Oud Beersel: Die Kirsche macht‘s

Oud Beersel in Beersel, südlich von Brüssel gelegen, zählt zu den bekanntesten Lambic-Brauereien Belgiens. Gegründet wurde die Braustätte 1882 von Henri Vandervelden. Geschlossen wurde sie Anfang der 2000er wegen fehlender Nachfolger, aber fünf Jahre später von Gert Christiaens übernommen und mit neuen Ideen gepusht. Heute wird die Würze allerdings nicht mehr selbsthergestellt, sondern bei den Machern von der Brouwerij Boon produziert, in Eichenfässern bei Oud Beersel vergoren und verblendet.  

Zu den beliebtesten Produkten zählt das sechsprozentige Oude Kriek. Ich habe das zum ersten Mal während der Toer de Geuze vor ein paar Jahren in der Brauerei probiert und war sofort begeistert. Seitdem gehört es zu den regelmäßigen Gästen in meinem Kühlschrank. Für den speziellen Geschmack kommen 400 Gramm Kirschen von den 320 Kirschbäumen im eigenen Brauereigarten auf einen Liter Lambic. So präsentiert sich das naturtrübe Bier in einem attraktiven Kirschrot, getoppt von einem feinporigen, stabilen und rötlichen Schaum.

In die Nase strömen holzige, animalische und fruchtige Noten der Kirschenbeigabe. Ein Touch von Mandel schwingt auch noch mit. Der Antrunk gestaltet sich fruchtig-säuerlich, bis sich das Kriek prickelnd-erfrischend und vollmundig auf der Zunge ausbreitet. Hier zeigen sich neben einer deutlichen, aber angenehmen Säure auch die fruchtigen Aromen der Kirsche, das Holz und die Brettanomyces. Im Finish kommen noch eine harmonische Bittere sowie ein sanfter Mandel-Ton durch.

Fazit: Für mich ist dieses Oude Kriek ein Musterbeispiel für den ungesüßten Bierstil. Schön gekühlt eignet sich das Bier ideal als Aperitif, als Pairings-Partner zum Schokokuchen oder einfach im Sommer als köstliche Erfrischung.

Brouwerij Verhaeghe: Komplexes Genusserlebnis

Innerhalb meiner Fortbildung zum „Master of Beer“ muss ich auch bestimmte Bierpakete im Eigenstudium bearbeiten. In 2020 hieß das Thema „Sauerbier“. Ein paar Spezialitäten möchte ich euch nicht vorenthalten. Zu meinen Favoriten zählt vor allem das Flanders Red Ale namens „Duchesse de Bourgogne“ von der Brauerei Verhaeghe aus dem belgischen Vichte in Westflandern.

Das Besondere an diesem Bierstil, auch häufig Oud Bruin genannt, ist, dass der Sud mit Hefe sowie Lactobacillus gärt und anschließend mehrere Monate in Stahltanks reift. In Westflandern, also auch bei den Machern von Verhaeghe, kommt das Bier nach der Gärung bis zu zwei Jahre in Holzfässer, um spätestens hier noch mit Brettanomyces-Hefe zu arbeiten.

So zeigt sich das 6,2-prozentige „Duchesse de Bourgogne“ in einem appetitlichen Kastanienbraun, getoppt von einem moderaten feinporigen und beigefarbenen Schaum. Es duftet nach Balsamico-Essig, Holz, Nougat, Dörrobst wie Pflaume und Rosine. Im Antrunk fließt das Flanders Red süßlich-sauer mit feiner Rezenz über die Lippen. Der Körper ist vollmundig, fast schon cremig. Die Säure ist auf der Zunge deutlich präsent, aber absolut harmonisch in die kräftige Süße eingebunden. Aromen von Balsamico, Honig, Holz und getrockneten Früchten charakterisieren das Geschmacksbild. Das Finish zeigt sich aromatisch und trocken.

Fazit: Dieses Flanders Red lag auf meiner Bewertungsskala ganz weit oben. Das Aromaspiel ist absolut spannend, vielfältig und komplex. Ein Bier, das nicht umsonst von Sauerbier-Fans rund um den Globus gefeiert wird.

Brouwerij Huyghe: Belgisches Weißbier als weihnachtliche Allzweckwaffe

Wahre Bierfans wissen, belgische Biere sind eigentlich immer etwas Besonderes. So auch das „Blanche des Neiges“ von der Brouwerij Huyghe im ostflämischen Melle. Die Privatbrauerei, die auch durch die Marke „Delirium tremens“ mit dem rosafarbenen Elefanten bekannt ist, gehört zur Vereinigung der „Belgian Family Brewers“ – ein Zusammenschluss von unabhängigen Familienbrauereien in Belgien, die sich ein eigenes Gütesiegel verordnet haben. Die Mitglieder sind nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet, sondern wollen vielmehr einen Mehrwert für Identität und Authentizität belgischer Braumethoden schaffen.

So präsentiert sich das 4,9-prozentige „Blanche des Neiges“, was übersetzt so viel wie „schneeweiß“ bedeutet, als Musterbeispiel für ein belgisches Witbier. Gerade erst räumte es auch die Goldmedaille beim European Beer Star ab. In einem trüben Goldgelbton schwimmt das Ale im Glas, ein feinporiger schneeweißer Schaum liegt oben auf. In die Nase strömen sofort hefig-würzige und bananige Töne, die den Weizencharakter unterstreichen. Dazu gesellen sich florale Noten und ein Hauch von Koriander. Auf der Zunge breitet sich das Wit vollmundig und prickelnd-frisch aus. Das Geschmacksbild präsentiert eine Kombination aus einer gewissen Hefewürzigkeit, einem Hauch von Orangenschalen und kühlendem Eisbonbon. Das Finish behält die Aromatik und animiert zum weiteren Genuss.

Fazit: Ein wirklich tolles Witbier, das wohl niemanden so schnell überfordert. Das belgische Weißbier könnte man auch zu vielfältigen Weihnachtsmenüs einsetzen. Ich würde es entweder als aromatischen Aperitif servieren, als Begleiter zur Meeresfrüchteplatte, zu Austern und Langusten reichen oder schlussendlich mit Ziegenkäse auf dem Käseteller vermählen.

Cheers!

Brasserie de la Senne: Ein echtes Pferd im Glas

20181105_155348Biere, die mit Brettanomyces-Hefe vergoren sind, polarisieren. Man kann sie lieben oder hassen. Ich kenne viele Malz- und Hopfensaftliebhaber, die es vor den animalischen Aromen graust. Ich mag das spezielle Aroma eigentlich ganz gern. Daher verkostete ich kürzlich das „Brett Pale Ale Bruxellensis Local“ von der belgischen Brasserie de la Senne aus Brüssel, das nach der Hauptgärung noch einer viermonatigen Flaschenreifung mit 100 Prozent Brettanomyces durchlaufen ist.

Beim Öffnen der Flasche merkt man, dass das Bier lebt. Langsam quillt der Schaum aus dem Flaschenhals. Schon beim Einschenken strömen dann typisch animalische Noten der Hefe in die Nase. Schnuppert man aber am Glas, während sich das 6,5-prozentige Pale Ale in einem gelborangen Ton präsentiert, so gesellen sich auch Mirabellen- und Aprikosen-Noten dazu. Auf der Zunge zeigt sich das Bier samtig-weich moussierend. Wieder dringen massive Aromen der Brettanomyces durch: etwas Leder und ein bisschen Pferdedecke machen sich breit. Begleitet werden die tierischen Noten von fruchtigen und sauren Tönen. Im Finish verabschiedet sich das Ale mit einer ordentlichen Herbe, die noch lange am Gaumen zurückbleibt.

Fazit: Ein ganz schönes Brett! Wie gesagt, die Aromen der Brettanomyces muss man mögen. Mir hat das Pale Ale mit den animalisch-fruchtigen Noten gut gefallen. Mehr als ein Glas davon wäre aber zu viel des Guten. Überrascht hat mich tatsächlich die kräftige Bittere. Kombinieren würde ich es zu einem starkwürzigen Käse.

Brussels Beer Challenge 2018: Brauer können jetzt ihre Biere einreichen

20171029_103040Im November findet zum siebten Mal die Brussels Beer Challenge (BBC) statt. Eine 95-köpfige Fachjury trifft sich im belgischen Mechelen um die eingereichten Biere zu verkosten. Der Award verzeichnet einen international kontinuierlich steigenden Bekanntheitsgrad, nicht nur in der Bierbranche, sondern auch in der öffentlichen Wahrnehmung. Die Medaillen spielen nach Meinung der teilnehmenden Brauereien mittlerweile durchaus eine Rolle bei der Kaufentscheidung für Bierspezialitäten. Waren es zu Beginn des Awards noch knapp 500 Einreichungen, so prognostizieren die Veranstalter in diesem Jahr eine erneute Steigerung an Bierspezialitäten im Vergleich zum Vorjahr (1.512 Biere aus 39 verschiedenen Ländern).

Chef des Awards, Luc De Raedemaeker, wünscht sich mehr Einreichungen aus Deutschland. „Die Anzahl der Biere wächst zwar von Jahr zu Jahr, aber dennoch erhoffe ich mir für den diesjährigen Wettbewerb eine weitere moderate Steigerung der deutschen Beteiligung“, sagt der Belgier. Denn für die meisten Brauereien sei laut Aussagen der Teilnehmer eine gewonnene Medaille extrem positiv und führe durchaus zu einem Abverkaufs-Push, wenn der Gewinn durch geeignete Marketingaktivitäten kommunikativ genutzt würde.

Die Brussels Beer Challenge unterscheidet sich in der Zusammensetzung der Jury von anderen Wettbewerben. Ein wesentlicher Punkt betrifft den fachlichen Hintergrund der Juroren. „Wir laden bewusst keine Braumeister und führenden Mitarbeiter der Produktionsmannschaft ein, da wir Biersommeliers, Fachjournalisten und Meinungsführer, die die Sprache der Verbraucher sprechen, im Verkosterpool sitzen haben wollen“, sagt Luc De Raedemaeker, Director Brussels Beer Challenge. Auf diese Weise bekämen Brauereien, wenn gewünscht, eine Rückmeldung von der Verkostung, die nicht technisch, sondern in der Sprache der Konsumenten formuliert sei.

Vom 2. bis 4. November findet die diesjährige Brussels Beer Challenge in Mechelen statt. Ab dem 11. Juli 2018 können Brauereien ihre Biere anmelden, wobei es hier zwei Staffelungen gibt, denen unterschiedliche Gebühren zugrunde liegen. Der Versand der Proben erfolgt ab dem 28. August 2018. Die offizielle Verkündung der Gewinner findet am 19. November 2018 um 11 Uhr in der Horeca Expo Gent unter Anwesenheit der Fachwelt und Öffentlichkeit statt.

 

Brussels Beer Challenge: Bierkultur par excellence

20171029_103040Bierawards gibt es inzwischen in fast jedem Land. Zu den wirklich renommierten zählen allerdings nur wenige. Ein wirklich international wichtiger Wettbewerb ist beispielsweise die Brussels Beer Challenge, die gerade zum sechsten Mal stattfand. Die Biervielfalt wächst bei dieser Bierolympiade jedes Jahr weiter und die Einreichungen aus aller Welt werden immer mehr. Zum Start in 2012 waren es noch 500 Biere, 2014 knapp 1000 und dieses Mal sogar mehr als 1500 verschiedene Sude – die eine 80-köpfige Jury bewertete.

Ich durfte vom 28. bis 30. Oktober in der wallonischen Hauptstadt Namur, rund 60 Kilometer von Brüssel entfernt, fast 100 eingereichte Biere der Challenge verkosten und benoten. Das dreitägige Spektakel fand im Arsenal Namur statt, das sonst als Kantine der Universität genutzt wird. Zu den Kategorien an meinem Jurytisch gehörten „Hoppy Weizen“, „Speciality Beer“, „American IPA“ und „Dark Beer“. Darunter waren wirklich tolle Sude, die ihre Medaillen absolut verdient haben.

20171028_154837Die Veranstalter Luc De Raedemaeker und Thomas Costenoble überlegten sich rund um den Award noch ein bieriges Rahmenprogramm. So waren wir auf Brauereitour etwa in der Brasserie Caracole in Falmignoul. Die Braustätte existiert seit mehr als 250 Jahren, wechselte allerdings dreimal ihren Namen. Da die Brauer die Kessel hier noch mit Holz befeuern, sind die Backsteinwände vom Ruß schwarz gefärbt und ein verkohlter Duft liegt in der Luft. Rund 40 Hektoliter werden hier gebraut. Im Portfolio traditionelle belgische Stile: fruchtiges Blonde, kräftiges Triple und Fruchtbier mit Kirschen oder Mirabellen. 20171028_165708Während die Biere für anspruchsvolle Craft-Gaumen nichts Außergewöhnliches waren, gefiel mir das historische Ambiente mit meterhohen Backsteinwänden und gedämmten Licht umso mehr. Von dort aus ging es fast eine Busstunde in die Brasserie des Fagnes in Mariembourg. Das Brau-Restaurant erinnert ein wenig an eine Autobahnraststätte – nur mit glänzenden Kesseln. Hier gab es zum regionalen Hühnerfrikassee auch ganz traditionelle Sorten wie Blonde, Brune und Triple.

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Braumeister der Brasserie des Fagnes

20171027_221339Erwähnenswert sind die belgischen Bierbars in Namur. Wer zufällig mal in die Gegend kommt, sollte unbedingt die moderne „Barnabeer“-Kneipe mit rund 25 Zapfhähne und einer üppigen Bierkarte  besuchen. Neben einer Auswahl von mehr als 100 Flaschen empfängt hier eine Atmosphäre wie man sie sich für einen gelungenen Abend wünscht. Von außen ist die Location übrigens nur erkennbar durch mannshohe Fenster, die komplett mit Flaschen zugestellt sind. Ein bisschen rustikaler geht es im Bouffon du Roi zu. Gedämmtes Licht, hölzerner Bartresen und urige Möbel repräsentieren echte belgische Kneipentradition. Auch hier scheint die Bierkarte kein Ende zu haben. Ich stehe auf die belgische Bierkultur, die zurecht im vergangenen Jahr zum Unesco-Weltkulturerbe ernannt wurde.

Die Ergebnisse der Brussels Beer Challenge werden übrigens am 20. November innerhalb der Gastronomie Fachmesse “Horeca Expo” in Gent verkündet.

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Ich im „Barnabeer“ 🙂

Ingelmunster – Kasteel Hoppy: Sommerdrink zu scharfer Currywurst

Ingelmunster - Kasteel Hoppy
Ingelmunster – Kasteel Hoppy

Auf meiner Reise durch die Welt der Craft-Biere, mache ich immer wieder gern auch mal einen Stopp in Belgien – einem Land, in dem es gelungen ist, weitgehend einem Bierstil zu widerstehen, dem fast 70 Prozent der Deutschen erlegen sind: Dem gemeinen Pils. So konnte sich die Vielfalt der Bierstile bis heute erhalten und regionale Craft-Spezialitäten spielen noch immer die wichtigste Rolle in den Kneipen des Königsreichs. Eines dieser Beispiele ist das „Kasteel Hoppy“ von der alten Familienbrauerei Van Honsebrouck im westflandrischen Ingelmunster.

Kasteel Hoppy ist ein obergäriges Bier, das zu hundert Prozent mit belgischem Gerstenmalz und belgischem Hopfen gebraut wurde. Mit seinen 6,5 Prozentpunkten ist es mit das leichteste Bier unter den Triples, Krieks und Donkers, das die Ingelmunsterer in die Regale stellen. Immerhin vermitteln die 45 EBU eine subtile Bitterkeit, die den kräftigen, etwas süßen Malzgeschmack in das richtige Niveau wuchtet.

Im Glas zeigt sich ein goldfarbener Trunk, umspielt von dezenten Kupferreflexen auf solider Schaumkrone. In der Nase lässt sich noch ein sanfter Blumenduft orten, obwohl sich der Geruch dieses Blond eher neutral bemerkbar macht. Am Gaumen deuten sich Kräuteraromen an, die sich mit Honigtönen und Gewürzbrot vereinen. Im Abgang zeigt dieses belgische Bier seinen frischen Charakter und hinterlässt eine angenehme ab nicht zu dominante Bittere.

Fazit: Kasteel Hoppy ist nicht gerade eine Offenbarung für eingefleischte Craft-Fans mit Affinität zu spektakulären Hopfenabenteuern, aber auf jeden Fall ein frischer, sommerlicher Durstlöscher mit individuellem Charakter. Dieses Blond sollte man mal zu Grillfleisch oder einer scharfen Currywurst probieren.

Rince Cochon Rouge: Rotes Fruchtbier für den Valentinstag

Rince Cochon Rouge Bière
Rince Cochon Rouge Bière

Ja, das Etikett schreckt erst einmal ab. Ein Biertrinkendes Schwein auf rosafarbenem Hintergrund – interessant. Schenkt man das „Rince Cochon Bière Rouge“ der belgischen Haacht Brauerei aus Boortmeerbeek ins Glas, schwinden die Zweifel. Farblich strahlt das 7,5-prozentige Bier, gebraut mit roten Früchten, in einem appetitlichen Himbeerrot. Es duftet nach reifer Kirsche. Den Gaumen kitzelt dann ein Mix aus lieblichen Aromen von Himbeere und Kirsche nebst leicht säuerlichen Johannisbeere-Nuancen. Im Abgang streicheln sogar dezente Bitternoten die Kehle.

Fazit: Ein erfrischend-prickelndes Fruchtbier für wärmere Tage oder als Aperitif. Sieht man von der Aufmachung ab, ist das rote Getränk schon ein netter Gaumenschmaus. Liebe Männer, damit könnt ihr sicherlich die Ladies am Valentinstag beeindrucken. Aber: Die Flasche vorher verstecken!