BrewAge: Affenkönig mit Wärmegarantie

AKDie letzten Blätter fallen von den Bäumen, draußen ist es nasskalt und in bergigen Regionen liegt schon Schnee. Das Schmuddelwetter muss für Craft-Fans aber nicht unbedingt schlecht sein, denn jetzt beginnt wieder die Zeit für starke und wärmende Biere. Ich läute die kalte Jahreszeit mal mit einem österreichischen Imperial IPA ein: Dem 8,2-prozentigen „Affenkönig“ von BrewAge aus Wien.

Schon das Einschenken gibt ein gutes Vorgefühl. Das Ale leuchtet in einem kräftigen Bernsteinton durchs Glas, getoppt von schneeweißem, feinporigem Schaum. Im Duft zeigt sich sofort ein hopfiger Fruchtmix von Grapefruit, Maracuja, Limone und reifer Blutorange. Da wurde mit den Sorten Amarillo, Citra, Columbus und Galaxy definitiv nicht gespart. Bereits im Antrunk zeigt sich das Imperial IPA sehr aromatisch und vollmundig. Fruchtnoten wie Maracuja und Mandarine sind mit einem feinen Malzkörper ausbalanciert. Zum Schluss zeigt sich noch ein Herbe von 70 Bittereinheiten, die aber nicht zu dominant am Gaumen zurückbleiben.

Fazit: Man kann sich leicht verschätzen mit diesem Ale, denn die 8,2 Prozent Alkohol zeigen ihre Wirkung schon nach dem ersten Glas. Beim Genuss des Bieres fallen die Umdrehungen gar nicht so auf, es erscheint eher fruchtig und leicht. Der Alkohol wird hinter den wirklich köstlichen Fruchtnoten der Hopfenmelange versteckt. Wegen der Stärke nicht unbedingt ein Ale für mal nebenbei, aber dafür ein wärmender und sehr feiner Tropfen den man gut am häuslichen Kamin genießen kann, zumal wenn draußen der erste Schnee fällt.

Gibt es zum Beispiel hier: Bierhandwerk.

 

Next Level Brewing: Gose mit indischer Pfeffer-Power

IMG_20170909_181152_852Kenner der österreichischen Bierszene wissen das: Das Wiener Team von Next Level Brewing braut keine Gefälligkeitsbiere für Jedermann, sondern schafft eher Sude für Fans und Spezialisten. Nach Überzeugung der beiden Braumeister Johannes Grohs und Alexander Beinhauer darf es – was die Aromen angeht – auch gern mal was ganz Extremes sein. Ich hatte kürzlich ihr „Tiger Berry“ im Glas, eine 4,7-prozentige Gose, gebraut mit Himbeeren, Tiger-Pfeffer und Meersalz. Klingt doch schon mal ganz schön ausgefallen, oder?

Beim Einschenken löst die Wiener-Gose bereits einen Wow-Effekt aus. Das Craft fließt in einem rosafarbenen Ton ins Glas, das an das saftige Fruchtfleisch einer Grapefruit oder an das Federkleid eines Flamingos erinnert. Im Duft zeigen sich erst einmal nur die frischen Himbeeren. Am Gaumen wird es dann schön komplex. Im Antrunk zeigt sich das Meersalz, auf der Zunge entwickelt sich wieder die Fruchtigkeit der Beeren. Der indische „Bio Tiger Peffer“ aus der Wiener Manufaktur „Die Pfefferei“, unterstreicht die intensiven Fruchtnoten. Das Mundgefühl ist vollmundig und frisch. Erst im Abgang schlagen die pikanten Pfeffernoten an den Gaumen.

Fazit: „Tiger Berry“ ist definitiv keine klassische Gose, eher eine seltene Wiener Variante dieses Bierstils. Aber Next Level Brewing beweist damit wieder ihre Lust an experimentellen Suden. Und ich finde, dass ist ihnen auch dieses Mal wieder gut gelungen. Ein spannendes Bier, das ich mir sehr gut als Aperitif vorstellen kann.

 

Next Level Brewing: Wiener Newcomer mit überraschendem Indie-Bier

20161027_161422Auf dem Logo prangt ein Krake mit Augenklappe. Für Alexander Beinhauer und Johannes Grohs von Next Level Brewing aus Wien symbolisiert der achtarmige Tintenfisch pure Freiheit, Unabhängigkeit und Flexibilität. Seine Tentakel stehen für das Braunetzwerk sowie für die Vielfalt ihrer Sude. „Wir brauen keine Gefälligkeitsbiere, sondern immer nur das, was uns selbst am besten schmeckt “, sagen die beiden Österreicher. Die Gypsy-Brauer arbeiten seit 2015 ganz nach dem Motto „Langweiliges Bier war gestern!“.

20161027_161552So ein Versprechen muss man mal auf die Probe stellen. Kürzlich hatte ich drei ihrer Biere im Glas. Zuerst das „Local Hero“. Ein Pale Ale, aromatisiert mit den Hopfensorten Centennial, Simcoe und Chinook, 26 Bittereinheiten und schlanken 5,3 Prozent Alkohol. Gebraut haben die Independent-Macher es im Brauhaus Gusswerk in Salzburg. In der Nase habe ich Aromen von reifer Mango, Maracuja sowie Grapefruit und Orange. Auf der Zunge spielt sich das orangegoldene Ale leicht und frisch mit Noten von tropischen Früchten wie etwa Mango und Maracuja. Im Finsih rutscht es die Kehle mit einer dezenten Herbe hinab.

20161027_163315Etwas bitterer verabschiedetet sich das „Five o‘ clock – Earl Grey IPA“ mit seinen 55 Bittereinheiten. Dieses India Pale Ale mit 5,7 Prozent Alkohol soll der klassischen Tee-Stunde Konkurrenz machen. Schließlich wurde es mit echtem Earl Grey Tee gebraut. Hinzu kommen noch die englischen Hopfensorten First Gold, East Kent Golding und Fuggles. Zusammengerührt wurde es in der Bierschmiede in Seefeld am Attersee. Kupferfarben glänzt das Bier im Glas. Es duftet wirklich nach Tee, der typische Bergamotte- und Orangennoten mit sich bringt. Auf der Zunge dasselbe Aromabild, kombiniert mit einem Hauch Karamell.

20161027_165003Ganz nach dem Motto: Das Beste kommt zum Schluss, hob ich mir eine 4,9-prozentige Freestyle Gose zum Finale auf. Der Wiener Trunk wurde in der Gablitzer Privatbrauerei in Gablitz, nur 20 Kilometer von der Donaumetropole entfernt, gebraut. „Lemon Thyme“ wurde mit Zitronensaft, Thymian, Indischem Koriander und Meersalz gewürzt. In diesem Jahr gewann diese österreichische Interpretation eines alten deutschen Bierstils sogar Platin beim „Meininger’s International Craft Beer Award“. Goldgelb strahlt das Indie-Bier im Glas. In die Nase strömen sofort die Noten der besonderen Zutaten: Thymian und Zitrone mit einer leicht salzigen Nuance. Am Gaumen moussiert die Gose fast wie Champagner. Schon im Antrunk dominieren Kräuteraromen. Die Spezialhefe und der Zitronensaft geben dem Trunk den typischen säuerlichen Geschmack. Sehr erfrischend! Dazu gesellt sich eine dezente Malzsüße. Diese Kombination bleibt noch lang in der Kehle zurück.

Fazit: Das Pale Ale ist super harmonisch und gefällt mir mit den tropischen Noten richtig gut. Kommt gut als gemütlicher Feierabendgenuss oder auch als sanfter Trunk für Zwischendurch. Das IPA dagegen ist schon sehr außergewöhnlich. In solch einer originellen Mixtur, habe ich noch nie zuvor ein IPA getrunken. Mal eine ganz andere Interpretation des Bierstils, wenn auch etwas gewöhnungsbedürftig. Am besten hat mir wirklich das letzte Bier geschmeckt. Die Gose ist total erfrischend und der Thymian überrascht mit ganz erstaunlicher Würze. Dazu ein frischgegrillter Fisch oder eine Meeresfrüchteplatte: Ein wahrer Gaumenschmaus. Ich werde mir auf jeden Fall auch die anderen Biere von Next Level Brewing besorgen und freue mich auf weitere Geschmackserlebnisse.

 

Craft-Bier-Fest Wien: Genuss-Event mit Absturzcharakter

Vielfältige Craft-Biere aus aller Welt
Vielfältige Craft-Biere aus aller Welt

Die Veranstalter des ersten Wiener Craft-Bier-Fests haben sich wohl einen der gefährlichsten Orte der österreichischen Hauptstadt für ihr Event ausgesucht. Am hochgelegenen Kai des Donaukanals, ohne jegliche Absicherung, zog sich das Festival etwa 300 Meter – open air – direkt am Wasser entlang. Wer hier nach erhöhtem Biergenuss ins Wanken kam hatte schlechte Karten. Bei feuchtkalten Temperaturen dürfte die Wassertemperatur kaum über fünf Grad gelegen haben – jeder Absturz ein Risiko. Zum Glück ging es beim Wiener Craft-Bier-Fest aber nicht um Schwimmwettbewerbe, sondern der Bier-Genuss stand an erster Stelle. Die gute Botschaft: Trotz miesem Wetter kamen rund 4000 Besucher und ersoffen ist an diesem Wochenende im Mai niemand.

Craft-Bier überall wo man hinsieht
Craft-Bier überall wo man hinsieht

Am Standort „Adria Wien“ trafen sich mehr als 30 heimische und internationale Brauereien, die über einhundert Spezialitäten präsentierten. Die Veranstalter – Martin Voigt, Micky Klemsch und Max Wurzer – sind mit dem Ergebnis der ersten Wiener Craft-Bier-Veranstaltung hochzufrieden, obwohl sie das Fest wegen Sturmwarnung und Ekelwetter sogar um einen Tag verkürzen mussten. Schon bei der Anreise durch überschwemmte Wiesen und Felder, hoffte ich, dass ich nicht mit dem Schlauchboot an die Theken rudern müsste. Während es noch vor Wien unaufhörlich schüttete, hatte Petrus dann aber ein Erbarmen. Trotz Kälte blieben die Sturzbäche in der Donau-Stadt aus.

Craft-Bier-Fest an der Wiener Adria
Craft-Bier-Fest an der Wiener Adria

Jeder Stand war gut besetzt und die Gläser gefüllt. Ich konnte mich gar nicht entscheiden, wo ich anfangen sollte. Also startete ich an der BrewDog Bar. Dort bestellte ich aber nicht die schottischen Kreationen die ich alle schon kannte, sondern von der US-Brauerei Rouge Farms das „7 Hops IPA“ mit acht Prozent und 90 IBU. Schmeckte ok, haut mich aber mich nicht vom Hocker. Gleich danach habe ich das Mikkeller „Peter, Pale & Mary“ probiert. Wow! Eine Fruchtbombe auf höchstem Niveau in Nase und Geschmack.

Mikkeller "Peter, Pale & Mary"
Mikkeller „Peter, Pale & Mary“

Mein nächstes Ziel: die Bierzauberei. Endlich konnte ich Günther Thömmes auch mal die Hand schütteln. Er schenkte mir seine „Gose“ ein. Durch die säuerliche Note eine echte Erfrischung und ein purer Gaumengenuss. Neben dem Bierzauberer-Zelt schenkte Malte Feldmann seine Spezialitäten aus dem Wiener Lichtenthaler Bräu aus. Er empfahl erst sein „West Coast Pale Ale“ und dann sein „Extra Special Bitter“. Beides absolut empfehlenswert!

Malte Feldmann von Lichtenthaler Bräu (links)
Malte Feldmann von Lichtenthaler Bräu (links)

Leider drängte die Zeit, da ich um 19 Uhr meinen Vortrag „Hopfenzauber: Was die kreativsten Craft-Biere auszeichnet“ im VIP-Kubus halten durfte. Danach ging es dann weiter an den Stand von Auxburg City Brewery und Brew Age, dessen ersten Kollaborationssud ich unbedingt verkosten wollte. Hier dröhnte ganz dem Image der Augsburger entsprechend, harte Rock-Musik aus den Lautsprechern, um die Laune der Gäste noch mehr anzuheizen. Das „Stoned Imperial Scotch Ale“ ist ein interessantes Bier mit dezenten Aromen, die beim ersten Schluck an Fasslagerung erinnern. Für den Geschmack erhitzten die Brauer einige Steine auf einem Grill, die angeblich das Malz besonders karamellisieren und somit besondere Noten hervorrufen.

Feiner Hopfen beim Verkosten
Feiner Hopfen beim Verkosten

Der letzte Stand in dieser Richtung war Brauschneider aus der österreichischen Wachau. Das IPA konnte ich mir nicht entgehen lassen. Angenehm leicht und fruchtig – tolles Einsteiger-Craft. Dann musste ich aber dringend zu meiner Präsentation. Das Glashaus, das an ein Aquarium erinnerte, war gut besucht. Leider war es dort auch nicht viel wärmer als Draußen.

Nach dem Vortrag standen noch einige Biere auf meiner Liste. Aber, wer kennt es nicht: Durch die interessanten und vielseitigen Gespräche die man an jeder Ecke führt, rennt die Zeit auf solchen Festen immer viel zu schnell dahin. Ein paar Stationen schaffte ich allerdings noch. Bei den Cultur-Brauern trank ich mit Seppi Sigl von Trumer sein „Hopfenspiel“, bei Stiegl probierte ich das „Wildshuter Sortenspiel“ und bei Brew Age noch den „Hopfenauflauf“.

Brew Age "Hopfenauflauf"
Brew Age „Hopfenauflauf“

Der abendliche Temperaturabsturz machte selbst die interessanteste Degustation dann so langsam grenzwertig. Schade, dass in Österreich seit einigen Jahren die Heizpilze verboten sind. So mancher hätte sich etwas zum Aufwärmen gewünscht. Bei der Kälte halfen irgendwann auch die hochprozentigen Stouts wie das „Old Rasputin Russian Imperial Stout“ von North Coast Brewing mit kräftigen Kakao- und Schokoladennoten nicht mehr. Zusammen mit einigen Craft-Bier-Fans zitterte ich dann später noch vor dem Flachbildfernseher, auf dem das deutsche Pokalfinale lief.

Foto: Mareike HasenbeckWetter hin oder her, die Veranstalter waren – trotz allem – von der Besucherzahl überrascht. Martin Voigt fand das Fest als Auftakt der österreichischen Craft-Bier-Bewegung einfach nur „super geil“. Sein Ziel: „Wir planen das Event künftig zwei Mal im Jahr zu realisieren. Die Vorbereitungen für den Winter laufen bereits – dann allerdings in einer warmen Location.“

Mein Fazit: Als Open-Air-Event – trotz Wetter – ein echt geiles Festival mit vielfältigen, einzigartigen und leckeren Craft-Bieren sowie vielen interessanten Brauern, Gästen und Gesprächen. Der österreichische Biermarkt mit seinen vielen neuen Spezialitäten scheint sich zu einer echten Vorzeigeszene in Europa zu entwickeln.

Craft-Bier-Fest in Wien
Craft-Bier-Fest in Wien