Einen Geheimtipp von meiner Schottlandreise habe ich Euch noch vorenthalten: The Brauhaus in Edinburgh. Ein Schotte empfahl mir diese schräge Location als den Bierhimmel schlechthin – und lag nur knapp daneben.


Tür auf, erster Schritt rein – Schock! An der einen Wand hing eine traditionelle Bayernfahne mit blau-weißem Rautenmuster, an der anderen ein riesiges eingerahmtes Foto des Münchner Hofbräuhauses. Für einen kurzen Moment kamen Heimatgefühle auf: Es gab sogar Ayinger Bier (die Brauerei steht 100 Meter Luftlinie von meinem Bett entfernt!), den Celebrator aus meinem Wohnort. Kleine Theke, vollranziger Wirt, zerkratzte Holztische in einem Raum von vielleicht dreißig Quadratmetern. Auf einer Leinwand lief Tennis. Erster atmosphärischer Eindruck: Ich bin in einer primitiven Sportbar. Es war Spätnachmittag und am Tresen standen nur wenige einheimische Gäste. Ein bärtiger Schotte im Adidas-T-Shirt trinkt Paulaner Weißbier aus der Flasche. Draußen zeigte das Thermometer auf 28 Grad. Durst!
Ein Blick in die Bierkarte und mein Herz schlug sofort deutlich höher. Eine Auswahl an über 400 internationalen Bieren. Allein mehr als 30 amerikanische Craft-Biere zieren diese Blätter. Auf Paulaner-Tafeln waren mit Kreide geschrieben einige Tages-Angebote aufgeführt. Da der Laden ziemlich leer war, dauerte es nicht lange, da kam ich mit dem Wirt, Salman Sarwar, ins Gespräch. Ich bat ihn, mir seine Top-Drei zu bringen. Schließlich liebe ich Überraschungen.

Wir setzten uns an einen mit Edding vollgekritzelten Tisch. Wenig später kommt Sarwar, vermutlich Pakistani oder Inder, und stellt uns drei IPAs auf den Tisch, die seiner Meinung nach die besten der Welt seien. Überraschung geglückt. Wir verkosten erfreut: Das Flying Dog „Raging Bitch“ mit 8,3 Prozent ein echter Hammer. Trotz intensiver Hopfung überwiegt ein süßlicher Malzkörper. Dazu das Odell Brewery Companys IPA aus Fort Collins/Colorado mit 7,0 Prozent. Hier kommen wuchtige die Fruchtaromen des Hopfens hervor. Letztlich das holländische De Molen „Lentehop“ mit 6,2 Prozent Alkoholgehalt – das leichteste der Drei. Es duftet nach tropischen Früchten und etwas grasig. Im Geschmack dominieren Grapefruit, Limone und Orange mit einer gewissen Süße und einem dezent würzigen Hauch. Toll!
Sarwar fragte welches von den Dreien mir am besten schmeckte. Ich fand alle drei sehr lecker, hatte mich aber für das Odell IPA entschieden. Der Bierprofi lachte und posaunte lautstark: „Die besten IPAs kommen eben aus den USA.“ Auf meine Frage, warum er keine deutschen Crafts in seiner Bar anbietet, erklärte er sein Problem. „Die deutschen Craft Brauer exportieren leider nicht, ich müsste da hinfliegen und das Bier selber abholen.“ Warum er dann deutsche Massenware ausschenke, die gar nicht so zu seinem Craftbier-Angebot passen? Das hänge mit den Touristen zusammen, die sich auf dem Edinburgh-Trail ab und zu in sein Heiligtum verirren.

Mit Blick auf die Paulaner-Plakate bestellten wir die nächsten Biere. Wieder auf Empfehlung des Wirts. Ein echter Profi, kennt fast jeden Sudkessel auf diesem Planeten. Jetzt drei etwas leichtere IPAs, schließlich ist es erst 17 Uhr nach schottischer Zeit und irgendwie muss man ja noch das Hotel erreichen. Zuerst Founders „All Day IPA Session Ale“ aus Grand Rapids in Michigan mit 4,7 Prozent: Sehr fruchtig im Geschmack mit einem tollen und intensiven Geruch. Zugleich das Dominion „Hop Mountain Pale Ale“ mit Nelson-Sauvin, Cascade und Columbus Hopfen. Ein hopfiger Genuss aus Dover/USA. Im Vergleich dazu noch das dänische Mikkeller „Stateside IPA“ mit Chinook, Amarillo und Cascade Hopfen sowie 6,9 Prozent Alkoholgehalt. Im Geschmack: Grapefruit, Ananas und Karamell. Super!
Leute, das war der Hammer! An die Location muss man sich zwar erst gewöhnen, man sollte sich aber auf keinen Fall von der Optik abschrecken lassen. Dort gibt es wahnsinnig gute Biere, die hier in Deutschland selten angeboten werden. Gegessen habe ich hier allerdings nichts. Dennoch: The Brauhaus ist eine Bar für echte Craft-Freaks und definitiv einen Besuch wert. Eine Sache verwunderte mich allerdings. Brewdog stand nicht auf der Karte. Während wir die Kneipe verlassen läuft im Hintergrund in voller Lautstärke der Soundtrack von „Django Unchained“.
105 Lauriston Place
Edinburgh
Brewdog steht wohl nicht auf der Karte, weil sie soviele schottischen Bierkenner mit ihren albernen Marketing-Schlichen und gesalzenen Preisen vergrämt haben. Die Produkte dieser Firma findet man eher in zweitrangigen Bars, in Supermärkten oder als Alibibier in Lokalen, die sonst nur Allerweltsbiere anbieten.