“Sink the Bismark”, “Nuclear Penguin” und “End of History”: Was sich liest wie eine Ankündigung der aktuellsten Hollywood-Blockbuster, markiert den Wettstreit um die stärksten Biere der Welt.

Starkbiere haben hierzulande eine jahrhundertealte Tradition. An frostigen Wintertagen wärmten sie einst die Seelen trinkfreudiger Mönche, die den würzigen Trunk der Legende nach erfanden. Was jedoch noch heute bei exzessiven Starkbierfesten so manchen Jungmann aus den Schuhen haut, ringt echten Hardcore-Fans der Craft-Community nur ein müdes Lächeln ab. Bei ihnen liegen handwerklich gebraute Malzsäfte mit rekordverdächtigen Alkoholprozenten im Trend. Dabei werden dem Bier durch spezielle Einfrierungsprozesse wasserhaltige Kristalle entzogen. Übrig bleibt eine hochprozentige, fast ölige Essenz mit biertypischen Aromen.
Experimentierfreudige Craft-Brauer betreiben seit einigen Jahren eine Rekordjagd nach dem weltweit stärksten Trunk. Die aktuelle Messlatte liegt bei 57 Prozentpunkten. Aber lässt sich eigentlich noch von Bier sprechen, wenn der Alkoholgehalt auf Spirituosenniveau liegt? „Es geht um eine Erweiterung unseres Verständnisses von Bier“, sagt Georg Tscheuschner, Chef von Schorschbräu, der sich auf hocharomatische Alkoholbomben – ganz nach deutschen Reinheitsgebot – spezialisiert hat. Der Franke führte gegen die schottischen Punk-Brauer von Brewdog einen beispiellosen Kampf um die begehrte Trophäe, das stärkste Bier der Welt zu brauen.
Der Waffengang von Highlandern und Franken begann vor etwa sieben Jahren, als Brewdog den 31-prozentigen Eisbock von Schorschbräu mit ihrem 32-prozentigen „Tactical Nuclear Penguin“ attackierte. Tscheuschner konterte umgehend mit 40 Umdrehungen. Daraufhin legte Brewdog mit einem 41-prozentigen „Quadruple-IPA“ unter dem Namen „Sink the Bismarck“ nach. Die Schotten wollten damit an das deutsche Kriegsschiff erinnern, das die britische Marine einst vor ihrer Küste versank. Doch die Franken zeigten sich von solchen Bosheiten unbeeindruckt und legten mit einem weiteren Bock nach, der mit 43 Prozent den Gegner erneut in die Schranken verwies. Prompt folgte der Konter: Mit ihrem 55-prozentigen „The End of History“ läuteten die Schotten selbstredend das Ende der Kampfhandlungen ein. Tscheuschner nahm den Fehdehandschuh erneut auf: Mit seinem honigsüßen „Schorschbock 57“ und knallharten 57 Umdrehungen brach er alle Rekorde und gilt bis dato als Sieger des Scharmützels.
Abseits dieses Getümmels mischt auch die Bostoner Samuel Adams Brauerei im Markt der hochprozentigen Biere mit. Seit nunmehr 15 Jahren bieten die US-Brauer in wechselnden Versionen ihr weltbekanntes „Utopias” an. Das aktuelle Strong Ale wurde aus Fässern verschiedener Jahrgängen verschnitten und zeichnet sich durch schlichte 28 Prozent aus. Es bringt zwar kein biertypisches Prickeln an den Gaumen, dafür überrascht ein Aromaspektrum von Toffee, Honig, Feige sowie Schokolade, Vanille und exotischen Gewürzen. Immer wieder sahnt das streng limitierte „Utopias“ internationale Award-Trophäen ab und im Internet werden – passend zum Namen – utopische Preise für die Rarität geboten.
Auf ganz besondere Sud-Experimente setzt auch Brewmeister aus Schottland, allerdings nicht allein auf Basis von Hopfen und Malz. Ihr „Snake Venom“ schafft es auf schweißtreibende 67,5 Alkoholprozente. Doch im Wettbewerb um das weltweit stärkste Bier kann Brewmeister nicht antreten. Ihr Sud ist mit purem Alkohol vermischt. Das gilt auch für die belgische Brouwerij`t Koelschip und ihr 60-prozentiges „Start the Future“ sowie das auf gleicher Rohstoffbasis produzierte „Mystery Beer“, das es sogar auf gefährliche 70 Prozent schafft. Allerdings wurde angeblich beiden Suden hausdestillierter Rohwhisky beigemischt. Der Blindenhund lässt freundlich grüßen.
Erschienen im MEININGERS CRAFT MAGAZIN.
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