Mikes Wanderlust: Hopfenkraft aus Niederbayern

mikes-wanderlust-hasta-callistaMichael Sturm liebt nicht nur traditionelle Biere. Der Braumeister und Biersommelier des niederbayerischen Krieger Bräus in Landau an der Isar zaubert neben köstlichen Weißbieren, Dunklem und saisonalen Festbieren auch Craft-Bier aus dem Kessel. Seit wenigen Jahren braut er unter der Marke „Mikes Wanderlust“ ganz besondere Sude – darunter tiefschwarzes Stout, fruchtige Ales und Sorten, die er im Fass ausbaut. Dabei entfaltet sich der 34-Jährige total kreativ. Ich hatte kürzlich sein Single Hop Pale Ale namens „Hasta Callista“ im Glas.

Das fünfprozentige Bier leuchtet in einem goldenen Orangeton mit einem schönen, feinporigen Schaum im Glas. Schon beim Einschenken strömen fruchtige Aromen durch den Raum. Da komme ich mir fast vor, als stünde ich in einer Obstplantage. Ein Bukett von Birne, Grapefruit, Maracuja sowie Pfirsich und ein Anklang von süßen roten Beeren flutet die Nase. Hier merkt man schon im Geruch, dass der neue deutsche Callista Hopfen wirklich die Seele dieses Pale Ales darstellt. Das Mundgefühl ist frisch, ein bisschen prickelnd sogar. Auch über die Zunge schwimmt nun ein wahrer Fruchtcocktail. Noten von Birne und Maracuja, aber auch Stachelbeere und Sternfrucht schwirren die Kehle runter. Zarte 34 Bittereinheiten runden das Finish ab.

Fazit: „Hasta Callista“ ist ein Ale, das den Hopfen zum Star macht und zeigt, was die Sorte kann. Das mag ich. Dazu kommen Frische und eine wirklich hohe Trinkbarkeit. Eigentlich ein perfektes Sommerbier. Aber auch im Winter ein prima Feierabend-Drink und ein Begleiter zur leichten Küche.

Wet Hop Ale: Die spannendsten deutschen Grünhopfen aus 2016

Manchmal kann ich mich einfach nicht entscheiden. Eigentlich wollte ich nur ein Grünhopfen-Bier zum Favoriten aus 2016 vorstellen. Doch haben mich zwei Ales so angemacht, dass ich mich nicht auf nur eines festlegen möchte. Aber was ist eigentlich ein Grünhopfen-Bier? In den meisten Fällen, reisen die Brauer selbst ins Hopfengebiet, holen sich die Dolden direkt vom Feld und geben sie innerhalb weniger Stunden unbehandelt in den Sud.

20161118_131328.jpgGenau so war das auch bei meinem ersten Favoriten namens „Frischer Traum“. Der Trunk wurde im Riedenburger Brauhaus in Niederbayern von Maximilian Krieger zusammen mit Oliver Wesseloh von der Kehrwieder Kreativbrauerei aus Hamburg gebraut. Seit nun drei Jahren tüfteln die beiden Brauer einmal pro Saison gemeinsam an einem Wet Hop Ale. Dieses Mal hat es 5,7 Prozent und ist aromatisiert mit Bio-Cascade Hopfen. Kupferfarben strahlt es aus dem Glas. Beim ersten Schnuppern strömen überwiegend grasige Noten in die Nase. Dann aber entwickelt sich ein schönes harmonisches Fruchtbukett mit Zitrusnuancen und einem dezenten Anklang von Litschi. Am Gaumen erfrischt das Traumbier erst einmal. Schon im Antrunk ist es allerdings deutlich herb. Am Gaumen spielen dann die Fruchtnoten des deutschen Cascades: Limone, Grapefruit und Litschi. Im Finish verabschiedete sich der Kollaborationssud mit 55 Bittereinheiten, die ganz schön ordentlich sind. Novizen mit empfindlicher Zunge könnten hier schnell überfordert sein.

IMG_20161212_214224.jpgDas zweite Top-Wet Hop aus dem vergangenen Jahr kommt aus der Berliner Berg Brauerei. Hierbei geht es um ein India Pale Ale mit 6,9 Prozent, dass mit den Sorten Comet und Cascade gehopft ist. Golden glänzt es im Glas. Schon beim Einschenken wabern fruchtig Noten durch die Luft. Das Hauptstadt-IPA duftet nach einem Mix aus roten Beeren, tropischen Früchten sowie einem Touch von frischgemähter Wiese. Am Gaumen zeigt dann der Hopfen noch mal so richtig was er kann: grün-grasige, heuartige Noten zielen auf eine leichte Herbe und Aromen von Maracuja sowie der Beerengeschmack runden das Aromaspektrum ab.

Fazit: Beides sind tolle Ales, an denen man erkennt, was frische Hopfensorten direkt vom Feld so draufhaben. Der „Frische Traum“ setzt vor allem auf einen bitteren Stil, während dieser sich im Berliner Ale deutlich zurückhält, dafür aber die Frucht in den Vordergrund stellt. Im Nachhinein  finde ich, dass man die beiden Biere eigentlich nicht miteinander vergleichen sollte, denn sie überzeugen vor allem durch ihren individuellen Charakter. Aber es lohnt sich wirklich, beide mal zu probieren.

Super Freunde: Ein Super-Ale für den super Feierabend

img_20161118_182747In wahrscheinlich keiner anderen europäischen Stadt gibt es so viele Hotspots für Craft-Jünger wie in Berlin. Hier gibt es die meisten Kneipen, die meisten Braustätten und ganz schräge Biere. Eine der heißesten Anlaufstellen ist seit 2015 ein kleiner Laden im In-Viertel Friedrichshain mit dem ungewöhnlichen Namen „Frenc heartcrafted goods“. Den Gründern Michael und Stefan war von Anfang an klar, dass sie ein eigenes Hausbier brauchen: Ein Pale Ale. Nach reichlich Szene-Lob beschlossen die Connaisseurs schnell, dass es an der Zeit war auch eine eigene Biermarke auf den Markt zu bringen. Der Name: SuperFreunde.

Und dieses Berliner Pale Ale hatte ich kürzlich im Glas. Optisch macht das Etikett mit dem schwarz-weiß Spiel schon mal echt was her. Das „Super Ale“ kommt auf 5,9 Prozent Alkohol und wurde mit fünf Hopfensorten gebraut. Darunter der Klassiker Cascade, aber auch Columbus, Pilgrim, Centennial und Styrian Golding aus Slowenien, auch genannt Celeia. Kupferfarben scheint es durch das Glas, komplementiert durch eine schneeweiße Schaumkrone. In die Nase strömen Zitrusnoten von Limone und Orange sowie etwas Pfirsich, Pinie und zarte Karamellnuancen.

Auf der Zunge zeigt sich das Super-Ale mit einem frischen aber vollmundigen Körper. Es schmeckt grasig-würzig mit einer nussigen Komponente und einer gewissen Harzigkeit. Klar gesellen sich aber bei der Hopfengabe auch noch Zitrusaromen von Mandarine und Orange dazu. Eine feine Bittere rundet das Gesamtbild ab.

Fazit: Ein frisches und fruchtiges Pale Ale, das wirklich gut ausbalanciert ist. Nichts ausgefallenes, aber ein tolles Bier mit hoher Trinkbarkeit für den Feierabend oder einfach mal für zwischendurch. Das Pale Ale ist vermutlich erst der Anfang. Ich bin wirklich gespannt, was von den Superfreunden noch als nächstes auf den Markt kommt.

Top-Brauer: Oliver Wesseloh von Kehrwieder Kreativbrauerei, der vom Bier berührt werden will

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Oliver Wesseloh – Copyright: Julia Schwendner

Er war nicht nur Weltmeister der Biersommeliers. Oliver Wesseloh von der Kehrwieder Kreativbrauerei ist auch Buchautor und braut mit „Wow-Effekt“einige der besten IPAs in Deutschland. Der Hamburger lebt quasi das Thema Bier mit allen Sinnen und zählt daher für mich zu den besten Brauern der Nation.

 

Wann hast du dein erstes Bier gebraut und wie ist es geworden?

Hmm, da muss ich wirklich kurz überlegen… ich glaube technisch gesehen habe ich das erste Mal während meines Praktikums in der Hamburger Hausbrauerei Gröninger gebraut. Das erste eigene Bier braut ich dann zusammen mit Kommilitonen in Berlin – dabei ist die neugierige Katze einer Kommilitonin in die Maische gesprungen. Sie war aber auch sehr schnell wieder draußen. Trotz den Umständen, schmeckte das Bier echt gut.

 

Wie bist Du eigentlich auf den Namen Kehrwieder Kreativbrauerei gekommen?

Als Hamburger wollten wir unsere Verbindung zur Stadt zum Ausdruck bringen. Die Kehrwiederspitze war die alte Hafenausfahrt und der Legende nach haben hier die Seefahrer-Frauen ihre Männer mit dem Wunsch „kehr wieder“ auf große Fahrt verabschiedet. Das passt natürlich perfekt zu unserer eigenen Geschichte: wir sind lange in der Welt unterwegs gewesen und haben viele Erfahrungen und Eindrücke gesammelt. Als der Plan reifte eine eigene Brauerei zu starten gab es für uns als Hamburger keine große Überlegung, wo man so ein Projekt startet – man kehrt wieder Heim! Abgesehen davon, hoffen wir unseren Beitrag dazu zu leisten, dass nach Hamburg zumindest ein Teil der Biervielfalt wiederkehrt die es hier einmal gab – auch wenn es noch ein langer Weg ist zu den 500 Braustätten die es zur Blütezeit der Hanse hier gab.
Kreativbrauerei ist wiederum unser Ansatz um unsere Philosophie und Anspruch darzustellen. Uns war damals schon klar, dass der Begriff „Craft Beer“ bzw. „Craft Brewery“ in Deutschland nicht funktionieren kann und wenn wir uns anschauen wie der Begriff heute vergewaltigt wird, sind wir sehr froh, uns von Anfang an davon distanziert zu haben.

 

Was macht für Dich ein wirklich außergewöhnliches Bier aus?

Es muss mich berühren! Auch wenn man schon viele tolle Biere probiert hat, gibt es immer mal wieder welche die einen „Wow-Effekt“ auslösen. Die einfach so spannend sind, dass sie einen bleibenden Eindruck hinterlassen und man (fast) alles dafür tun würde um sich ein paar für den eigenen Keller zu sichern.

 

Welchen Biertyp trinkst Du am liebsten und warum?

Sorry, aber das kann ich wirklich nicht so vereinfachen – das hängt viel zu sehr von der jeweiligen Situation ab. Aber ich versuche mal zwei Gruppen zu bilden: auf der einen Seite sind da Biere die eine sehr hohe „Trinkbarkeit“ mit genau so viel Charakter verbunden, dass sie spannend aber nicht aufdringlich sind. Die man quasi immer entspannt nebenbei trinken kann ohne dass sie langweilig werden. Zu der Gruppe zählt für mich z.B. das Sierra Nevada Pale Ale und unser Prototyp. Auf der anderen Seite sind da die Biere die eine unglaubliche Komplexität und ganz viel Facetten mitbringen. Biere die man nicht mal eben so trinken kann, für die man sich Zeit nehmen muss um sie zu entdecken so wie Firestone Walker Anniversary oder Rodenbach Vintage.

 

Was sind Deine Lieblingshopfensorten?

Mosaic, Simcoe, Callista, Hüll Melon, Saazer… – und mit jedem SHIPA kommen neue dazu.

 

Welche Eigenschaften zeichnen Deiner Meinung nach einen richtig guten Craft-Brauer aus?

Unmenschliche Belastbarkeit, Frustrationstoleranz, den Mut ständig neues zu wagen, gegen den Strom zu schwimmen, sich selbst und die Welt um einen herum ständig zu beobachten und zu hinterfragen sowie den absoluten Willen zur Perfektion.

 

Was war das schrägste Bier, das Du jemals getrunken hast?

Hmm, da gab es sicher einige, da ich ja (fast) alles probiere was ich in die Finger bekommen kann. Aber Dogfish Head „Chocolate Lobster“ ist sicher ganz weit vorne. Naja, und eben das mit der Katze…

 

An welchem Ort der Welt würdest Du mit Deinem besten Freund gern ein Bier trinken?

Tja, prinzipiell würde ich mich schon mal freuen wenn ich überhaupt die Zeit hätte mit meinem besten Freund mal wieder ein Bier zu trinken – wo ist da völlig nebensächlich.

 

Und was hast Du als nächstes vor?

Brauerei erweitern, noch mehr Rezepte die mir im Kopf rumspuken ausprobieren, Lobbyarbeit leisten, Neubau planen…

 

Neue Bierwerkstatt: Hopfenhacker öffnet seine Pforten

20161123_174048In München tut sich was. Gestern eröffnete im Szeneviertel Haidhausen eine neue Brauerei. Nicht zu übersehen, hat Braumeister Werner Schügraf den Eingang zum sonst eher versteckten Hinterhof mit dem Logo seiner Marke „Hopfenhacker“ plakatiert. Draußen wabert Grillgeruch – es gibt Pulled Pork und Pulled Gans – und drinnen dominieren die Aromen von Hopfen und Malz. „Jetzt duftet es endlich nach Bier“, sagt der Braumeister freudig. Vorher war hier eine Bäckerei drin und es roch ziemlich unangenehm nach Schmalz.

Dem wahren Craft-Kenner ist die Marke vielleicht gar nicht so unbekannt. Seit einiger Zeit schenkt die Berliner Location „Meisterstück“ schon Hopfenhacker Biere aus, die Schürgraf erst auf einer kleinen Anlage im Südwesten von München braute. Jetzt verwirklichte der Diplom-Braumeister sich seinen Traum der eigenen richtigen Biermanufaktur. Frisch vom Fass zwickelte er gestern den Gästen seine Hanfblüten Weisse. Ja, da ist tatsächlich Hanf drin. Schmeckt ziemlich süffig und dezent hopfig. High wird man wohl aber erst nach ein paar Halben – aber dann nur wegen des Alkohols. Die anderen Sorten zapfte der aus Berlin angereiste Patrick vom Meisterstück-Team.

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Der Braumeister beim Zwickeln

Insgesamt bietet der Hopfenhacker jetzt sechs Biere an. Darunter drei „normale“ Sorten wie das „Handgehopfte Helle“, die „Hanfblüten Weisse“ und ein Märzen namens „Roter Münchner“. Dazu kommen aber noch ein paar kreative Sude. Der „Rote Wuiderer“ ist ein West Coast Ale mit Amarillo, Centennial und Citra Hopfen: Blumig, fruchtig, leicht malzig. „IP Brother’s IPL“ ist noch fruchtiger und hat es mit 7,5 Prozent auch ganz schön in sich. Kann man aber gut trinken. Gebraut ist es mit Amarillo, Centennial, Citra, Chinook und Taurus. Und dann gibt es noch „Kill Bill“. Hat zwar nur 4,4 Prozent, drin steckt aber Mosaic Hopfen und frische Bergamotte. Schmeckt schön leicht, frisch und peitscht exotische Früchte und Zitrus auf die Zunge.

Ich bin froh, dass sich in meiner Heimatstadt endlich mal wieder was tut. Und es lohnt wirklich, den Hopfenhacker mal zu besuchen, oder zumindest seine Biere zu probieren. Außerdem plant Schürgraf eine neue Bar. Dort soll es seine Biere, aber auch rund 40 weitere geben. Es bleibt spannend!20161123_182454