Covid-19 trifft auch die Craft-Bierbranche hart. Mit Kurzinterviews möchte ich die Community auf dem Laufenden halten, was bei Brauern, Biersommeliers, Händlern, Gastronomen und Bloggern derzeit passiert und wie all diese tollen Menschen mit dem Virus-Wahnsinn umgehen. Heute ging meine Mail an Stefan Stretz von Schanzenbräu in Nürnberg.

Hallo Stefan, wie wirkt sich die Corona-Krise auf Euer Tagesgeschäft aus?
Unser Tagesgeschäft ist von Ungewissheit geprägt, wie das vieler anderer Kollegen auch. Wir sind zur Zeit viel am Telefon, sprechen mit Großhändlern und Getränkefachhändlern, mit den Banken, Unternehmensberatern, der Stadt Nürnberg, den Wirten, den Schaustellern und den Endkunden. Das hat zur Folge, dass wir uns mittlerweile weniger als Brauer, sondern vielmehr als Vollzeit-BWLer fühlen. Auf dem Tagesprogramm steht jetzt: Absatzzahlen vergleichen und bewerten, Liquiditätsberechnungen kalkulieren, Besprechungen und mit Zahlen jonglieren. Wir haben Notfall-Teams gebildet, die dann die Produktion weiterführen könnten, falls uns das Virus erwischen sollte. So lange noch alle gesund sind, befinden sich drei Leute rotierend zu Hause und im Betrieb. Derzeit wird weiter gebraut. Tanks und Lager sind voll, aber es bewegt sich wenig auf dem Hof. Dennoch bedienen wir die Großhändler, entsprechend ihrer Nachfrage, und liefern einige Kunden selbst an. Als Unternehmer stellt man sich täglich die Frage, wie es wohl weitergeht.
Welche Probleme entstehen durch die Schließung der Bars, Taprooms und Restaurants?
Durch Schließung der Gaststätten und Wegfall der Feste sowie Kirchweihen haben wir natürlich einen Umsatzrückgang zu verzeichnen. Wir haben den Lagerverkauf der Brauerei komplett geschlossen und versuchen so unsere Produktion und die Mitarbeiter bestmöglich zu schützen. Dadurch fehlt uns der Umgang mit dem Endkunden und unseren Wirten. Wir haben einen Gastronomie- bzw. Veranstaltungsanteil von etwa 25 Prozent. Natürlich hoffen wir, dass die Kunden unser Bier weiterhin zu Hause trinken. Manche Wirte verkaufen unser Bier als „take away“ zu ihren Gerichten. Jeder Euro zählt.
Jede Krise hat Sieger und Verlierer. Was lernen wir aus der jetzigen Situation?
Liquidität ist alles, aber das war schon immer so und wird auch so bleiben. Kosten und exakte Planung im Blick haben gilt als oberste Priorität. Es müssen auch unangenehme Entscheidungen getroffen werden. Wir müssen zusehen, dass unser Bier weiterhin preisstabil im Markt bleibt. Rabatte sind keine sinnvolle Maßnahme, um im Rennen zu bleiben. Und: Neue Absatzmärkte müssen generiert werden, wie auch immer.
Wie sieht der Craft-Biermarkt nach Covid-19 aus?
Wenn nun die Handelsketten eine Kiste mit zwanzig 0,5-Flaschen für zehn Euro raushauen, dann wird es schon schwierig als kleiner und mittelständischer Brauer dagegen zu halten. Die Brauereien, die zu sehr spezialisiert sind, werden es schwer haben. Jetzt ist Kreativität angesagt, die sich durchsetzen wird. Aber ich denke, dass treue Kunden auch in der Krise zu ihrer Brauerei halten. Diejenigen, die trinkbare Craftbiere anbieten, werden es einfacher haben. Kreativbrauer werden weiterhin ihre Nische im Markt behalten.