Eine Sache muss ich unbedingt vorweg klar stellen: Auf gar keinen Fall bin ich eine Befürworterin des grausamen Walfangs. Ich verachte das sinnlose Abschlachten von Lebewesen! Ich bin keine Veganerin und auch keine Vegetarierin, achte aber als Genussfrau auf das, was auf den Teller kommt. Mein Fleisch hole ich von regionalen Bauern um keine Massentierhaltung zu unterstützen. Versteht mich bitte nicht falsch, aber ich sehe es als meine Aufgabe als Journalistin und Bloggerin meinen Leser auch gute Geschichten über außergewöhnliche Biere und den Machern dahinter zu präsentieren. Deswegen bestellte ich mir direkt aus dem isländischen Brugghús Steðja das umstrittene und inzwischen verbotene Finnwalbier „Hvalur Þorrabjór Steðja“. Die Meldung über dieses Ale ging inzwischen um die ganze Welt und rief Proteststürme von Tierschützern hervor. Das Islandbier gilt seitdem als Gipfel der Geschmacklosigkeit.
In keinem Fall möchte ich die Brauerei dafür hochjubeln, dass sie mit Walmehl braute. Doch gibt es sicherlich einige unter meinen Lesern, die sich fragen, wie dieses Bier aussieht, wie es riecht und wie es schmeckt. Hintergrund zu dem Walgetränk: Produziert haben die Isländer dieses Lager Ale nur für ihr nordgermanisches Opferfest „Thorrablot“. Die Feier stammt aus der Zeit der Wickinger und wurde im 19. Jahrhundert von den Inselbewohnern als Teil der Volkskultur wieder belebt. In dem Fest-Zeitraum von Januar bis Februar werden viele Bräuche festlich zelebriert. So wie in etwa bei uns die Kirta-Gans, die Weihnachtsente oder die Ochsenbraten auf dem Oktoberfest.
Das soll keineswegs eine Entschuldigung für die Produktion des Hvalur Þorrabjór Steðja sein. Aber keineswegs wurden Finnwale nur wegen einer geplanten Bierproduktion getötet. Island verfügt über eine international genehmigte Fangquote. Das proteinreiche Walmehl, das angeblich nur in homöopathischen Dossierungen beim Brauprozess der Isländer eingesetzt wurde, entsteht als Nebenprodukt beim Auskochen des Fleisches zur Ölgewinnung.

Kommen wir nun zum Bier, das der 32-jährige Düsseldorfer Braumeister und Wahlisländer Philip Ewers in dem kleinen Hafenort Stykkishólmur nördlich von Reykjavik kreiert hat. Farblich glänzt das 5,2prozentige Ale in einem kräftigen Kirschrot, der Schaum verflüchtigt sich schnell. Wer dann einen Geruch von Meeresgetier erwartet, dürfte enttäuscht sein. Es riecht malzig, mit leichter Dominanz von Röstaromen – fast wie geräucherter Speck. Im Mund ist das Bier sehr fein und mild, was wohl mit dem isländischen Quellwasser zusammenhängt. Es schmeckt etwas herb nach nordischen Steinbeeren, aber auch süßlich nach Malz. Ungewöhnliche Aromen spielen mit, aber ob diese nun vom Walmehl kommen, kann ich nicht beurteilen. Ich bin zwar vor einigen Jahren mal in einem Hafenrestaurant in Reykjavik in die Situation geraten, Finnwalfleisch probieren zu müssen, aber die Erinnerung daran ist verschollen.
Fazit: „Hvalur Þorrabjór Steðja“ ist für deutsche Gaumen gar nicht mal so ungewöhnlich, dürfte aber vor allem Nordmänner und Wikingerfrauen begeistern, die sich auf das isländische Thorrablot Festival freuen. Wer ein ungewöhnliches Bier erwartet, sollte sich anderweitig orientieren. Denkt man sich den Wal mal weg, dann findet man ein handwerklich korrekt gebrautes Bier vor. Das ganze war wohl eher eine wilde Idee, die einer kleinen Craft-Brauerei in einem winzigen Absatzmarkt einen riesigen Marketingerfolg beschert hat.
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