10 Jahre Feiner Hopfen: Eine Zeit mit Dynamik, Bierfieber und Flaute

Liebe Community,

heute gibt’s mal wieder was zu feiern: feinerhopfen.com wird heute zehn Jahre alt. Unglaublich eigentlich, wenn ich zurückdenke, dass ich vor rund elf Jahren eigentlich kaum Bier trank. Es hat mir nicht wirklich geschmeckt. Als ich dann durch Zufall an amerikanische Pale Ales kam und in der Journalistenschule ankündigte, dass ich meinen Blog über Bier schreiben möchte, starten mich verwirrte Augen an. „Über Bier? Als Frau?“ Klar, warum denn nicht? Nach gewisser Vorbereitung gingen die ersten Beiträge am 3. Februar 2013 über „Edelbiere“ online, wie man die neuartigen Sude damals noch bezeichnete.

Es gibt nicht viele Biere, die man nach zehn Jahren noch genießen kann. Auch für einen Craftbier-Blog ist das eine lange Zeit, in der ich alle Höhen und Tiefen der Braubranche durchlebt habe. Anfangs war alles noch so ungeheuer spannend. Es herrschte eine ungebremste Dynamik: die ganzen neuen Biere, viele motivierte Kreativbrauer, Festivals, Tastings, Taprooms und eine wachsende Craft-Gemeinde, die sich für Stile, Rohstoffe und die Macher begeisterte. So etwas gab es vorher nicht. In dieser Zeit tauchten auch hierzulande einige Bierblogs auf, die aber fast allesamt nach kurzer Zeit wieder verschwanden.

Angesteckt vom Biervirus entwickelte und bildete ich mich permanent weiter. Ich besuchte Braukurse, sprach mit Brauern, absolvierte die Ausbildungen zur sensorischen Sachverständigen für Bier, zur Biersommelière und zum Certified Member of the Insitute of Masters of Beer. Zudem saß ich in der Jury vieler toller Bierawards rund um den Globus – in Brasilien, Belgien, Finnland, Italien, und Österreich. Ich war immer dabei. 2017 wurde ich bei den Beerkeeper-Awards in Salzburg zur besten Bierjournalistin ausgezeichnet. 2021 gewann ich die Bronzemedaille bei der Deutschen Meisterschaft der Biersommeliers und im Jahr drauf wurde ich als einzige Frau im Finale die beste Biersommelière der Welt.

Und jetzt? Auf der Suche nach ungewöhnlichen Suden und Kulturen reise ich noch immer voller Freude um die halbe Welt, habe im letzten Jahr sogar auf Feuerland die südlichsten Taprooms der Welt besucht. Noch immer unterstütze ich auf meinen Kanälen oder bei Tastings vor allem die hiesigen Crafties und versuche weiterhin den Markt hierzulande voranzutreiben. Das mache ich alles, ohne auch nur einen Cent dafür zu bekommen.

Doch die aktuelle Situation mit Pandemie, Energiekrise, Inflation und Ukraine-Krieg hat auch bei mir ihre Spuren hinterlassen. Als freiberufliche Journalistin musste ich glücklicherweise bisher nie jammern, das will ich auch jetzt nicht. Dennoch ist es schade, als Teil der Craftbier-Bewegung, die ich mit feinerhopfen.com von Anfang an mitbegleitet habe, zu erleben, dass von den meisten Brauern nur wenig zurückkommt – auch wenn es nur mal ein Danke ist. Das war auch der Grund, warum ich bereits mit dem Gedanken spielte, meinen Blog aufzugeben und schon vor einigen Monaten die Beiträge auf meinem Blog reduzierte.

Nach zehn Jahren voller Euphorie, mit tollen Bieren und fantastischen Menschen, wünsche ich mir nichts sehnlicher, als dass die Szene endlich wieder einen Aufschwung erfährt und an Bedeutung gewinnt. Mir ist bewusst, dass die Situation im aktuellen Krisenumfeld nicht besonders rosig aussieht, und mir scheint, als hätten viele Macher ihre Vision zum Weitermachen verloren. Ich gebe jedenfalls nicht so schnell auf – versprochen! In dieser Phase habe ich im vergangenen Jahr ein Buch geschrieben, das im März im Münchner Callwey Verlag unter dem Titel „Bier Unser“ erscheint. Man kann es jetzt bereits vorbestellen. Ich hoffe, dass ich damit viele Menschen animieren kann, mit einem guten Glas Craft-Biere die Welt wieder etwas positiver zu sehen.

In diesem Sinn hebe ich mein Glas auf eine entflammbare Branche, in der noch so viel ungeahntes Potential steckt. Also auf euch, meine lieben Leser, auf all die tollen Brauer, die in der Krisensituation standhaft bleiben, uns weiterhin mit spannende Bieren überraschen. Und heute, das habe ich mir verdient, stoße ich auch mal auf mich an 🙂 Prost!

Yankee & Kraut bauen eigene Brauerei

Max Senner und Bryan France von Yankee & Kraut

Trotz sinkendem Bierkonsum, anhaltender Corona-Krise und Ukraine-Krieg: Bryan France und Max Senner von Yankee & Kraut wagen jetzt den Schritt zur eigenen Brauerei und erweitern ihr Team um Alexander Böheim. Dieser ist ein guter alter Kumpel von Max, der jetzt als dritter Geschäftsführer agiert und für Buchhaltung sowie Steuerangelegenheiten zuständig ist – mit der Option irgendwann auch den Vertrieb zu unterstützen. Die Brauerei der drei Jungunternehmer entsteht gerade in deren Ingolstadt, nur einen Steinwurf von der Autobahn 9, nahe des beliebten Auwald-Badesee und gerade mal zehn Minuten mit dem Fahrrad von der Yankee & Kraut-Bar „ZWØLF“ entfernt. „Ein blöderes Timing hätte es bei all den Preiserhöhungen und Lieferschwierigkeiten nicht geben können“, sagt Bryan, „aber wenn nicht jetzt, dann nie.“

Lange Zeit suchten der Yankee und der Kraut schon nach der passenden Location. Im vergangenen Jahr, mitten in der Weihnachtszeit, stellte sich raus, dass ein Jugendfreund von Max‘ Onkel eine riesige Halle vermietet. „Besser ging’s eigentlich gar nicht“, schwärmt Bryan. Seit Januar hat sich in dem Gebäude viel getan. Etwa 20 Tonnen Holzboden wurde entfernt, etliche Rohre verlegt, Wandverkleidungen angepasst und die nötige Elektronik installiert.

Anfang September soll das vollautomatisierte 10-Hektoliter-Sudhaus ankommen, mit dem Bryan künftig acht Sude am Tag brauen kann. Hinzu kommt ein eigener Dosenfüller. Mit den ersten Test-Suden rechnet der Yankee im Oktober. Eine Gastronomie soll es vorerst in der Brauerei nicht geben. Irgendwann aber vielleicht einen Biergarten, wo die Leute ihre eigenen Snacks mitbringen können.

Kleine Umfrage: Craftbier in Deutschland

Liebe Community,

seit knapp neun Jahren versorge ich euch auf meinem Blog mit Themen rund um das Thema Craftbier. Um mein Wissen an Euch weitergeben zu können, bilde ich mich regelmäßig fort. Gerade bin ich dabei den „Master of Beer“ abzuschließen und schreibe dafür eine Masterarbeit. Es wäre super von Euch, wenn ihr Euch zwei Minuten Zeit nehmen würdet, um an meiner Umfrage zu unserem Lieblingsthema teilnehmen würdet. Je mehr Leute mitmachen, umso aussagekräftiger wird das Ganze. Ich danke Euch ganz herzlich für Eure Teilnahme.

https://www.surveymonkey.de/r/C63WPJQ

Sierra Nevada: Tropisches Bierwunder von der Westküste

Liebe Community, ich bin aus den USA zurück und habe den Jetlag nach fast drei schlaflosen Nächten so gut wie überstanden. Nach knapp vier Wochen Abwesenheit im Büro herrscht erst einmal Land unter, sodass ich leider noch keine Zeit gefunden habe euch von all meinen tollen Erlebnissen zu berichten. Dennoch möchte ich euch schon mal ein Bier von Sierra Nevada Brewing aus Chico vorstellen, das auf meiner Reise zu den Highlights im Glas zählte.

Wer in Kalifornien durch die Brewpubs tingelt, dem wird sofort auffallen, dass es dort keine New England IPAs gibt. Die Brauer an der Westküste nennen diese Bierart „Hazy IPAs“. Und genau so eins ist auch das „Little Thing“ von Sierra Nevada. Zum ersten Mal trank ich es im Taproom der Brauerei zu einem leckeren Cheddar-Dip mit Brezn. Das Ale besitzt 6,7 Prozent Alkohol und präsentiert sich in einem trüben Goldgelb, getoppt von einer stabilen, schneeweißen Schaumkrone. In die Nase strömen sofort tropische Noten und Aromen von Zitrus- und gelben Steinfrüchten. Kein Wunder, in diesem IPA steckt jede Menge Hopfen: Citra, Comet, Simcoe, El Dorado und Mosaic. Auf der Zunge breitet sich ein moderater Körper und ein schön frisches Mundgefühl aus. Hier zeigen auch die eingesetzten Hopfensorten, die bei Sierra Nevada übrigens meist als Dolden oder Powder in die Kessel kommen, ihre volle Wirkung. Eine echte Fruchtbombe! Die zarte Bittere im Finish stammt vom deutschen Magnum Hopfen.

Fazit: Was für ein tolles Bier! Das schöne an dem IPA ist, dass es trotz der knapp sieben Prozent und seiner Trübung absolut gut trinkbar ohne jegliche Schwere ist. Es kommt nicht ganz so saftig daher, wie viele Vertreter dieses Bierstils. Heißt: Man könnte sich sogar eine zweite Dose aufmachen.

Städte-Special: Helsinki im Craft-Bierfieber

Finnen gelten seit jeher als besonders trinkfreudiges Volk – allerdings mit Vorliebe für harte Sachen. Mit der Craft-Bierbewegung wächst jetzt auch im hohen Norden die Freude am Biergenuss. Speziell in Helsinki boomt die Szene mit neuen Brau-Werkstätten, Brewpubs und ganz ungewöhnlichen Suden. Weiterlesen „Städte-Special: Helsinki im Craft-Bierfieber“

Buchtipp: „Die 100 besten Craft Bier-Bars“

20181022_123008„Kaum etwas ist süßer als die Qual der Wahl“, heißt der erste Satz im neuen Buch „Die 100 besten Craftbier-Lokale in Deutschland“. Stimmt, aber nach langer Durststrecke gibt es endlich auch hierzulande eine spannende Vielfalt. Die Herausgeber Marika Schiller und Benjamin Brouër vom Meininger Verlag in Neustadt an der Weinstraße präsentieren in ihrem Werk die ihrer Meinung nach besten 100 Bierbars, Pubs und Restaurants der Nation, die Craft-Sude in den Vordergrund rücken.

20181022_122901Ganz egal ob Hamburg, München oder Berlin, in deutschen Metropolen eröffnen immer mehr spannende Bier-Locations, bei denen es sich um urige Kneipen, szenige Taprooms oder gleich ein ganzes Biererlebniszentrum handelt. Aber auch in kleineren Städten wie Münster, Essen oder Kaiserslautern gibt es inzwischen echte Craft-Tempel. Neben den Bars bietet das Buch auch noch eine Übersicht von 30 Craft-Biershops sowie Wissenswertes zu Herkunft, Herstellung und Genuss von Bierstilen. Hinzu kommen anschauliche Anleitungen, wie man Bier richtig verkostet und was dabei zu beachten ist.

20181022_122932Fazit: Das Buch stellt einen schick aufgemachten und übersichtlichen Guide dar, den man schon fast als kleinen Reiseführer durch die hiesige Craft-Welt sehen kann. Dieses Werk sollte jeder Bierfan, der sich auch mal jenseits seiner Stammkneipe bewegt, unbedingt im Regal stehen haben. Aber auch Craft-Novizen, die sich gerade erst mit dem Thema beschäftigen, finden in diesem Werk den Kompass für vergnügliche Stunden.

Verkaufspreis: 16,95 Euro

Erhältlich im Buchhandel oder direkt beim Meininger Verlag unter diesem Link.

Dirndl Bräu: Vier Frauen stehen auf Schürzenjäger

20180821_131732Dass „Dirndl Bräu“ auf den ersten Eindruck ziemlich bayerisch und traditionell klingt, ist offensichtlich. Hinter der neuen bajuwarischen Biermarke stehen vier Frauen, die eigentlich beim Hofbrauhaus Freising arbeiten. Die Brauerinnen Antje Leisler, Steffi Meyer, Liesa Pfützenreiter und Sylvia Tromba wollten aber als Frauen-Quartett neben den Bieren, die sie im Freisinger Traditionshaus produzieren, auch einen eigenen Kreativsud auf den Markt bringen. Vor ein paar Tagen habe ich ihr Erstlingswerk probiert. Beim „Schürzenjäger“ handelt es sich um ein India Pale Lager (IPL), dass die Dirndl mit vier Hopfensorten brauen: Tradition, Mandarina Bavaria, Citra und Callista.

Im Glas leuchtet das moderne, 5,1-prozentige Lagerbier in einer kräftigen Orangefarbe. Ein cremefarbener, feinporiger Schaum vollendet die attraktive Optik. Im Duft zeigt sich das IPL malzig-fruchtig mit prägnanten Noten von Mandarine. Kaum fließt das Bier über die Lippen, schon entfaltet es sich vollmundig und frisch. Auf der Zunge breitet sich ein hopfiges Aromaspektrum aus, bei dem Zitrustöne wie Mandarine, Zitrone und Orange überwiegen. Dazu gesellen sich noch beerige Noten vom Callista-Hopfen. Begleitet wird die Fruchtigkeit von einem angenehmen Malzkörper. Im Finish präsentiert sich abschließend noch eine solide Bittere.

Fazit: Der „Schürzenjäger“ beweist wieder einmal, dass Frauen über ein besonderes Händchen bei der Rohstoffauswahl und am Sudkessel verfügen. Das hopfige Lagerbier ist harmonisch, fruchtig und sehr schön ausbalanciert. Passt sowohl zu Fisch, als auch zu pikanter Pasta oder einfach als aromatisches Feierabendbier. Bin gespannt, was noch von „Dirndl Bräu“ auf den Markt kommt.

 

Kommentar: Kampfplatz Gastronomie

Veex_Pixabay
Foto: Veex_Pixabay

Für alte Branchenhasen ist es längst eine Binse: Über Zukunft und Erfolg der Craft-Bierbranche wird maßgeblich die Akzeptanz in der Gastronomie entscheiden. Zwar zeichnet sich in urbanen Bars, Clubs, Kneipen und Restaurants bereits eine gewisse Dynamik ab, aber so richtig sind Kreativbrauer mit ihrem Bierabsatz noch nicht zufrieden.

Das Craft-Potential in der Gastronomie ist zwar enorm, aber die meisten Wirte haben die Bedeutung eines vielfältigen Bierangebots, wohl noch nicht überrissen. Wie sich mit einem attraktiven Bierangebot auch Image, Reputation und Umsatz steigern lassen, machen die in den Geburtsstunden der neuen Bier-Szene entstanden freien Kneipen und Restaurants gerade vor. Junge Konsumenten auf der Suche nach neuen Geschmacksabenteuern wollen sich jedoch den Craft-Kick nicht nur in Tap-Houses abholen, sondern auch bei ihrem Lieblingsitaliener, beim Chinesen oder in der Sushi-Bar. Hier liegen noch viele Absatzchancen brach.

Klar ist, Marken werden in der Gastronomie gemacht. Aber der Kampf um neue Gastro-Partner verlangt auch von Craft-Einsteigern viel Kreativität bei der Wahl des richtigen Sortiments, bei Events und Aktionen. Dabei fehlt es an potentiellen Craft-Tankstellen noch immer an Bierwissen und kompetenten Bedienungen, die ihre Gäste mit neuen Bierstilen vertraut machen. Ein spannendes Bierangebot – das ist inzwischen bewiesen – überrascht nicht nur den probierfreudigen Gast, es lockt auch neue, kaufkräftige Kunden an den Tresen. Dazu müssen sich die Wirte jedoch vor allem aus langfristigen Abnahmeverpflichtungen der Großbrauereien lösen. Wer als Kneipier nur ideenlos eine einzige Biermarke ausschenkt, hat kaum eine Überlebenschance, wie Kneipen- und Wirtshaussterben schmachvoll demonstriert.

Ein Tipp noch für alle Craft-Jünger: Immer wieder mal in Kneipe oder im Restaurant mit der Frage nach Craft-Bieren nerven. Irgendwann wird auch der behäbigste Schankwirt reagieren müssen.

Erschienen im Meiningers CRAFT Magazin für Bierkultur.

Emma – Biere ohne Bart: Sude mit Tannenwipfelsirup und angerösteten Kokosflocken

EmmaBrauen
Almut Zinn bei der Arbeit

Almut Zinn kam eher durch Zufall zum Bierbrauen. Reisen durch die USA brachten sie auf das Thema Craft-Bier. Zurück in der Heimat kaufte sich die Freiburgerin ein Homebrew-Kit und startete als Hobbybrauerin. Zinn las viel, braute viel und wurde nach eigenen Aussagen immer besser. Vor rund zwei Jahren entschied sie sich ihr eigenes Label „Emma – Biere ohne Bart“ zu gründen. Mit dem Namen – Emma ist ihr zweiter Vorname – will Zinn verdeutlichen, wer für die Kreativbiere ihrer Marke verantwortlich ist: Eine Frau. Seit 2016 mischt die Breisgauerin mit eigens interpretierten German Pale Ale, American Strong Ale, Amber Ale und Imperial Stout die deutsche Craft-Bierszene auf. Und es werden sicherlich noch viele weitere spannende Sude von Almut Zinn auf den Markt kommen.

 

Welche Eigenschaften zeichnen Deiner Meinung nach einen richtig gute Craft-Brauerin aus?

Es gibt starke Parallelen zur Kunst. Eine richtig gute Craft-Brauerin – wie auch Künstlerin – hat den Mut und die Kreativität, ihren eigenen Stil zu entwickeln. Dieser kann bunt, brutal, feinst ziseliert sein und den kalkulierten Zufall mitspielen lassen oder einer Planung bis ins kleinste Detail entspringen. Das Produkt muss dann auch nicht jeder mögen. Wer Biere für jeden brauen will, der wird schnell die langweiligen Produkte herstellen, die von den großen Brauereikonzernen produziert werden.

Was macht für Dich ein wirklich außergewöhnliches Bier aus?

Ich finde Biere außergewöhnlich und spannend, die mindestens eine seltene oder einzigartige Zutat besitzen. Zum Beispiel eine in mühevoller Kleinst- und Laborarbeit kultivierte wilde Haushefe, ein über besonderen Hölzern geräuchertes Malz, ein besonders gelungener Blend oder ein Bier, das monatelang Zeit brauchte um zu reifen. Toll sind auch natürliche Zutaten außerhalb des Reinheitsgebotes, vorausgesetzt sie sind überlegt eingesetzt. Ein außergewöhnliches Bier sollte selbstverständlich auch qualitativ hochwertig sein, ohne Fehlgeschmäcker und Braufehler.

Was war das schrägste Bier, das Du jemals getrunken hast?

Das schönste schrägste Bier habe ich auf der estnischen Insel Saarema getrunken. Es war ein „Koduölu“, das in seiner Herstellung mit dem finnischen Sahti verwandt ist. Es wurde über Wacholderzweigen geläutert und dann mit Bäckerhefe sehr warm vergoren. Es schmeckte nach einem frischen Bananen-Smoothie mit Haferflocken und vertiefte sich dann hin zu waldigem Aroma mit Salz und Lorbeer und etwas Kampfer, mit winzigen Highlights von Sumpf und Teer und Heidelbeermarmelade.

Mit welchen ungewöhnlichen Zutaten würdest Du gern einmal brauen?

Ich habe zu Hause auf meiner Versuchsbrauanlage schon Biere mit Earl Grey Tee, angerösteten Kokosflocken, selbst hergestelltem Tannenwipfelsirup, Sauerkirschen, Heidelbeeren, getrockneter karamellisierter Mango, Zitronenzesten und Basilikum gebraut. Mein Ziel ist es, diese Biere auch im größeren Maßstab zu brauen!

Was ist eigentlich Dein Lieblingsgericht und was trinkst Du dazu?

Ich habe viele Lieblingsgerichte. Hier eine Auswahl: Ceviche mit meinem „Kuckucksrot Sonderedition“, oder ein homemade Burger mit meinem „Zapotopaz“, Hirschbraten mit Polenta, Ofengemüse und meinem „Salto Orale“.

EmmaZapotopaz 

Wie siehst Du die Entwicklung der Craft-Bierszene in fünf Jahren?

Ich bin zuversichtlich, was die Entwicklung angeht. Wenn ich mich in der Craft-Bierszene umschaue, sehe ich extrem viele begabte, kreative, hochmotivierte Leute, die für ihre Biere leben, schuften und Bier- sowie Nicht-Biertrinker mit ihrer Begeisterung anstecken. Außerdem ist Craft-Bier nicht Bubble-Tea, sondern mindestens so hochwertig und vielschichtig wie Wein und es wird einfach nie langweilig werden. Man sieht ja auch, dass die Bier-Riesen langsam unruhig werden und versuchen, auf den Zug aufzuspringen. Aber im ganzen vergangenen Jahrzehnt hat eine Bewegung hin zum Konsum von transparent hergestellten Lebensmitteln von kleinen, lokalen, hochwertigen Produzenten stattgefunden, die nicht mehr rückgängig zu machen ist. Kaffee wird von immer mehr Leuten, die es sich leisten können, in kleinen, feinen Röstereien gekauft und nicht mehr im Supermarkt, warum soll das bei Craft-Bier anders sein?

Und was hast Du als nächstes vor?

Eine schicke Festival-Theke bauen und mir in meinem wohlverdienten Urlaub die Craftbier-Szene in Israel anschauen.