BRLO: Saison mit Überraschungseffekt

Während meiner Interview-Serie über Corona, ist es nun auch wirklich mal wieder an der Zeit, ein Bier vorzustellen. Die tollen Sude, die ich in den vergangenen Wochen genossen habe, würden sonst untergehen. Das wäre schade. Eines meiner Highlights war etwa das „Stormy Saison“ von BRLO aus Berlin. Dabei handelt es sich um ein 6,5-prozentiges belgisches Saison, das neben den Hopfensorten Galaxy, Saazer, Hallertauer Tradition, Ella und Kazbek auch mit rosa Pfeffer gebraut wurde.

In einem Sonnengelb fließt das Bier ins Glas. Schon beim Einschenken strömen tropische Noten in die Nase. Hält man den Riechkolben näher zum Bier, so werden die Geruchsknospen von exotischen Tönen verwöhnt. Dazu gesellen sich würzige und beerige Aromen. Nach einem spritzigen Antrunk zeigen sich eine gewisse Hefe-Würzigkeit mit zart pfeffrigem Anklang sowie volle Fruchtnoten von Melone, Waldbeeren, Zitrus und Mango. Im Finis bleibt das Aromaspiel mit 25 Bittereinheiten noch lange am Gaumen zurück.

Fazit: Das Bier hat mit seinem vielfältigen Charakter meine Erwartungen übertroffen. Kein gewöhnliches Saison, sondern eher ein Sud, der überrascht und vor allem sehr viel Freude auf die Zunge zaubert.

Partnerprogramm: 10 Jahre BraufactuM – Geburtstagsbier zur Braukunst Live!

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Marc Rauschmann und sein BraufactuM-Team zählen zu den absoluten Craft-Pionieren Deutschlands. Als sie vor zehn Jahren an den Start gingen, galten Craft-Sude hierzulande noch als unbekanntes Terrain. Schnell schafften es die Frankfurter kreative Biere mit verschiedenen Rohstoffkompositionen zu etablieren und damit die Craft-Szene zwischen Flensburg und Freilassing kräftig anzuheizen.

Auf der Braukunst Live! in München leiten die Frankfurter nun ihr Jubiläumsjahr mit einem ganz ungewöhnlichen Geburtstagsbier ein. Die Brauer präsentieren ein trockenes „Hoppy Strong Saison” mit zehn Prozent Alkohol. Gebraut ist es mit den australischen Hopfensorten Ella und Enigma, die Aromen von gelben Steinfrüchten, tropischen Früchten, grüner Banane und Pfeffer ins Bier bringen. Die fruchtigen Noten treffen auf eine deutlich herb-erfrischende Bittere. Ganz nach dem Motto: „Wie schön, dass du vergoren bist, wir hätten dich sonst sehr vermisst…“

Grohe & Two in a Rocket: Ale mit Uhudler und Hibiskus-Blüte

Wer dieses Bier verstehen will, muss wohl Österreicher sein. Das belgische Saison namens „What is Love?“, das in Kollaboration zwischen dem Brauhaus Grohe in Darmstadt und Two in a Rocket in Wien entstand, brauten die Kreativköpfe mit Hibiskus-Blüten und Uhudler. Mit was? Auch wenn ich mich innerhalb meines Jobs als Genuss-Journalistin nicht nur mit Bier, sondern auch mit Wein beschäftige, wusste ich nicht was ein Uhudler sein soll. Google hilft: Dabei handelt es sich um einen österreichischen Cuvée-Wein. Bei diesem Bier wurde Traubensaft eingesetzt.

In einem verführerischen Rotorange, das wohl durch den Uhudler und den Hibiskus kommt, leuchtet das 6,9-prozentige Saison durch das Glas, ein feinporiger, zahnweißer Schaum liegt oben auf. In die Nase strömt erst eine hefig-würzig Note, die ein typisches Charaktermerkmal für den belgischen Bierstil darstellt. Dazu gesellen sich aber noch florale, weinige und beerige Töne. Moussierend und frisch präsentiert sich das Ale auf der Zunge. Im Geschmack zeigen sich kräftig würzige und florale Aromen. Im Finish verabschiedet sich das Bier mit einer brotartigen Note und einer Fruchtigkeit, die an rote Johannisbeeren erinnern – in Österreich auch Ribiseln genannt.

Fazit: „What is Love?“ ist mal was ganz anderes und – trotz der fast sieben Umdrehungen – eine köstliche Erfrischung für den Sommer. Mir gefällt das Aromaspiel wirklich gut. Aber der Trunk dürfte wahrscheinlich nicht jedermanns Gaumen erfreuen. Soll es aber sicherlich auch nicht – es ist vielmehr ein Bier für Individualisten. Probiert selbst.

Munich Brew Mafia: Harakiri im Gangster-Paradies

20180806_142841Der Sommer ist in vollem Gange und die meisten Craft-Bierliebhaber wohl permanent auf der Suche nach aromatischen, aber nicht zu kräftigen Erfrischungen. Kürzlich hatte ich die beiden neuen Biere der Munich Brew Mafia im Glas, die ich beide bei den heißen Temperaturen „wärmstens“ empfehlen kann.

IMG_20180710_215239_864Für alle, die sich eher einen schlanken Alkoholgehalt in der aktuellen Hitzeperiode wünschen, eignet sich das Session IPA „Gangsters Paradies“ mit 4,5 Umdrehungen. Braumeister Dario Stieren und sein Team aromatisierten das goldfarbene Bier mit drei fruchtigen Hopfensorten: Mosaic, Azacca und Chinook. Die zeigen auch sofort ihre Qualitäten, wenn man die Nase über das Glas hält. Das Bier offenbart im Duft blumige und tropische Noten von Mango sowie Papaya. Der würzige Chinook bringt noch eine gewisse Piniennote mit. Auf der Zunge präsentiert sich das Session IPA mit einer feinen Rezenz und fruchtigen Aromen von Mango, Papaya und Zitrusfrüchten wie Grapefruit. Im Finish bleibt noch eine zarte, sehr angenehme Bittere mit blumig-harzigen Noten zurück.

IMG_20180617_141354_889Wer es zwar hopfig, aber weniger herb mag, der sollte mal das „Harakiri“ probieren. Das belgische Saison besitzt mit sechs Prozent Alkohol etwas mehr Power als das „Gangsters Paradies“, ist aber durch seine Spritzigkeit mindestens genauso erfrischend für den Sommer. Im „Harakiri“ sorgt der Hopfen Sorachi Ace für das Aromaspiel. Diese Sorte stammt ursprünglich aus Japan, wächst jetzt aber auch im bayerischen Anbaugebiet der Hallertau. Sowohl im Duft, als auch auf der Zunge präsentiert sich das goldgelbe Münchner Saison mit hefig-würzigen und fruchtigen Noten von Limone und Kokosnuss. Durch lange Gärung erzielte die Brau-Mafia einen schlanken und trockenen Abgang.

Fazit: Beide Biere überzeugen durch einen eigenen Charakter, der wohl niemand überfordern dürfte. Sowohl das Session IPA, als auch das Saison präsentieren sich elegant, erfrischend und fruchtaromatisch. Sowie bisher alle Sude der Munich Brew Mafia, kennzeichnen sich auch die neuen durch eine gewisse Süffigkeit. Gerade wegen der hohen Trinkbarkeit eignen sich die Biere als genüssliche Erfrischung für Craft-Profis, aber auch für Novizen, die sich mal an kreative Sorten wagen möchten.

Yankee & Kraut: Harter Trunk für Herkules

20180608_133939Bryan und Max von Yankee & Kraut sind bekannt für verrückte und hocharomatische Sude. Die Ingolstädter streben immer nach neuen und ungewöhnlichen Geschmacksabenteuern. Vor wenigen Wochen wurde Yankee Bryan stolzer Vater. Klar, dass er schon vor der Geburt des Sohnes ein individuelles Kindsbier eingebraut hat. Dabei geht es um ein Saison mit für den Stil eher untypischen acht Prozent Alkohol namens „Hercooles“. Der Clou: Sein Sohn heißt tatsächlich mit drittem Namen (etwas abgewandelt) Herkules.

Das kräftige Saison, oder auch Farmhouse Ale genannt, beweist mal wieder Bryans Kreativität. Der Trunk zeigt sich trüb und mit goldener Farbe im Glas. Das Bier duftet würzig und fruchtig nach reifer Banane sowie einem Hauch Stachelbeere. Am Gaumen präsentiert sich das Bier vollmundig, erfrischend und trocken. Auf der Zunge breiten sich würzige und grasige Noten aus, die sich mit fruchtigen Aromen der Hefe und des Hopfens vereinen. Neben der dominierenden Banane, ist aber auch ein Anklang von Ananas spürbar. Im Finish bleibt das Saison noch lange am Gaumen zurück.

Fazit: Gefährlicher Stoff! „Hercooles“ ist sehr gut trinkbar, sehr aromatisch und erfrischend. Die achtprozentigen Umdrehungen dieses Sudes merkt man aber erst nach einigen Gläsern…

 

Braumanufaktur Welde: Großes Saison mit belgischen Hopfensorten

IMG_20171203_130920_015Alle Jahre wieder setzt das Brau-Team der Braumanufaktur Welde aus Plankstatt eine alte Biertypologie aus einem spannenden Land kreativ um und sucht für ihre Spezialität besondere Rohstoffe aus. Nach Neuseeland, Südafrika und England reiste das Kollektiv um Braumeister Stephan Dück für ihr neues Jahrgangsbier nach Belgien. Jetzt steht ein 7,8-prozentiges Saison, auch als Farmhouse Ale bezeichnet, mit den belgischen Hopfensorten Goldings und Challenger aus dem einzigen Anbaugebiet Poperinge in Westflandern in ausgewählten Regalen. Aber auch eine spezielle Hefe soll für das Aroma verantwortlich sein. Ursprünglich wurde dieser Bierstil von Feldarbeitern, den „Saisonniers“, in der arbeitsarmen Winterzeit gebraut, um im Sommer eine köstliche Erfrischung im Kelch zu haben.

Die Umsetzung des Welde-Ales ist allerdings weniger als Durstlöscher gedacht, sondern als reines Genussmittel – das optisch in der Champagnerflasche präsentiert wird. Im Glas leuchtet das Bier appetitanregend in einem satten Orangeton, getoppt von einer stabilen, cremigen und schneeweißen Schaumkrone. Das Plankstätter Jahrgangsbier duftet nach Banane, weißen Trauben, reifer Birne und Toffee. Auch eine zarte Pfeffrigkeit lässt sich erkennen. Im Antrunk zeigt sich erst eine zarte Säure, die an grünen Apfel erinnert, bis sich dann ein samtig-weiches Mundgefühl mit feiner Kohlensäure ausbreitet. Aromen von Karamell, Biskuit und ein würziger Hopfenhauch gleiten über die Zunge. Schließlich verabschiedet sich das Saison mit einer leichten, aber doch wahrnehmbaren Bittere von 35 IBU und einem malzigen Touch von Weißbrotkruste.

Fazit: Den Welde-Brauern ist mit dem Jahrgangsbier 2018 wieder eine wahre Spezialität gelungen. Säure, Süße und Fruchtigkeit sind harmonisch eingebunden und erinnern nicht an ein typisches Saison. Das gefällt mir. Zum Glück habe ich noch eine Flasche im Kühlschrank, die ich zu Jakobsmuscheln am Festabend genießen werde. Wahrscheinlich funktioniert dieser Trunk aber auch super als Aperitif. Tipp: Nicht zu kalt probieren.

 

Camba Bavaria: Belgisches Bier und Zwiebelsuppe

IMG_20170810_134059_945Immer mehr Craft-Brauereien testen ungewöhnliche Sude als saisonale Biere. Die Camba Bavaria aus dem bayerischen Truchtlaching legte für den Monat August ein sommerliches „Saison“ auf, auch genannt „Farmhouse Ale“. Diese obergärige Bierspezialität ist ein alter belgischer Stil, der ursprünglich von Farmarbeitern („Saisoniers“) nur im Winter gebraut wurde. In den kalten Wintermonaten gab es für sie auf den Feldern nur wenig zu tun. So hatten sie dennoch etwas zu tun und die Vorfreude auf die nächste Arbeitssaison und das Bier wuchs. Entwickelt wurde diese Typologie angeblich in Wallonien, nahe der französischen Grenze.

Die sechsprozentige Interpretation der Camba strahlt goldfarben im Glas. Das Ale duftet nach Bienenhonig, reifer Birne und Mirabelle. Am Gaumen präsentiert sich das Saison schön vollmundig, erfrischend und prickelnd im Mundgefühl. Geschmacklich feuert das belgische Bier süßliche Honignoten auf die Zunge, die sich mit fruchtigen Nuancen von sehr reifer Birne und einem kräuterigen Hauch vom Tettnanger Hopfen vereinen. Die 20 Bittereinheiten sind kaum wahrzunehmen. Ist bei diesem Stil aber auch nicht gewollt.

Fazit: Eine tolle Version eines belgischen Saisons. Stiltypisch ist den Brauern der Camba Bavaria eine schmackhafte Kombination aus fruchtigen Hefearomen, einem würzigen Hauch des Hopfens und einer erfrischenden hohen Rezenz gelungen. Die Macher der Brauerei empfehlen das Saison zu kräftigen Käsesorten, Apfelstrudel oder Zwiebelsuppe. Kann ich mir gut vorstellen.

 

 

Hanscraft & Co. „Saison Julie“: Ein Farmhouse für die Freundin

Saison Julie - Hanscraft & Co.
Saison Julie – Hanscraft & Co.

Was ein kleiner Liebesbeweis an seine Freundin werden sollte, ist zu einem ganz außergewöhnlichen Bier herangereift. Julie ist die Freundin von Christian Hans Müller und dieses neue Farmhouse Ale ist ihr Lieblingsstil. Was blieb dem Aschaffenburger Brauer der Hanscraft & Co. schließlich anderes übrig, als ein Bier zu brauen, wie sie es gerne haben wollte.

Aber dieses 6-prozentige Sommerbier, das Christian Hans Müller mit Chinook und Sorachi Ace ansetzte, trinkt Julie natürlich nicht allein. Damit dürfte Hanscraft auch viele Hop-Fans beglücken. Die aus dem Chinook entstehenden Aromen von Grapefruit, Limone und Pinie paaren sich äußerst harmonisch mit dem Bukett von Kokosnuss aus dem Sorachi Ace. Allein ein Blick auf das sonnengelbe Farbspiel im Glas macht schon Appetit auf die nächste Flasche. Der Chinook gibt dem Sud noch eine angenehme Bitter mit auf den Weg.

Im Geschmack überzeugt der Sorachi Hopfen total und zeigt all seine Stärken: Spritzig, frisch, dazu eine überzeugende Harmonie aus dezent säuerlichen, weinigen Noten mit einer leichter Dominanz von Grapefruit und Limone, an dessen Ende aber auch die Kokosaromen durchdringen. Er setzt diesem Saison seine Krone auf. Der ursprünglich in Japan gezüchtete Hopfen (eine Kreuzung aus Brewers Gold und Saazer) gehört inzwischen zu den gesuchtesten Bierrohstoffen der Welt.

Fazit: Nach dem genialen „Backbone Splitter” und dem „Black Nizza“ zeigt Christian Hans Müller erneut sein Können und den Mut zu ungewöhnlichen Hopfenkombinationen. Kompliment für dieses richtig tolle Farmhouse-Bier.