkoholanteil von satten zehn Prozent so harmonisch in das Aromaspiel einzubinden, dass man ihn anfangs gar nicht richtig wahrnimmt. Für mich ist dieser Sud definitiv ein wunderbarer Genuss-Allrounder in diesem Winter.

True Brew Brewing Co.: Verführerischer „Kickflip“

New England IPAs sind immer noch der heiße Trend in der Craft-Szene. Auch True Brew Brewing aus München brachte gerade einen neuen Vertreter auf den Markt. Mit großer Freude habe ich mir am Freitag im Taproom gleich mal ein „Do A Kickflip“ einschenken lassen und noch eine Dose zur Verkostung mitgenommen. Braumeister Luis stopfte das 6,66-prozentige Bier ordentlich mit den drei Hopfensorten Mosaic, Citra and Pacific Jade. Das merkt man.

Das sonnengelbe und trübe NEIPA mit feinporigem, elfenbeinweißem Schaum duftet nach einem fruchtigen Potpourri aus gelben Steinfrüchten, Mango, Maracuja und Papaya. Dazu gesellen sich noch eine feine Würze und eine sanfte Kräuternote. Über die Lippen fließt das Bier samtig-weich mit einer zurückhaltenden Karbonisierung. Auf der Zunge gibt der eingesetzte Hopfen noch mal Vollgas. Ausbalancierte Aromen von Papaya, gelben Steinfrüchten, Maracuja, etwas Zitrus sowie eine gewisse Würze verführen die Geschmacksknospen. Eine sanfte Bittere rundet das NEIPA ab. Das Finish hält sich lang und aromatisch.

Fazit: Definitiv eines der besten New England IPAs aus dem Süden der Republik. Die fruchtige Aromatik und der saftige Charakter sind absolut ausgewogen und präsentieren sich mit einer hohen Drinkability. Vom „Kickflip“ kann man locker auch mal zwei bis drei Dosen genießen. Perfektes Bier für den Feierabend.

Corona-Krise: Wie geht es Giesinger Bräu?

Covid-19 trifft auch die Craft-Bierbranche hart. Mit Kurzinterviews möchte ich die Community auf dem Laufenden halten, was bei Brauern, Biersommeliers, Händlern, Gastronomen und Bloggern derzeit passiert und wie all diese tollen Menschen mit dem Virus-Wahnsinn umgehen. Heute ging meine Mail an Steffen Marx vom Giesinger Bräu in München.

Simon Rossmann und Steffen Marx vom Giesinger Bräu

Hallo Steffen, wie wirkt sich die Corona-Krise auf Euer Tagesgeschäft aus?

Wir haben 40 Leute in Kurzarbeit. Die eigene Gastronomie mit über 1.000 Hektoliter ist platt. Rampenverkäufer, Staplerfahrer wurden schnell umgeschult zu Paketpackern und Auslieferern. Die Brauer und Brauerinnen sind fleißig, tapfer vor Ort und halten das Sudhaus warm. Und unser Shop läuft gut. Danke an das gesamte #teamgiesing.

Welche Probleme entstehen durch die Schließung der Bars, Taprooms und Restaurants?

Ja, die Situation ist schon blöd, wie bei allen anderen auch. Vor allem Biere, die schon bezahlt sind, gerade aber noch in den Kühlungen lagern und ablaufen werden. Deswegen: Liebe Bierverkäufer, wer Fassware von uns hat, kann diese natürlich noch zurückgeben. Meldet Euch bei mir, wenn ihr es noch nicht getan habt. Danke an alle Wirte und Wiederverkäufer.

Jede Krise hat Sieger und Verlierer. Was lernen wir aus der jetzigen Situation?

Es ist schön, dass uns die loyale und engagierte Crowd, die Fans, die Genießer sowie alle diejenigen, die viel mehr Bier kaufen, als sie eigentlich trinken können, da sind, uns unterstützen und uns helfen. Das ist enorm wichtig. Danke an alle Fans, Investoren und Genießer vom Giesinger Bräu.

Welche Tipps könnt ihr den Kollegen geben?

Einfach weiter gutes Bier anbieten und keine Kompromisse eingehen. Qualität setzt sich durch. Unbedingt die Preise hochhalten, denn 16.99 Euro für eine Kiste ist zu wenig. Macht weiter, die Leute lieben und brauchen gutes Bier. Danke an alle Bierproduzenten da draußen!

Wie sieht der Craft-Biermarkt nach Covid-19 aus?

Na hoffentlich gesund!

Corona-Krise: Wie geht es TrueBrew?

Covid-19 trifft auch die Craft-Bierbranche hart. Mit Kurzinterviews möchte ich die Community auf dem Laufenden halten, was bei Brauern, Biersommeliers, Händlern, Gastronomen und Bloggern derzeit passiert und wie all diese tollen Menschen mit dem Virus-Wahnsinn umgehen. Heute ging meine Mail an Andreas Dünkel von TrueBrew aus München.

Andi, wie wirkt sich die Corona-Krise auf Euer Tagesgeschäft aus?

Unser Tagesgeschäft spielt sich zum Großteil im Taproom ab, daher trifft es uns natürlich signifikant. Wir haben über Nacht die Initiative ergriffen unsere Tankbiere abzufüllen und bringen den Gästen, die im Münchner Stadtgebiet leben, unser Bier jetzt direkt nach Hause. Wir verschicken aber auch. Somit versuchen wir einfach für alle das Beste aus der Situation zu machen.

Welche Probleme entstehen durch die Schließung der Bars, Taprooms und Restaurants?

Der Ausfall, der jetzt in der Gastronomie entsteht, kann nach Corona erstmal nicht kompensiert werden. Die Frage ist, wie lange es so wie jetzt weitergeht und wer auch im Anschluss noch durchhalten kann. Es ist schön zu beobachten, dass alle an einem Strang ziehen und versuchen, sich mit kreativen Ansätzen über Wasser zu halten. Dennoch kann selbst ein gut laufendes To-Go Geschäft den regulären Umsatz nicht ausgleichen. Gerade der unabsehbare Zeithorizont und die dadurch resultierende Ungewissheit ist für alle Gastronomiebesitzer auch mental sehr belastend.

Jede Krise hat Sieger und Verlierer. Was lernen wir aus der jetzigen Situation?

Abgesehen von allen offensichtlichen wirtschaftlichen Herausforderungen zeichnet sich schon jetzt eine sehr schöne gesellschaftliche Dynamik der Hilfsbereitschaft und im Konsumbewusstsein ab. Auch die gezwungene Ruhephase hilft vielleicht, den schnelllebigen Alltag zu reflektieren, was sich im Nachgang zu einem sehr positiven allgemeinen Lebensgefühl entwickeln wird.

Wie sieht der Craft-Biermarkt nach Covid-19 aus?

Konsolidierung ist generell ein Thema, aber das angesprochene Konsumbewusstsein für regionale und handwerkliche Produkte könnte viele Leute dazu bewegen, doch öfter mal wieder zu den Bieren von Kleinbrauereien in ihrer Nähe zu greifen und dadurch auch Neues zu entdecken. Bestimmt bleibt dann auch der ein oder andere an der Marke hängen.

Corona-Krise: Wie geht es Hopfmeister?

Covid-19 trifft auch die Craft-Bierbranche hart. Mit Kurzinterviews möchte ich die Community auf dem Laufenden halten, was bei Brauern, Biersommeliers, Händlern, Gastronomen und Bloggern derzeit passiert und wie all diese tollen Menschen mit dem Virus-Wahnsinn umgehen. Heute ging meine Mail an Marc Gallo von Hopfmeister aus München.

Credit: Brigitte Sporrer

Hallo Marc, wie wirkt sich die Corona-Krise auf Euer Tagesgeschäft aus?

Der Verkauf ist ziemlich eingebrochen. Ich schätze mal um mindestens 50 Prozent. April und Mai waren bislang eigentlich immer die stärksten Monate. Das Auslandsgeschäft ist nicht mehr existent.

Welche Probleme entstehen durch die Schließung der Bars, Taprooms und Restaurants?

Natürlich erhebliche. Alle unsere Gastro-Kunden mussten schließen. Viele trifft das hart und die Frage ist ob sie jemals wieder öffnen. Dazu kommen die abgesagten Veranstaltungen.

Jede Krise hat Sieger und Verlierer. Was lernen wir aus der jetzigen Situation?

Augen auf bei der Berufswahl. Aber im Ernst: theoretisch werden Lebensmittel ja immer konsumiert. Die Frage ist nur, ob das Craft-Bier und regionale Brauereien wirklich davon profitieren. Der Preis ist bedingt durch das derzeit verminderte Einkommen ein wichtiger Faktor. Vermutlich werden die einen bewusster einkaufen und andere versuchen bei den Lebenshaltungskosten zu sparen. Der Bier-Konsum daheim fällt auf jeden Fall geringer aus. Gleichzeitig kann ich eine Welle der Solidarität gegenüber den kleineren Betrieben feststellen, da uns Kunden durch direkte Bestellungen unterstützen. Wir haben deshalb unseren Online-Shop kurzfristig realisiert. Gleichzeitig gibt es online aktuell ein Überangebot und auch hier steigt der Wettbewerb.

Wie sieht der Craft-Biermarkt nach Covid-19 aus?

Das vermag ich nicht einzuschätzen. Es gibt derzeit so viele Entwicklungen. So gewähren viele größere Brauereien den Gastronomen Kredite und werben damit auch um neue Kunden. Die kleineren Brauereien haben da eher das Nachsehen. Wenn ich mir aber ansehe, welche Verluste die großen Brauereien derzeit fahren, frage ich mich ob wir kleineren mit unseren schlanken Kostenstrukturen da nicht besser dran sind. Trotzdem werden viele Brauereien diese Zeit nicht überleben und die Karten neu gemischt werden. Ich glaube aber nicht, dass Craft-Bier stirbt, sondern weiterhin ein fester Bestandteil unserer Bierlandschaft sein wird.

Corona-Krise: Wie geht es der Munich Brew Mafia?

Covid-19 trifft auch die Craft-Bierbranche hart. Mit Kurzinterviews möchte ich die Community auf dem Laufenden halten, was bei Brauern, Biersommeliers, Händlern, Gastronomen und Bloggern derzeit passiert und wie all diese tollen Menschen mit dem Virus-Wahnsinn umgehen. Heute ging meine Mail an Dario Stieren von der Munich Brew Mafia aus München.

Niklas, Alex und Dario von der Munich Brew Mafia. Credit: Erik Bohr

Hallo Dario, wie wirkt sich die Corona-Krise auf Euer Tagesgeschäft aus?

Da wir sehr gerne und häufig mit unseren Bierfreunden, unserer Familia feiern sind wir gerade sehr einsam ohne diese Feste und Veranstaltungen. Natürlich wirken sich die Einschränkungen auch auf unseren Verkauf aus. Als kleine Brauerei haben wir aber den Vorteil, dass wir flexibel auf den Markt reagieren können. Eine neue Webpage mit Onlineshop sowie Heimlieferdienst steht bereits und wir sind froh um jeden, der uns – sicher von zu Hause – unterstützt. Getränkemärkte, Fachgeschäfte und Einzelhandel haben weiter geöffnet und sind für euch im Einsatz. Wichtig ist, dass man seine regionale Vielfalt unterstützt, damit diese auch nach der Krise noch besteht.

Welche Probleme entstehen durch die Schließung der Bars, Taprooms und Restaurants?

Bier ist ein geselliges Getränk, das gern in der Runde getrunken wird. Dafür sind unsere Wirte da, die Gastlichkeit und Gemütlichkeit vermitteln. Wir hoffen doch sehr, dass alle unsere Bars, die so mutig waren Craft-Bier ins Sortiment aufzunehmen, diese schwere Zeit überstehen und wir dort gemeinsam wieder gutes Bier genießen können. Es gibt Projekte zur Unterstützung der Gastronomen und Gutscheinverkäufe, bei denen man seine Stammkneipe und Restaurants unterstützen kann. Schön, dass schon viele diese Angebote wahrgenommen haben.

Jede Krise hat Sieger und Verlierer. Was lernen wir aus der jetzigen Situation?

Zusammenhalten ist wohl das Wichtigste, was wir aktuell lernen können. Auch wer nicht direkt betroffen ist, sollte solidarisch sein. Das kann heißen: zeigen von Mitgefühl für unsere systemrelevanten Arbeitsbienen, Verzicht auf viele Dinge, Hilfe in unserer Landwirtschaft (HOPFEN!!!) oder die Unterstützung seiner regionalen Brauereien. Jeder kann irgendwas beitragen und später sagen: Wir haben‘s gemeinsam geschafft!

Wie sieht der Craft-Biermarkt nach Covid-19 aus?

Na, wir hoffen, dass es munter weiter geht.

Testbräu: Himbeer-Duft für Sonnentage

Harte Zeiten, gute Biere: Dass auch Quereinsteiger gute Sude brauen können, beweisen Nicole Herdin, Dirk Lamprecht und Heiko Schwanz von Testbräu. Kürzlich hatte ich das sechsprozentige „Sorachi Blanche“ in der Himbeere-Cider-Edition im Glas. Wie bei allen ihren Bieren setzt das momentan in München brauende Team, das eigentlich in Nebra in Sachsen-Anhalt ihren Sitz hat, auch hier auf ihre Philosophie: „kein Reinheitsgebot ist uns zu heilig, keine Zutat zu teuer und keine Rezeptur zu abwegig.“

So braute das Testbräu-Trio ihr „Sorachi Blanche“ mit jeder Menge Himbeeren, Sorachi Ace-Hopfen und Cider-Hefe. In einem beerigen Rotton strahlt das Bier äußerst appetitlich durchs Glas, ein mittelporiger, zart pinker Schaum liegt oben auf. In die Nase strömen sofort die fruchtigen Noten der Himbeeren sowie ein leicht weiniger Anklang. Schon im Duft lässt sich vermuten, dass das Blanche eine leichte Säure mit sich bringt. Schlank und mit moderater Kohlensäure präsentiert sich das Bier auf der Zunge. Fruchtig-beerige Aromen dominieren das Geschmacksbild. Im Hintergrund zeigt der Hopfen dezente Zitrusnoten. Trotz sechs Prozent Alkohol wirkt das Fruchtbier angenehm leicht und regt zum weiteren Genießen ein.

Fazit: Ein absolut gelungenes Himbeer-Blanche, dass ich mir sehr gut im Sonnenschein auf der Terrasse als Aperitif vorstellen kann. Ich freue mich auf weitere Biere aus dem Hause Testbräu.

TrueBrew Brewing Co.: Münchner Craft-Brauer setzen auf aromatische Trinkfreude

Der Taproom der Jungs von TrueBrew in München zählt inzwischen zu den heißesten Craft-Bier-Hotspots der Stadt. Aus zehn Hähnen fließen dort neben Session Pils, Pale Ale und IPA auch Bockbiere sowie wechselnde Spezialitäten. Um ihre Fans nun auch zuhause zu beglücken, füllen Andreas, Lucas und Luis jetzt auch immer mehr Biere in schicke Dosen ab. Kürzlich habe ich die drei aktuellen Sorten probiert.

Schon mal vorab: Eines haben die drei Sude gemein. Sie legen alle einen berechenbaren Alkoholgehalt von 5,1 Prozent vor. Zuerst schenkte ich mir das bernsteinfarbene, naturtrübe Vienna Style Lager namens „Summit“ ins Glas. Ein schneeweißer Schaum toppt das attraktive Gesamtbild. Das Bier duftet angenehm malzig mit karamelligen Anklängen und einem würzigen sowie zart blumigen Touch. Auf der Zunge breiten sich nussige und auch malzige Töne aus, die ein wenig an Biskuit und Waldhonig erinnern, ohne süßlich zu wirken. Dazu gesellen sich herbe Hopfennoten. Die moderate und gut eingebundene Kohlensäure trägt zu einem ausbalancierten Bier bei.

Harmonisch präsentiert sich auch das Juicy Pale Ale namens „Joyride“, das durch eine helle Bernsteinfarbe besticht. Auch hier thront ein stabiler, weißer Schaum auf dem Bier. In die Nase strömt sofort ein fruchtiges Hopfen-Bukett, das mit Aromen von Mandarine und Maracuja zum ersten Schluck animiert. Im Mundraum entfaltet sich eine gewisse Vollmundigkeit mit einer sanften Karbonisierung. Dazu paaren sich tropisch-fruchtige Aromen von Mango und Maracuja von der eingesetzten Sorte Mosaic sowie Noten von Pfirsich und ein würziger Hauch. „Joyride“ verabschiedet sich mit einer angenehmen Herbe, die zum Weitertrinken anregt.

Das letzte der Trilogie ist das nachtschwarze „Bavarian Stout“, auf dem ein cremefarbener Schaum schwimmt. Es duftet klassisch-malzig mit Noten von Schokolade und etwas Lakritz. Im Antrunk zeigt sich das Stout angenehm schlank. Aromen von Milchschokolade und Kakao treffen auf eine dezente Röstigkeit. Das Finish ist langanhaltend, trocken und mild bitter.

Fazit: Drei wirklich harmonische Sude, die durch ihr jeweiliges Aromaspiel und ihre hohe Drinkability überzeugen. Keine Biere, die überfordern, sondern zu einem zweiten Glas anregen. Ich freue mich schon auf weitere kreative Sude aus dem Hause TrueBrew.

Brauer-Portrait: Hausfreund – „Ein Brauer muss sich an seinem Bier messen lassen“

David, Andy und Moritz von Hausfreund

„Einen Hausfreund braucht jeder“, heißt es bei den Machern der Marke Hausfreund aus Ottobrunn bei München, „mit ihm wird es nie langweilig.“ Und genau das haben sich Moritz, David und Andy auf die Fahnen geschrieben. Sie experimentieren fleißig bei den Rohstoffkombinationen und bringen somit bei hoher Trinkfreude einen kreativen Touch in ihre Sude. Moritz, der die Marke vor rund drei Jahren gründete, ist mit David für die Außendarstellung im Vertrieb und auf Festivals zuständig. Andy ist studierter Braumeister sowie ausgewiesener Hopfenexperte und somit zuständig für die Biere. Neben einem ungewöhnlichen Hellen, das mit den vier Hopfensorten Melon, Perle, Saphir und Cascade gebraut ist, führen die Münchner auch diverse andere Sorten: German Pale Ale, IPA, Imperial Stout und saisonale Sude wie etwa ein „Oktober Pale Lager“ oder einen „Wet Hop Weizendoppelbock“ im Portfolio.

Die Fragen beantworten Moritz und Andy gemeinsam:

Welche Eigenschaften zeichnen Eurer Meinung nach einen richtig guten Craft-Brauer aus?

Andy: Neben Tattoos und Bart, die Kenntnis der Rohstoffe und wie man sie einsetzt sowie Flexibilität im Prozess und vor allem gute Qualität des Endproduktes.

Moritz: … dem kann ich mich nur anschließen. Ein guter Brauer muss sich an seinem Bier messen lassen.

Was macht für Euch ein wirklich außergewöhnliches Bier aus?

Moritz: Eine außergewöhnliche Story, besondere Zutaten oder auch einfach eine außergewöhnliche Interpretation, die das Bedürfnis steigert, das Bier zu probieren.

Andy: Eine gute Drinkability gepaart mit gutem Aroma und außergewöhnlichem Geschmackserlebnis.

Was war das schrägste Bier, das ihr jemals getrunken habt?

Andy: Das war ein Oyster Stout, das mit Austernschalen gebraut wurde.

Moritz: Was ist schräg heutzutage? Man hört oft von sehr schrägen Bieren, leider bekommt man die selten tatsächlich in die Hände. Aber es gab schon einige Sude, die mir zwar aufgrund von Zutaten wie Thaibasilikum, Chili-Pfeffer, Salz usw. schräg klangen, aber doch sehr gut und ausgewogen geschmeckt haben. Es waren aber auch einige Sude dabei, die geschmacklich sehr schräg geblieben sind.

Mit welchen ungewöhnlichen Zutaten würdet ihr gern einmal brauen?

Andy: Mit sibirische Bärenknochen😉… Spaß beiseite. Das Reinheitsgebot limitiert uns natürlich bei ungewöhnlichen Zutaten. Wir haben angelehnt an die Single Hop IPA‘s (SHIPA) aber letztes Jahr Biere gebraut, bei denen wir den die Hopfensorten von nur einem Hof genommen haben (Single Farm Hops).

Moritz: Wir haben aber auch ein paar Ideen für Ausnahmegenehmigungen…

Was ist eigentlich Euer Lieblingsgericht und was trinkt ihr dazu?

Moritz: Ich esse am liebsten was Lokales mit einem lokalen Bier und lass mich überraschen. Ein schönes Cordon Bleu mit einem guten Hellen geht aber fast immer.

Andy: … oder eine Pizza Quattro Formaggi mit einem leichten Pale Ale.

Wie seht ihr die Entwicklung der Craft-Bierszene in fünf Jahren?

Moritz: Ich denke, dass vor allem das Segment Gasthausbrauerei bzw. „Brewpub“ wachsen wird. Sicher werden aber auch noch einige „Neue“ dazu kommen und auch noch mehr internationale Marken auf den deutschen Markt drängen. Alles in allem denke ich, dass die Szene noch deutlich wachsen wird.

Andy: Ich glaube, das Craft-Bier insgesamt noch regionaler werden wird und vor allem auch im regionalen Biermarkt aufgehen wird.

Und was habt ihr als Nächstes vor?

Moritz & Andy: Wir planen gerade ein Kollaborationsbier mit unseren Freunden von Higgins Ale Works und Jeremy von Neshaminy Creek Brewing Company. Außerdem arbeiten wir an einem neuen IPA, dass wir hoffentlich im Verlauf des Frühjahres präsentieren können.