Kollaborationssud: Bayerisches Weißbier mit amerikanischem Hopfen-Touch

20180127_131032Es ist schon was Besonderes, wenn zwei Brauereien aus verschiedenen Ländern ein gemeinsames Bier brauen. Aber wenn das die älteste Braustätte der Welt, also die Bayerische Staatbrauerei Weihenstephan und die Craft-Pioniere von Sierra Nevada aus Kalifornien sind, liegt die Erwartungshaltung bei Kreativfans schon ziemlich hoch. Bei dem Gemeinschaftssud handelt es sich um ein 6-prozentiges Weißbier namens „Braupakt“, das aber mit eimerweise Hallertauer Tradition, Chinook und Amarillo gebraut wurde. Für die Hopfengabe luden die Braumeister Tobias Zollo von Weihenstephan und Scott Jennings von Sierra Nevada ein paar Bierexperten auf den heiligen Berg nach Freising ein. Probieren konnte ich den Sud dort dabei leider noch nicht, nur der Duft lag mir lange in der Nase.

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Scott Jennings gibt den ersten Eimer Hopfen in den Sud

Jetzt hatte ich das orangefarbene Weißbier mit cremiger und stabiler Schaumkrone endlich im Glas. Es duftet kräftig nach Banane und Nelke. Hinzu kommen würzige Aromen der eingesetzten Hopfensorten sowie ein Touch Zitrusfrüchte. Vollmundig und mit zarter Kohlensäure fließt der „Braupakt“ auf die Zunge. Das Mundgefühl wirkt äußerst frisch. Eine sanfte Säure paart sich mit Bananennoten und würziger Hopfenherbe, die von einem kräftigen Malzkörper unterstützt werden. Im Abgang zeigen sich die 21 Bittereinheiten mit einer gewissen Pfeffrigkeit und einer zusätzlichen Aromakomponente von Weißbrotkruste.

Fazit: Ein solides aber durchaus kräftiges Weißbier, das durch die Kombination der fruchtig-würzigen Hefe- und Hopfennoten überzeugt. Auch eingefleischte Craft-Bierfans merken sofort, dass beim „Braupakt“ zwar die Individualität an erster Stelle steht, aber auch die Trinkbarkeit beim Rezeptentwurf wichtig war. Und vorsichtig: Sehr süffig! Die sechs Prozent spürt man erst nach dem Genuss mehrerer Gläser.

Übrigens: Zum ersten Mal wird der Sud offiziell auf der kommenden Braukunst Live (2. bis 4.2.) in München ausgeschenkt. Ab März steht das Bier dann in den Regalen von 32 Ländern.

 

Crew Republic & Herzl Brewery: Israel zu Gast in München

20160422_201405So eine Kollaboration hat es bisher wahrscheinlich noch nie gegeben. Die Münchner Crew Republic und die israelische Herzl Brewery aus Jerusalem brauten im Februar gemeinsam in Oberschleißheim ein Bier in der Typologie „California Common“, gerne auch Steam Beer genannt. Anlass für das Brauprojekt ist die Ausstellung „Bier ist der Wein dieses Landes. Jüdische Braugeschichten“, die noch bis zum 8. Januar 2017 im Jüdischen Museum in der bayerischen Hauptstadt stattfindet. Zu sehen gibt es geschichtliches über Bier im Alten Israel, den jüdisch geprägten Hopfenhandel sowie jüdische Brauherren in Bayern. Die Besucher erfahren aber auch etwas über die derzeitige Craft-Bierszene in Israel. Ich habe mich dort im vergangenen Jahr auch schon mal dort umgesehen und darüber berichtet.

Aber jetzt zum Bier. Das orangefarbene Steam Beer mit feinporigem Schaum hat 5,2 Prozent und wurde mit Pilsner-, Münchner- und Karamell-Malz sowie den Hopfensorten Herkules, Tradition und Golding Hopfen gebraut. Das Besondere aber: Es ist mit untergäriger Hefe bei höheren Temperaturen vergoren – und zählt somit auch als das erste untergärige Projekt der Münchner. Im Geruch überzeugt es mich nicht so besonders, es riecht malzig und etwas nach Bierwürze. Der Hopfen hält sich stark zurück.  Am Gaumen entwickeln sich dann aber unerwartete Fruchtaromen, die erst an einen bunten Obstkorb erinnern. Doch dann brechen eher beerige Noten durch, umweht von Zitrus und Würze. Im Abgang verabschiedet sich das deutsch-israelische Craft mit 35 Bittereinheiten und einem interessanten Geschmack.

Fazit: Ein wirklich spannendes Bier mit Charakter. Allein schon die länderübergreifende Kollaboration macht diesen Trunk sehr spannend. Vielleicht ist dieses Steam Beer nicht unbedingt der große Bringer für eingefleischte Hop Heads, aber wegen seiner überraschenden Aromen absolut eine Empfehlung wert.

 

P.S.: Übrigens gebe ich am 28. Juni um 19 Uhr eine Verkostung im Jüdischen Museum in München. Würde mich freuen, wenn ihr teilnehmt.

Kollaborationssud: „Very White Pornstar“

Christian Hans Müller und Kolja Gigla
Christian Hans Müller und Kolja Gigla

Exklusiv für die Braukunst Live in München zauberten Christian Hans Müller von Hans Craft aus Aschaffenburg und Kolja Gigla von Mashsee aus Hannover gestern ein Witbier. Gebraut haben es die beiden mit Pilsner Malz und Weizenflocken, gehopft mit East Kent Goldings. Veredelt wurde es mit geriebenen Orangen- und Zitronenschalen aus Bioanbau sowie Kardamon und der chinesischen Süßholzwurzel. Es wird knapp unter fünf Prozent haben, soll schlank und gut trinkbar sein, vor allem aber äußerst geschmacksstark. Der Name dieses individuellen Trunks: „Very White Porn Star“.

Grund für den Kollaborationssud: Die Stände der beiden stehen auf der Braukunst direkt nebeneinander. Insgesamt wird es 150 Liter vom Fass in München zum Verkosten geben. Schon im vergangenen Jahr stellte Christian Hans Müller bereits ein Witbier auf der Finest Spirit & Beer Convention in Bochum vor. Nach seinen Aussagen kam es sehr gut an. Er wollte es danach in Flaschen zum Verkauf anbieten. Aber in Bayern bekäme man wohl keine Sondergenehmigung für solch einen Sud. Deswegen startet er mit Kolja Gigla in diesem Jahr einen neuen Versuch – diesmal in Niedersachsen.

Citrilla Wheat: Hopfiges Weizen mit wechselndem Aromaspiel

Citrilla Wheat
Citrilla Wheat

Nach fünf Wochen Offenburg überkam mich ein wenig Heimweh, also machte ich mal wieder eine kurze Stippvisite in München. Ich wusste, dass ein Päckchen auf mich wartete, aber nichts über den Inhalt. Umso mehr freute ich mich, als ich den Kollaborationssud der Hamburger Ratsherrn Brauerei und den Maisel & Friends aus Bayreuth in den Händen hielt. Hergestellt wurde das „Citrilla Wheat“ anlässlich des ersten Geburtstags vom Braugasthaus „Altes Mädchen“ in Hamburg. Über drei Monate tüftelten Braumeister Philip Bollhorn und Jeff Maisel an diesem Rezept. Produziert haben es schließlich fünf verschiedene Brauer irgendwo in Franken. Im Sud landeten drei Hopfensorten: Herkules, Citra und Amarillo. Aus den letzten beiden amerikanischen Sorten kombinierte sich der Name des Getränks: Citrilla.

Klingt doch schon mal spannend. Also ließ ich das „Citrilla“ nicht zu lange Ruhen. Gut gekühlt schenkte ich das siebenprozentige Bier voller Vorfreude ein. Appetitlich scheint es in trübem Mittelblond und mit feinporigem, stabilem Schaum durch das Glas. In meine Nase steigen hopfige Fruchtaromen von reifer Ananas und Pfirsich. Überbordend ist allerdings die bananige Hefenote, was schlichtweg an ein formidables Weißbier erinnert. Der Antrunk ist auffallend süßlich, aber nicht störend. Um die Zunge breitet sich das Weizen-IPA moussierend und weich mit Noten reifer Bananen und Nuancen gelber Steinfrüchte aus. Im Abgang verabschiedete sich das Bier zitrusbetont mit dem Hauch säuerlicher Pampelmuse.

Fazit: Echt lecker! Das Besondere an dem „Citrilla Wheat“ war für mich die Entwicklung der drei Geschmackstufen. Eine super Option zum klassischen Weißbier im Biergarten –aber zum Saufen viel zu schade.