Cervecera Cru Cru: Mexikanische Gose con Chapulines

Es ist immer wieder spannend, wenn mir Freunde ein Bier von ihren Reisen mitbringen. So packte Craft-Pionier und Biersommelier Tibor Kantor auf seinem Trip in Mexiko, einen Sud in seinen Koffer, den er als Vegetarier selbst nicht anrührt. Eines vorweg: Da hat er was verpasst. Bei dem Mitbringsel-Bier handelt es sich um eine 3,5-prozentige Gose von der Brauerei Cru Cru aus Ciudad de México. Das Besondere daran: gebraut haben es die kreativen Macher mit Koriandersamen, Wurmsalz und Heuschrecken (Chapulines).

In einem attraktiven und trüben Gold schwimmt das Sauerbier im Glas, Schaum besitzt es kaum. Das Bier duftet salzig und fruchtig nach Birne und Limette. Auch auf der Zunge zeigt sich zuerst eine gewisse Salzigkeit, die auch für das rundes Mundgefühl verantwortlich ist. Zudem machen sich Honig- und Umami-Noten sowie eine zarte Fruchtigkeit von Zitrusfrüchten bemerkbar. Im Finish bleibt die Gose lang zurück, allerdings spielt ein dezent muffiger Touch mit. Vielleicht kommt der von den Heuschrecken?

Fazit: Auch wenn ich weder Wurm noch Heuschrecke explizit herausschmecke, ist dieses Bier wirklich in jeder Hinsicht sehr spannend. Das salzig-fruchtige Aromaspiel gefällt mir und die Leichtigkeit passt ideal zu heißen mexikanischen, aber auch deutschen Sommertemperaturen. Danke noch mal Tibor, dass ich diese Gose probieren konnte.

Bier & Food: Trockenfleisch trifft Craft-Spezialitäten

Bier und BeefJerky (2)Foodpairing gehört zu den absoluten Megatrends, vor allem bei Biersommeliers. Neulich stand ein Paket von „Grizzly Snacks“ vor meiner Tür mit drei verschiedenen Sorten des Beef Jerkys. Dabei geht es um dünne Streifen aus deutschem Weiderindfleisch, die mit natürlichen Zutaten mariniert und gewürzt und anschließend einem speziellen Trocknungsverfahren unterlaufen. Gedacht sind solche Fleisch-Snacks eigentlich für Abenteuer, die kein schweres Gepäck in der Wildnis mit sich rumtragen wollen, aber auch für Sportler, Camper oder als Nebenbei-Häppchen im Büro. Ich habe die drei Sorten einfach mal mit Bier kombiniert.

Bier und BeefJerky (4)Zuerst probierte ich Beef Jerky „Original“, das von den Herstellern nur mit etwas Salz, Pfeffer und etwas Apfelessig versehen ist. Hier dachte ich mir, könnte ein klassisches Helles den Umami-Geschmack gut vertragen. Also kreuzte ich das Trockenfleisch mit dem „Hosen Hell“, ein 5,2-prozentiges Bier, das mit Aromahopfen versehen ist und von der Uerige Brauerei aus Düsseldorf mit der Kultband „Die Toten Hosen“ entwickelt wurde. Im Pairing passen die fleischig-würzigen Noten ideal zu den malzig, würzigen und leicht süßen Aromen des Bieres. Die zarte Herbe vom „Hosen Hell“ rundet das Geschmackserlebnis noch spannend ab.

Bier und BeefJerky (3)Eine weitere spannende Kombination bringt das Beef Jerky „Lemon Ginger“, das mit Ingwer und Zitronengras aromatisiert ist. Und wie heißt es so schön beim Foodpairing, gleich und gleich gesellt sich gern. Also fusionierte ich das Fleisch mit dem „Citra Helles“ von der Braumanufaktur Welde aus Plankstadt. Beide Produkte legen eine kräftige Zitrusnote vor, die sich im Mund harmonisch verbinden.

Etwas komplizierter war die Frage, was wohl am besten zum Beef Jerky „Gardens Green“ passen könnte. Diese Sorten haben die Macher von Grizzly Snacks mit Sojasoße, Apfelessig, Pfeffer, Knoblauch, Zwiebel, Thymian, Schnittlauch, Rosmarin, Petersilie, Oregano und Majoran gewürzt. Da das Trockenfleisch mit dieser Gewürzmischung auch eine leichte Säure präsentiert und der Rosmarin im Geschmack dominiert, entschied ich mich für die „Baltic Gose“ von der Inselbrauerei aufBier und BeefJerky (1) Rügen. Die leichte Salznote und die Spritzigkeit des Bieres heben die kräuterbezogen und würzigen Noten des Beef Jerkys noch mehr hervor. Die angenehme Fruchtigkeit der Gose passt hervorragend zu diesem würzigen Geschmacksbild.

Fazit: Die Kombination von Trockenfleisch und verschiedenen Bieren hat wirklich Spaß gemacht. Mal was ganz anderes und das Spielfeld ist ziemlich breit. So könnte man sicherlich auch gut dunkle Sorten wie Porter oder Bayerisch Dunkel zum Beef Jerky reichen. Ich habe mir jedenfalls schon mal die weiteren Sorten von Grizzly Snacks bestellt um noch ein bisschen weiter zu experimentieren.

 

Sierra Nevada: Gose mit enormer Kaktus-Power

20171130_180938Man glaubt es kaum, aber und um den Globus liegen deutsche Bierstile gerade voll im Trend. Neben Pils, Weißbier oder Dunklem interpretieren Craft-Brauer aber auch uralte Sorten wie die hierzulande fast schon ausgestorbene Gose. Die Macher von Sierra Nevada aus Kalifornien legten eine eigens interpretierte Version dieses Stils vor, das sie allerdings als „Ale im Gose-Style“ bezeichnen. Das einzigartige an dem 4,5-prozentigen Bier: „Otra Vez“ ist mit Koriander, Grapefruit und einer regionalen Kaktussorte gebraut.

Da in heimischen Gefilden eher selten mal Kaktusfrüchte ins Glas kommen, kann man sich umso mehr auf das Aroma des Gose-Ales freuen. Das strohblonde Bier, getoppt von einer feinporigen, schneeweißen Schaumkrone, wirkt im Glas schon mal sehr appetitlich. Es duftet nach Zitrusfrüchten wie Grapefruit und Limette. Deutlich zeigt sich im Bukett aber auch die Kaktusfrucht, die vom Duft her an eine Mixtur aus Birne und Honigmelone erinnert. Während des Antrunks gleitet eine feine Rezenz über die Lippen, die im Mundraum kurzzeitig moussiert. Eine zarte Säure umgarnt die Zunge, die sich mit den fruchtigen Noten der Grapefruit und der kalifornischen Kaktusfeige vereint. Im Finish präsentiert sich ein eleganter Malzkörper, der das Aromaspiel mit einem Touch frischgebackener Weißbrotkruste abrundet. Eine filigrane Hopfenbittere verbirgt sich eher dezent im Hintergrund.

Fazit: „Otra Vez“ ist ein finessenreiches Ale im Gose-Style, das Zunge und Gaumen mit einem ungewöhnlichen Geschmackspektrum überrascht. Für mich war das eine Premiere, da ich noch nie zuvor ein Bier mit Kaktus genossen habe. Wegen des schlanken Alkoholgehalts ist das Sierra Nevada-Craft doch eher eine aromatische Erfrischung für den Sommer. Sicherlich passt es aber auch gut zu leichtem Käse und nordischen Fischgerichten.

Next Level Brewing: Gose mit indischer Pfeffer-Power

IMG_20170909_181152_852Kenner der österreichischen Bierszene wissen das: Das Wiener Team von Next Level Brewing braut keine Gefälligkeitsbiere für Jedermann, sondern schafft eher Sude für Fans und Spezialisten. Nach Überzeugung der beiden Braumeister Johannes Grohs und Alexander Beinhauer darf es – was die Aromen angeht – auch gern mal was ganz Extremes sein. Ich hatte kürzlich ihr „Tiger Berry“ im Glas, eine 4,7-prozentige Gose, gebraut mit Himbeeren, Tiger-Pfeffer und Meersalz. Klingt doch schon mal ganz schön ausgefallen, oder?

Beim Einschenken löst die Wiener-Gose bereits einen Wow-Effekt aus. Das Craft fließt in einem rosafarbenen Ton ins Glas, das an das saftige Fruchtfleisch einer Grapefruit oder an das Federkleid eines Flamingos erinnert. Im Duft zeigen sich erst einmal nur die frischen Himbeeren. Am Gaumen wird es dann schön komplex. Im Antrunk zeigt sich das Meersalz, auf der Zunge entwickelt sich wieder die Fruchtigkeit der Beeren. Der indische „Bio Tiger Peffer“ aus der Wiener Manufaktur „Die Pfefferei“, unterstreicht die intensiven Fruchtnoten. Das Mundgefühl ist vollmundig und frisch. Erst im Abgang schlagen die pikanten Pfeffernoten an den Gaumen.

Fazit: „Tiger Berry“ ist definitiv keine klassische Gose, eher eine seltene Wiener Variante dieses Bierstils. Aber Next Level Brewing beweist damit wieder ihre Lust an experimentellen Suden. Und ich finde, dass ist ihnen auch dieses Mal wieder gut gelungen. Ein spannendes Bier, das ich mir sehr gut als Aperitif vorstellen kann.

 

Oedipus Brewing: Holländisches Frühlingserwachen

IMG_20161103_191635Kaum scheint die Frühlingssonne und die Temperaturen klettern nach oben, schon bekomme ich Lust auf eine Erfrischung. Im Kühlschrank wartete dafür die „Swingers Gose“ von Oedipus Brewing aus Amsterdam. Das ist aber keine gewöhnliche Stilinterpretation, sondern eine Freestyle-Variante. Denn die Gose mit aschblonder Farbe und schlanken vier Prozent wurde mit Meersalz sowie Limetten- und Grapefruitschale gebraut. Auf Koriander haben die Holländer bewusst verzichtet. Angeblich mag keiner von der Braumannschaft das Kraut so wirklich – stört mich nicht, ich bin auch nicht so der Fan von dem Gewächs.

Die Gose braucht das Gewürz aber auch nicht, sie hat andere Qualitäten. Schenkt man das Bier ins Glas, so strömen schon tropische Düfte von Maracuja und Guave in die Nase. Die Zunge wird dann zur Tanzfläche von fruchtigen Aromen: reife Birne, Guave, Limette, Grapefruit und Passionsfrucht swingen mit einer leichten Salzigkeit und einer dezente Herbe. Auch im Abgang bleiben die fruchtigen Nuancen noch lange zurück.

Fazit: Genau das, was ich am ersten Frühlingstag genießen wollte. „Swingers Club“ ist wirklich eine geile Erfrischung und eine ganz andere Umsetzung einer Gose. Die fruchtigen Noten mit der leichten Salzigkeit machen das alkoholarme Bier zum idealen Sommergetränk. Kompliment an die Holländer!

Braumanufaktur Welde:  Badisch Gose mit Zitrus-Grüßen

Welde - Badische Gose
Welde – Badische Gose

Wenn eine Brauerei, die seit 1752 regionale Gerstensäfte produziert, plötzlich auf einen „Bourbon Barrel Bock“ aufsteigt, ein Kellerbier unter dem Namen „Hop Stuff Ella-Equinox“ ins Regal stellt und auch noch den Mut für eine „Badische Gose“ hat, könnte man von einer Kulturrevolution sprechen. Aber für Stephan Dück sind ungewöhnliche Craft-Rezepturen inzwischen Programm. Was bei Braumeister und Biersommelier der badischen Braumanufaktur Welde aus Plankstadt-Schetzingen inzwischen aus dem Sudkessel fließt, ist nicht von schlechten Eltern.

Nach schweißtreibender Arbeit habe ich mich über die Badische Gose hergemacht, die mit ihren zarten 4,6 Umdrehungen nicht unbedingt einen schnellen Rausch verspricht. Dieses „Slow Beer“, so die offizielle Bezeichnung auf der Flasche, präsentiert sich hellgelb mit leichter Hefetrübung im Glas. In der Nase dezente Duftnoten von Banane, Zitrusfrüchten und einer leichten Korianderwürze. Vor allem wenn man Durst hat, genießt man die spritzig frische Note dieser Brauspezialität mit ihrer leicht mineralischen Süße sowie einer moderaten Bittere besonders. Diese Kombination aus einem Hopfen-Cocktail von Select, Saphir und Citra gibt dieser Gose einen ganz einwilligen Charakter, der durch die Zugabe von Kochsalz und Koriander noch unterstrichen wird. Das 500-jährige Reinheitsgebot lässt grüßen…

Fazit: Diese wahrscheinlich erste Gose aus Badischer Fertigung ist zwar nicht zu vergleichen mit den komplexeren belgischen Lambic- oder Geuze-Schwestern, aber auf jeden Fall ein schmackhaftes, unkompliziertes Bier mit fein prickelnder Perlage. Wenn Braumeister Stephan Dück diesen Weg mit neuen Craft-Rezepturen fortsetzt, wird man noch viel von ihm hören.