Städte-Special: Helsinki im Craft-Bierfieber

Finnen gelten seit jeher als besonders trinkfreudiges Volk – allerdings mit Vorliebe für harte Sachen. Mit der Craft-Bierbewegung wächst jetzt auch im hohen Norden die Freude am Biergenuss. Speziell in Helsinki boomt die Szene mit neuen Brau-Werkstätten, Brewpubs und ganz ungewöhnlichen Suden. Weiterlesen „Städte-Special: Helsinki im Craft-Bierfieber“

Rock Paper Scissors: Sechs finnische Indie-Spezialitäten

IMG_20180926_191645_390Als Blogger bekommt man manchmal ganz unerwartet Bierpost aus irgendwelchen Ländern der Welt. Über ein Paket habe ich mich kürzlich ganz besonders gefreut, da es aus Finnland kam. Im Juli lernte ich auf dem „Große Biere – kleine Brauereien“-Festival in Helsinki das super sympathische Team von „Rock Paper Scissors“ kennen – eine Indie Brauerei mit Sitz in Kuopio, das rund 400 Kilometer nordöstlich von Helsinki liegt, eigenem Taproom und eigener Sauna. Braumeister Aki hat sich auf die Fahne geschrieben, schön aromatische, aber vor allem trinkbare Biere zu brauen. Das fiel mir damals schon auf dem Craft-Bierfestival auf. Heute möchte ich euch ein paar Sorten der Finnen vorstellen.

Fast jeder Craft-Brauer führt ein Standardsortiment. So auch „Rock Paper Scissors“, das übrigens das auch in Deutschland bekannte Spiel „Stein-Papier-Schere“ darstellen soll. So brauen die Finnen ein modernes Lagerbier mit 4,7 Prozent Alkohol. „An all day, everyday Lager”, so die Bezeichnung, glänz golden im Glas, ist hopfengestopft und präsentiert sowohl in Nase, als auch im Geschmack ein malziges, grasig-hopfiges Aroma mit einer angenehmen Herbe. Das „Rye Candy Red Ale“ dagegen ist allein mit 5,2 Prozent schon etwas stärker gebraut. Es zeigt sich in einer rehbraunen Farbe, getoppt von einem beigen Schaum. Es duftet malzig, nussig mit einem Hauch von Rosinen. Auf der Zunge ebenfalls nussig, herb, hopfig und mit einem Anklang von Dörrobst und Nougat.

Zum Standardsortiment darf auch in Finnland kein Pale Ale fehlen. Die Nordbrauer verfeinern ihren Sud allerdings mit Pink Grapefruit und Orangenschale. Die Extrazugaben spürt man schon im Duft, gepaart wird das Ganze mit etwas Waldhonig. Im Geschmack prickelnd-frisch mit fruchtigen Noten von Grapefruit und Orange. Dazu gesellt sich eine harmonische Malzsüße und eine deutliche Bittere.

IMG_20180907_191817_478Neben den kreativen „normalen Sorten“, produzieren die Indie-Brauer auch ein New England IPA (NEIPA), dass sie in Kollaboration mit einer anderen finnischen Brauerei namens „Fat Lizard“ gebraut haben. Das 5,5-prozentige NEIPA „The Lizard“ duftet schon saftig nach Mango, Zitrus und Maracuja. Im Geschmack dominieren die Zitrusfrüchte wie Limette und Grapefruit.

20180906_211029Ein weiteres ungewöhnliches Bier der Indies ist dessen „Lime & Ginger Wheat Ale“. Also ein goldfarbenes Weizenbier, das neben Limette und Ingwer noch mit Loral-Hopfen aromatisiert ist. Das 5,5-prozentige Ale präsentiert sich in Duft und Geschmack mit Ingwer- und Kräuternoten. Im Finish erinnert es etwas an ein Müsli – das ist nicht unangenehm. Zum Schluss hatte ich noch das „Let’s settle this like Adults“ im Glas. Das ist ein hopfengestopftes Lager, das Braumeister Aki für das Monstertreffen von Trump und Putin in Helsinki eingebraut hat. In der Nase malzig mit einem Anklang von Heu. Auch auf der Zunge dominiert Getreide und Malz. Der Hopfeneinsatz zeigt sich etwas floral, grasig und mit ein wenig Zitrusnoten.

20180906_203549Fazit: Bei den Standardsorten gibt es absolut nichts zu meckern. Sie sind solide, aromatisch und gut trinkbar. Das NEIPA dagegen ist mir für die Typologie zwar etwas zu bitter, aber geschmacklich wirklich cool. Beim Weizen-Ale muss man das Ingweraroma mögen. Für mich ok, ein bisschen stört mich aber der Müsli-Nachhall, der nicht so gut zu dieser Kreation passt. Das „Let’s settle this like Adults“ ist auch ein solides, harmonisches und aromatisches Bier, das aber echte Hop-Heads nicht unbedingt vom Hocker haut. Auch die Finnen können Bier brauen, auch wenn nicht jedes Bier meinen Geschmack trifft, aber das ist auch gut so.

 

 

 

 

 

 

Trend-Kneipe: Besuch in der Brewdog Bar in Helsinki

Brewdog Bar Helsinki
Brewdog Bar Helsinki

Auch Finnland hat einiges in Sachen Craft-Bier zu bieten. Aber dieses Mal war nicht ich dort, sondern meine Schwester. Und klar, als ebenso Bierliebhaberin ließ Elena es sich nicht entgehen, auf ihrem Wochenend-Tripp durch Finnlands Hauptstadt, in der Brewdog Bar – flippig und zum Teil mit Turnhallenboden ausgelegt – ein frisch gezapftes Punk IPA zu genießen.

Ihr Fazit: „Geil! Aber die in Edinburgh hatte mehr Atmosphäre und war irgendwie punkiger.“

Hier ein paar Eindrücke:

Frisch gezapftes Punk IPA
Frisch gezapftes Punk IPA

Foto: Feiner Hopfen

Sportliche Preise
Sportliche Preise

Foto: Feiner HopfenFoto: Feiner Hopfen

Brewdog
Brewdog

Finnland: Kurze Bierprobe jenseits des Polarkreises

Eisige Schneelandschaft in Ivalo
Eisige Schneelandschaft in Ivalo

Bin gerade aus dem finnischen Lappland von einem Winter-Drive mit Audi nördlich des Polarkreises zurück. Mit einem 367 PS-Gefährt bretterte ich bei minus 18 Grad über die Schneepisten der Teststrecke bei Ivalo nahe des berühmten Inari-Sees. Der Adrenalinkitzel machte mächtig Durst auf ein geiles Bier. Im „Petronella“, dem wohl besten Restaurant im kleinen Nest Saariselka, inmitten nordischer Wildnis, bestellte ich abends zu Steinpilzsuppe und Elchbraten das einzige Bier, das es dort gab: ein Lager von Lapin Kulta. Immerhin was Finnisches und vom Fass. Gereicht wurde das regionale Standardbier in einem Weizenglas. Übersetzt heißt der Name übrigens „Das Gold Lapplands“.

Lapin Kulta Lager
Lapin Kulta Lager

Lapin Kulta ist natürlich kein Craft-Bier und trotz goldener Farbe, der Geschmack war für eingefleischte Hopheads alles andere als goldig. Die zweitgrößte Brauerei Finnlands wurde 1873 noch unter anderer Bezeichnung gegründet und bietet heute ausschließlich Lager- und Pils-Sorten an. Viel kann ich zu diesem goldfarbenen Lager nicht sagen. Jedenfalls spürt man kaum Alkohol. Das Bier wirkt mit seinen 4,5 Prozent so dünn, dass ein kräftiger, an Wodka gewöhnter Finne wohl schon mal ein Fass trinken muss, um Wirkung zu verspüren. Als Durstlöscher zum kräftigen Nordmannsessen war es ok, aber der köstliche Elch hätte definitiv etwas Besseres verdient.

Dagegen erwies sich eine kleine, gemütliche Bierbar (The Oak Barrel) auf dem Flughafen in Helsinki als echter Craft-Geheimtipp, während ich auf den Heimflug wartete. Als ich auf einer Tafel über der Bar die Bezeichnung „Microbreweries“ entdeckte, ging mir doch glatt das Herz auf. Ich bestellte noch ein finnisches Porter der Suomenlinna-Brauerei, die auf einer Insel vor Helsinki liegt. 0,2 für 5,90 Euro war schon happig, aber zumindest ein kurzer Gaumenschmaus. Aber richtige Biere kosten in Finnland auch richtig Geld. Immerhin wies das Ale schöne Kaffeenoten auf mit einem Hauch von roten Beeren in Nase und Geschmack. So konnte ich mir wenigstens den Cappuccino sparen.

Finnisches Porter in Helsinki am Flughafen
Finnisches Porter in Helsinki am Flughafen

Der Keeper erzählte mir, dass Finnen nicht nur harte Sachen, sondern auch gern Bier trinken. Der Gerstensaft könne zudem eine lange Geschichte vorweisen. Die Vorväter des Finnvolkes brauten bereits vor Jahrtausenden das Urbier Sahti, das anstelle von Hopfen mit Wachholderbeeren angesetzt wurde. Und während ich dem Barmann lauschte, wurde schon wieder zum Boarding aufgerufen…