Emma – Biere ohne Bart: Sude mit Tannenwipfelsirup und angerösteten Kokosflocken

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Almut Zinn bei der Arbeit

Almut Zinn kam eher durch Zufall zum Bierbrauen. Reisen durch die USA brachten sie auf das Thema Craft-Bier. Zurück in der Heimat kaufte sich die Freiburgerin ein Homebrew-Kit und startete als Hobbybrauerin. Zinn las viel, braute viel und wurde nach eigenen Aussagen immer besser. Vor rund zwei Jahren entschied sie sich ihr eigenes Label „Emma – Biere ohne Bart“ zu gründen. Mit dem Namen – Emma ist ihr zweiter Vorname – will Zinn verdeutlichen, wer für die Kreativbiere ihrer Marke verantwortlich ist: Eine Frau. Seit 2016 mischt die Breisgauerin mit eigens interpretierten German Pale Ale, American Strong Ale, Amber Ale und Imperial Stout die deutsche Craft-Bierszene auf. Und es werden sicherlich noch viele weitere spannende Sude von Almut Zinn auf den Markt kommen.

 

Welche Eigenschaften zeichnen Deiner Meinung nach einen richtig gute Craft-Brauerin aus?

Es gibt starke Parallelen zur Kunst. Eine richtig gute Craft-Brauerin – wie auch Künstlerin – hat den Mut und die Kreativität, ihren eigenen Stil zu entwickeln. Dieser kann bunt, brutal, feinst ziseliert sein und den kalkulierten Zufall mitspielen lassen oder einer Planung bis ins kleinste Detail entspringen. Das Produkt muss dann auch nicht jeder mögen. Wer Biere für jeden brauen will, der wird schnell die langweiligen Produkte herstellen, die von den großen Brauereikonzernen produziert werden.

Was macht für Dich ein wirklich außergewöhnliches Bier aus?

Ich finde Biere außergewöhnlich und spannend, die mindestens eine seltene oder einzigartige Zutat besitzen. Zum Beispiel eine in mühevoller Kleinst- und Laborarbeit kultivierte wilde Haushefe, ein über besonderen Hölzern geräuchertes Malz, ein besonders gelungener Blend oder ein Bier, das monatelang Zeit brauchte um zu reifen. Toll sind auch natürliche Zutaten außerhalb des Reinheitsgebotes, vorausgesetzt sie sind überlegt eingesetzt. Ein außergewöhnliches Bier sollte selbstverständlich auch qualitativ hochwertig sein, ohne Fehlgeschmäcker und Braufehler.

Was war das schrägste Bier, das Du jemals getrunken hast?

Das schönste schrägste Bier habe ich auf der estnischen Insel Saarema getrunken. Es war ein „Koduölu“, das in seiner Herstellung mit dem finnischen Sahti verwandt ist. Es wurde über Wacholderzweigen geläutert und dann mit Bäckerhefe sehr warm vergoren. Es schmeckte nach einem frischen Bananen-Smoothie mit Haferflocken und vertiefte sich dann hin zu waldigem Aroma mit Salz und Lorbeer und etwas Kampfer, mit winzigen Highlights von Sumpf und Teer und Heidelbeermarmelade.

Mit welchen ungewöhnlichen Zutaten würdest Du gern einmal brauen?

Ich habe zu Hause auf meiner Versuchsbrauanlage schon Biere mit Earl Grey Tee, angerösteten Kokosflocken, selbst hergestelltem Tannenwipfelsirup, Sauerkirschen, Heidelbeeren, getrockneter karamellisierter Mango, Zitronenzesten und Basilikum gebraut. Mein Ziel ist es, diese Biere auch im größeren Maßstab zu brauen!

Was ist eigentlich Dein Lieblingsgericht und was trinkst Du dazu?

Ich habe viele Lieblingsgerichte. Hier eine Auswahl: Ceviche mit meinem „Kuckucksrot Sonderedition“, oder ein homemade Burger mit meinem „Zapotopaz“, Hirschbraten mit Polenta, Ofengemüse und meinem „Salto Orale“.

EmmaZapotopaz 

Wie siehst Du die Entwicklung der Craft-Bierszene in fünf Jahren?

Ich bin zuversichtlich, was die Entwicklung angeht. Wenn ich mich in der Craft-Bierszene umschaue, sehe ich extrem viele begabte, kreative, hochmotivierte Leute, die für ihre Biere leben, schuften und Bier- sowie Nicht-Biertrinker mit ihrer Begeisterung anstecken. Außerdem ist Craft-Bier nicht Bubble-Tea, sondern mindestens so hochwertig und vielschichtig wie Wein und es wird einfach nie langweilig werden. Man sieht ja auch, dass die Bier-Riesen langsam unruhig werden und versuchen, auf den Zug aufzuspringen. Aber im ganzen vergangenen Jahrzehnt hat eine Bewegung hin zum Konsum von transparent hergestellten Lebensmitteln von kleinen, lokalen, hochwertigen Produzenten stattgefunden, die nicht mehr rückgängig zu machen ist. Kaffee wird von immer mehr Leuten, die es sich leisten können, in kleinen, feinen Röstereien gekauft und nicht mehr im Supermarkt, warum soll das bei Craft-Bier anders sein?

Und was hast Du als nächstes vor?

Eine schicke Festival-Theke bauen und mir in meinem wohlverdienten Urlaub die Craftbier-Szene in Israel anschauen.

Session IPA: Sommer-Allrounder von Labieratorium & Lenny‘s Artisanal Ales

Labieratoirum East BreezeIm Sommer darf es gern mal etwas leichter sein. Als fruchtige Erfrischung zog ich kürzlich das Session IPA namens „East Breeze“ aus dem Kühlschrank. Dabei geht es um einen Kollaborationssud von Labieratorium aus Cottbus und Lenny’s Artisanal Ales aus Berlin. Gebraut haben die Crafties ihr bernsteinfarbenes, 5,1-prozentiges Ale mit hellem Karamellmalz, Pale Ale und Wiener Malz. Das hopfige Aroma kommt von den Hopfensorten Mosaic und Ariana.

Der Hopfenduft zeigt sich schon beim Einschenken. In die Nase strömen frische tropische Noten von Mango und Maracuja. Dazu kommen würzige sowie harzige Anklänge und ein Hauch von gelben Steinfrüchten. Im Antrunk fließt eine dezente Malzsüße über die Lippen, bis sich das Fruchtspiel erfrischend mit solider Kohlensäure auf der Zunge ausbreitet. Das Session IPA präsentiert sich auch hier mit den tropischen Aromen des Mosaic-Hopfens und den harzig-würzigen Noten vom Ariana, der noch Zitrus- und Aprikosennoten mitbringt. Im Abgang verabschieden sich schlanke 21 Bittereinheiten, die zwar dezent wahrnehmbar sind, aber wohl niemanden überfordern.

Fazit: Perfektes Sommerbier! Leicht, erfrischend, fruchtig und ein bisschen herb – was braucht man mehr bei 25 Grad und Sonnenschein? Das Session IPA ist ein toller Allrounder für jede Tageszeit, der kürzlich erst beim „Meininger Craft Beer Award“ die Silbermedaille gewann.

 

 

Sudden Death Brewing: Schlanker Fruchtmix

20180619_130455Sommer, Sonne, Durst: Was gibt es schöneres als an heißen Tagen ein leichtes, aber fruchtiges Bier zu genießen? Genau richtig war gerade das 4-prozentige Session IPA „Juice Willis” von Sudden Death Brewing vom Timmendorfer Strand zu Spargel in einer Kräutersauce. Gebraut haben die Nordlichter das Bier mit speziellen Gersten- und Weizenmalz, Haferflocken sowie Ale-Hefe. Für das Aroma packten sie vier fruchtige Hopfensorten dazu: Ekuanot, Azacca, Denali, El Dorado.

Das sonnengelbe, trübe IPA hat eine schneeweiße, stabile Schaumkrone, die das Bier optisch schon mal sehr attraktiv gestaltet. Es duftet fruchtig-frisch nach Birne sowie tropischen Früchten wie Maracuja, Ananas und Mango. Am Gaumen zeigt sich das Session IPA schön schlank mit einem hefigen Anklang, der dann von den Hopfennoten dominiert wird. Im Finish präsentiert sich noch eine gewisse Herbe mit 33 Bittereinheiten.

Fazit: Ein schlankes, fruchtiges und erfrischendes Session IPA, bei dem mir allerdings etwas die Balance fehlt. Die Nase verspricht mehr, als der Geschmack hält. Auf der Zunge war die Hefenote etwas zu überladend, bis dann die Fruchtnoten der tollen Hopfensorten durchdringen. Dennoch war es zum Essen ein Genuss.

 

Brauer-Portrait: Flügge Brauerei – „Wir lassen gern mal das Reinheitsgebot hinter uns“

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Biere von der Flügge Brauerei

Kennen gelernt habe ich die Flügge Brauerei aus Frankfurt am Main auf dem Craft-Bierfest im April in Stuttgart. Das war wohl auch einer der ersten öffentlichen Auftritte von Dominik Pietsch und seinem Kumpel Joachim – und eine tolle Entdeckung für mich. Eine neue Marke mit neuen spannenden Bieren. Dabei schrieben sich die Flügge-Macher auf die Fahnen, wilde und charakterstarke Sude zu brauen, die gern auch mal das Reinheitsgebot hinter sich lassen. So gilt als echter Sommertipp etwa „Fränk“, ein 3,2-prozentiges Sauerbier, vergoren mit norwegischer Hefe und anschließend auf Maracuja-Püree gelagert. Mit im Portfolio haben die Frankfurter auch Roggenbier, Imperial Stout und ein IPA, das mit 100 Prozent Brettanomyces-Hefe vergoren ist. Wer sich wundert, warum verschiedene Vögel auf den Etiketten prangen: Die Flügge-Macher sind bekennende Vogelfans.

Dominik Pietsch beatwortete die Fragen:

Welche Eigenschaften zeichnen Deiner Meinung nach einen richtig guten Craft-Brauer aus?

Eine große Portion Neugier, die Fähigkeit, über den Tellerrand (bzw. das Reinheitsgebot) zu schauen und einfach leckere, ausgewogene und handwerklich gut gemachte Biere zu brauen.

Was macht für Dich ein wirklich außergewöhnliches Bier aus?

Man trinkt sich als Bier-Nerd durch allerlei Sorten, und die haben auch alle ihren Charme und ihre Daseinsberechtigung. Aber ab und zu bleibt man regelrecht an einem Bier hängen und man wünscht sich, dass das Glas nie leer wird – entweder, weil es so gut runtergeht oder weil es einfach so wahnsinnig toll und neu schmeckt, dass man immer weiter trinken will. So einen Trunk würde ich dann als außergewöhnlich bezeichnen.

Was war das schrägste Bier, das Du jemals getrunken hast?

Schwierig, sich da auf das schrägste Bier zu beschränken. Ein Bier, was mir zuletzt als besonders schräg in Erinnerung geblieben ist, war das „Grie Soß“ von Glaabsbräu. Man denkt erst, das kann doch nicht funktionieren, dass man Kräuter der in Hessen bekannten Grünen Soße ins Bier zu bringen kann. Aber: es funktioniert!

Mit welchen ungewöhnlichen Zutaten würdest Du gern einmal brauen?

Hmm… also, sobald mir etwas Ungewöhnliches einfällt, probiere ich es immer erst auf unserer kleinen Brauanlage aus. Nicht wirklich ungewöhnlich, aber bei uns schwierig zu beschaffen sind z.B. englische Malze.

Was ist eigentlich Dein Lieblingsgericht und was trinkst Du dazu?

Jetzt gerade: Spargel, klassisch mit Kartoffeln und Sauce Hollandaise, dazu ein selbstgebrautes, leichtes Saison mit ca. 3,5 Prozent Alkohol. Das passt super.

Wie siehst Du die Entwicklung der Craft-Bierszene in fünf Jahren?

Das ist schwer abzuschätzen. Die aktuelle Entwicklung ist ja sehr positiv. Es kommen immer wieder neue, spannende Brauereien hinzu und mittlerweile arbeiten viele auch mit Brett-Hefen oder Lactos, was ich sehr begrüße. Bleibt nur zu hoffen, dass die Entwicklung und die Neugier in Deutschland nach neuen Geschmäckern anhalten. Ich bin da aber sehr optimistisch.

Und was hast Du als nächstes vor?

Wir haben gerade einen spannenden Sud zusammen mit dem Winzer Daniel Mattern angesetzt. Das Thema Bier/Wein-Hybrid interessiert mich schon lange, mal sehen, was draus wird – die Zwickl-Proben aus den Tanks sind schon richtig lecker! Außerdem würde ich mich gerne ans Thema „Fassreifung“ heranwagen. Und da wir als Brauerei ja noch nicht so lange existieren, wollen wir einfach erst mal so weitermachen und schauen, dass wir noch viele Menschen für unsere Biere begeistern können.

 

Partnerprogramm: Bierothek® sucht Partner(innen) zur Eröffnung neuer Filialen

B_Flyer_Franchise_Druck_V3_0518[Sponsored Post] Die Bierothek® – einer der führende Einzelhändler im Bereich Bierspezialitäten – sucht bierbegeisterte Partner(innen) zur Eröffnung neuer Ladengeschäfte, bevorzugt in Berlin, Hamburg, Köln oder Dresden.

Bereits 2014 eröffnete die erste Bierothek® in der selbsternannten Bierhauptstadt Bamberg. Als Bierfachhandel mit einer Auswahl von weit über 300 regionalen und internationalen Bierspezialitäten und einer kompetenten Beratung erfreute sich die Bierothek® von Anfang an reger Begeisterung der Bier-Interessierten. Seitdem wuchs die Bierothek® stetig weiter, sodass sie heute neun Standorte in vier Bundesländern zählt. Unter diesen neun Filialen befinden sich mittlerweile auch vier Franchise-Filialen, die von selbstständigen Unternehmern geleitet werden.

Die Bierothek® bietet den Partnern eine starke Marke, Erfahrung im Aufbau und Betrieb von neuen Läden, eine zentrale Beschaffung und Zugang zu exklusiven Bierspezialitäten, ein starkes Netzwerk, eine verlässliche Partnerschaft und Hilfe bei der Finanzierung und Standortsuche. Hierfür werden Persönlichkeiten mit Bierbegeisterung, unternehmerischen Denken, selbstständiger Arbeitsweise und Freude am Verkauf gesucht.

Um nun auch den Rest der Bundesrepublik mit außergewöhnlichen Bieren versorgen zu können, sucht die Bierothek® nach Partnern, die bevorzugt in den Städten Berlin, Hamburg, Köln und Dresden ein eigenes Ladengeschäft eröffnen möchten. Ebenso können bereits existierende Händler die Vorteile des Verbundes nutzen und im Rahmen einer Partnerschaft auf die Infrastruktur der Bierothek® zurückgreifen.

Informationen und Bewerbungen:

Bierothek GmbH

Hafenstr. 13 | 96052 Bamberg

Tel.: 0951/3017 8389

E-Mail: franchise@bierothek.de

www.bierothek.de/FranchisePartnerschaft

Deutschlands Top-Brauer: Markus Becke von Braufactum – „Die deutsche Craft-Bierszene ist auch internationale eine Bereicherung“

IMG_20180127_000902_228Craft-Bier lernte Markus Becke an der Uni in Berlin kennen. Dort studierte er Brauwesen. Einestages kam ein Gastprofessor aus den USA und schenkte den Studenten ein paar amerikanische Sorten zum Probieren ein. Becke war sofort begeistert und konnte Duft und Geschmack nicht mehr vergessen. Nach mehreren Stationen in Brauereien unterschiedlicher Größe, tobt sich der Braumeister heute kreativ bei Braufactum aus, eine der ersten deutschen Craft-Marken mit Sitz in Frankfurt am Main. Dort braut Becke neben sehr gut trinkbaren und hocharomatischen Brown Ale, Summer Ale und Grünhopfen-IPA auch Biere, die monatelang im Whisky- oder Barrique-Fass reifen.

 

Welche Eigenschaften zeichnen Deiner Meinung nach einen richtig guten Craft-Brauer aus?

Wissensdurst, Leidenschaft, Kreativität, Lebensfreude, Teamgeist und Aufrichtigkeit.

 

Was macht für Dich ein wirklich außergewöhnliches Bier aus?

Ein außergewöhnliches Bier braucht erst einmal Wissen und Können des Brauers. Dann kommt es auf die richtige Auswahl der Zutaten sowie auf Kreativität, Wissenschaft und Leidenschaft an. Das führt dann zu einem ausgewogenen, faszinierenden Endprodukt mit hoher Trinkfreude.

 

Was war das schrägste Bier, das Du jemals getrunken hast?

Eines der schrägsten, aber auch faszinierenden Biererlebnisse, war für mich die Verkostung eines im Yorkshire-Square vergorenem Real Ale der Black Sheep Brewery. Wir probierten es während meines Studiums in Berlin direkt aus einem kleinen Holzfass. Gezapft wurde vom angereisten Braumeister mit einer extra eingeflogenen Yorkshire-Pump. Ich war damals noch ziemlich unwissend, was es alles für tolle Biere außerhalb Deutschlands gibt. Mich hatte dieses warme, schale, ordentlich hopfengestopfte und überaus leckere Bier total umgehauen. Das war das absolute Gegenteil meiner damaligen Idealvorstellung eines „perfekten“, kalten, möglichst schlanken, perlendem Pils mit dicker Schaumkrone. Ich bin bis heute ein großer Freund der schottischen und englischen Ales und trinke mein Bier generell gerne etwas wärmer.

 

Mit welchen ungewöhnlichen Zutaten würdest Du gern einmal brauen?

Mit alternativen Mikroorganismen zur Gärung. Ich hatte vor ein paar Jahren mal erste Versuche unter anderem mit Zymomonas mobilis als ungewöhnlichen Gärer gemacht, allerdings bisher nicht weiterverfolgen können. Da warten noch bisher unentdeckte Aromen auf uns.

 

Was ist eigentlich Dein Lieblingsgericht und was trinkst Du dazu?

Träubleskuchen nach Rezept meiner Omi mit Framboise von Boon.

 

Wie siehst Du die Entwicklung der Craft-Bierszene in fünf Jahren?

Bezogen auf die deutsche Craft-Bierszene werden wir eine eigene Handschrift entwickelt haben die auch international anerkannt und geschätzt wird. Es gibt vermehrt Neuinterpretationen und Hybride-Bierstile wie z.B. Weizen IPA, Kooperation mit deutschen Destillateuren zur Fasslagerung wie etwa der Jägermeister Bock von David Hertl etc. Unsere Kunden können mit Freude und Wissen zwischen guter und schlechter Qualität, zwischen Kreativität und Abklatsch, zwischen traditioneller Handwerkskunst und Craft-Bier unterscheiden. Ihnen ist es wichtig wie gebraut wird, wer braut und was man von einem guten Craft-Bier erwarten kann. Das IPA wird irgendwann ein ganz normaler Bierstil sein. Aber klar ist: Die deutsche Craft-Bierszene ist international eine Bereicherung, man kocht nicht mehr nur im eigenen Sud. Viele gut ausgebildete Braumeisterkolleginnen und Kollegen sorgen dafür, dass Craft nicht mehr für Garage und Start-Up steht, sondern für kreative und verlässliche Qualität.

 

Und was hast Du als nächstes vor?

Da wir unsere Versuchsbiere nun auch als „Tagessuppe“ im BraufactuM Berlin ausschenken können und nicht mehr alles selber trinken müssen, kann ich wieder etwas mehr in der Versuchsbrauerei spielen und tüfteln. Nachdem wir uns mit Bierstilen aus England, Belgien und zuletzt mit einem amerikanischen West Coast IPA beschäftigt haben, spielen jetzt gerade die deutschen Wurzeln wieder eine größere Rolle. Mitte des Jahres wird es hierzu von uns eine Überraschung geben.

 

 

Bier.Kultur.Region: Innovativer Schulterschluss niederbayerischer Brauereien

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Die Brauer der „Bier.Kultur.Region“ (Foto: WEISSRAUM.media)

„Gemeinsam sind wir stark“ – unter dieser Devise feierten acht Brauereien, 17 Gastronomie- und Hotelbetriebe sowie eine Glashütte in Niederbayern gerade offiziell ihren Zusammenschluss als „Bier.Kultur.Region“. Neben regionaler DNA spannender Biere, wollen die Macher gemeinsam auch die Trink- und Tischkultur rund um den Biergenuss weiterentwickeln. Anheizer der Initiative ist Bernhard Sitter, Diplom-Biersommelier und Inhaber des „Bier- und Wohlfühlhotel Gut Riedelsbach“. Die erste Vision für dieses Projekt hatte er schon 2005. „Jetzt ist es endlich soweit“, freut sich Sitter.

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Fünf Hopfensorten stecken im Kollaborationssud (Foto: WEISSRAUM.media)

Bei der Einstandsfeier in dieser Woche beim Apostelbräu in Hauzenberg stellten die Brauereien aus den niederbayerischen Landkreisen Passau und Freyung-Grafenau auch gleich ihren ersten Kollaborationssud vor. Für den Auftakt entwickelten die Brauer ein spezielles Starkbier aus Weizen-, Pilsner-, Dinkel- und Cara Amber-Malz sowie fünf verschiedenen Hopfensorten: Mandarina Bavaria, Ariana, Cascade, Opal und Sorachi Ace. Flaschengärung rundet den „Hopfenklang – Partitur 1“, wie das Bier heißt, aromatisch ab.

IMG_20180507_231143_672Das Ergebnis leuchtet bernsteinfarben durch das Glas, das extra für das Event von der Glashütte „Eisch“ in Frauenau angefertigt wurde. Getoppt ist das 6,8-prozentige Starkbier von einem feinporigen, cremigen und beigefarbenen Schaum. In die Nase strömen Noten von Kokos, Grapefruit, Orange und Banane. Dabei spielt ein blumiger, würziger und hefiger Anklang mit. Auf der Zunge moussiert das obergärige Bier und breitet sich samtig-weich aus. Es zeigt sich ein Aromaspektrum von Aprikose, Zitrone, reifer Banane, Birne und Ananas, gepaart mit einer angenehmen Malzigkeit. Im Finish taucht neben einer dezenten Hopfenbittere noch ein zarter nussiger Grundton auf.

Fazit: Erst einmal großen Respekt für das Projekt, mit dem die Bierszene einer Region gemeinsam vorangetrieben wird. Mit ihrem ersten Wurf „Hopfenklang“ haben die Macher auch gleich gezeigt, dass sie nicht nur Wert auf Tradition, sondern auch auf Kreativität und Authentizität legen. Die „Bier.Kultur.Region“ plant weitere Mitglieder aufzunehmen und regelmäßig gemeinsame Sude zu brauen. Ich freue mich schon auf die nächsten Biere, die aus dieser Kooperation entstehen!

 

 

 

Deutschlands Top-Brauer: Simon Rossmann von Giesinger Bräu – „Außergewöhnliches Bier muss sensorisch umhauen“

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Simon Rossmann vom Giesinger Bräu und ich beim Zwickeln

Simon Rossmann hat schon einen besonderen Job. Er arbeitet als Produktionsleiter bei der ältesten Craft-Brauerei in München: dem Giesinger Bräu. Vor zwölf Jahren wurde die Marke in einer Garage aus der Taufe gehoben, heute gilt die Biermanufaktur mit Bräustüberl, Rampe und Stehausschank schon als Kultstätte. Hinter den Spezialitätenbieren wie Märzen, Pils, Weißbier und diversen Böcken sowie den Craft-Sorten wie Triple oder Altbier steht Simon. Seine Kreativität und Leidenschaft für das Produkt spürt man nicht nur auf der Zunge. Die Brauerei vergrößert sich und bald wird es auch einen Biertruck vom Giesinger geben.

 

Welche Eigenschaften zeichnen Deiner Meinung nach einen richtig guten Craft-Brauer aus?

Kreativität, Offenheit und tiefgründiges Fachwissen.

 

Was macht für Dich ein wirklich außergewöhnliches Bier aus?

Ein außergewöhnliches Bier muss für mich immer einen Überraschungseffekt haben. Es muss mich sensorisch umhauen.

 

Was war das schrägste Bier, das Du jemals getrunken hast?

Da gabs echt schon einige: Mit Austern, mit Pizza, mit Sauerkraut, mit Bretzeln, mit Gurke, technischen Enzymen…

 

Mit welchen ungewöhnlichen Zutaten würdest Du gern einmal brauen?

Hab schon so viele Biere mit anderen Zutaten außer Wasser, Malz, Hopfen und Hefe gebraut, da bin ich momentan eher entspannt was das angeht.

 

Was ist eigentlich Dein Lieblingsgericht und was trinkst Du dazu?

Das wechselt, aber zurzeit ist es der Süßkartoffel-Burger von meiner Frau. Dazu genieße ich ein schönes Märzen.

 

Wie siehst Du die Entwicklung der Craft-Bierszene in fünf Jahren?

Craft-Bier-Brauereien müssen sich klar werden, was sie eigentlich wollen, um auf dem Markt in Zukunft bestehen zu können. Ich denke die, die es wirklich ernst meinen, die sehen wir auch noch in 5 Jahren.

 

Und was hast Du als nächstes vor?

Technische Planungen zu unserem Neubau-Projekt fertigstellen.

Turning Wheels Craft Brewery: Starke Sude aus pazifischer Inselwelt

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Credit: Turning Wheels Craft Brewery

Für deutsche Craft-Bierfans sind die Philippinen wahrscheinlich absolutes Niemandsland. Bislang nur als Urlaubsziel mutiger Backpacker bekannt, entwickelt sich das Archipel im Pazifischen Ozean mit seinen fast 8000 Inseln und mehr als 100 Millionen Einwohner, jedoch gerade zu einem Geheimtipp für Liebhaber kreativer Mikrobrauereien. Während sich der Bierkonsum dort bislang nur eher mäßig entwickelte und sich Besucher meist nur mit Standardpils von San Miguel beglücken können, entdecken viele Philippinos – aller politischen Krisen zum Trotz – gerade ihre Liebe zum Bier. Immerhin gibt es nach aktuellen Zahlen inzwischen mehr als 250 verschiedenen Biertypologien aus rund einem Dutzend Brewpubs und 24 bemerkenswerten Microbreweries.

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Die Sudkessel (Credit: Tunring Wheels Craft Brewery)

Eine der ersten und wahrscheinlich bekanntesten Braustätten im Pazifikstaat ist die „Turning Wheels Craft Brewery“. Die 2014 eröffnete Craft-Schmiede befindet sich auf dem Eiland Cebu in Cebu City, wo im 16. Jahrhundert die erste spanische Siedlung auf den Philippinen gegründet wurde. Chef und Brauer ist Michael Nikkel, ein gebürtiger Amerikaner aus Los Angeles, der aus Liebe zu einer Frau auf der Inselgruppe strandete und blieb. Sie war letztlich auch diejenige, die ihn zum klassischen Werdegang als Craft-Brauer animierte: Nikkel startet als Hobbybrauer in einer Garage und sein Markenname „Turning Wheels“ entstammt passend zu einer weiteren Leidenschaft, dem Fahrradfahren.

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Michael Nikkel, Gründer von Turning Wheels, auf dem Craft-Bierfest in Manila

Heute produziert der Wahl-Philippino mit 260 Litern pro Batch zwar noch keine großen Mengen, dafür pflegt er die Leidenschaft zum Experimentieren. In seiner Kellerbrauerei stehen vier glänzende Gärtanks aus Edelstahl. Damit entwickelt Nikkel mit unterschiedlichen Hefe-Stämmen, frischen Früchten vom Markt und lokalen Gewürzen gänzlich neue Sudprofile. Bei Hopfen, Malz und Hefe muss der Turning Wheels-Chef so wie die meisten Brauereien auf den Philippinen, jedoch auf Importware zurückgreifen. Das sei kein Problem, denn sein Hopfen-Dealer aus der Hauptstadt Manila schaffe ihm eine passende Auswahl an US-Sorten heran. „Mit hocharomatischen US-Hopfen kann ich auch fern der Heimat großartige West Coast IPAs brauen“, bekräftigt Nikkel.

Und das hat er bereits eindrucksvoll bewiesen. Momentan führt der Nachwuchsbrauer zwei Biere dieser Art im Sortiment, die sich wahrlich sehen lassen können. Als Musterbeispiel für ein West Coast IPA sieht Nikkel sein kupferfarbenes „Mountain King IPA“ mit sieben Prozent und 65 Bittereinheiten. Es duftet und schmeckt nach Grapefruit und Ananas – mit ganz speziellen Insel-Touch. Die härtere Variante heißt „Backbone Double IPA“. Dieses Ale besitzt 8,5 Prozent Alkohol und 85 IBU. Auf der Zunge tanzen Aromen von tropische Früchte wie Ananas und Mango, dazu gesellt sich eine kräftige Grapefruitnote. Ein echtes Hammerbier ist das „Singlespeed Imperial Stout“ mit satten 9,3 Prozent. Das vollmundige Stout bringt Noten von gerösteten Kaffeebohnen, Schokolade, Dörrobst und eine angenehme Malzsüße an den Gaumen.

Selbst diese starken Sude bieten bei tropischen Temperaturen einen wahrhaft frischen Hochgenuss für anspruchsvolle Craft-Bierfans. Gerade erst brachte Nikkel auch eine Saison-Serie heraus: Die reguläre Version hat 6,3 Prozent, die aufgepimpte Variante schon zehn und das ganz neue Black-Saison sogar starke zwölf Umdrehungen. Als nächstes will er neben seiner Garage einen Biergarten errichten und plant schon mal ein erfrischendes Witbier für erschöpfte Radfahrer. Voller Optimismus blickt der Brauer in die Zukunft: „Es steckt wahnsinnig viel Potential im philippinischen Markt, aber zuerst müssen wir die Begeisterung der Leute für Craft-Biere weiter ankurbeln.“

 

Erschienen im Meiningers CRAFT Magazin für Bierkultur.