Corona-Krise: Wie geht es Isarkindl?

Covid-19 trifft auch die Craft-Bierbranche hart. Mit Kurzinterviews möchte ich die Community auf dem Laufenden halten, was bei Brauern, Biersommeliers, Händlern, Gastronomen und Bloggern derzeit passiert und wie all diese tollen Menschen mit dem Virus-Wahnsinn umgehen. Heute ging meine Mail an Xaver Amler von Isarkindl.

Xaver, wie wirkt sich die Corona-Krise auf Euer Tagesgeschäft aus?

Ziemlich drastisch. Der wichtige, persönliche Kundenkontakt ist nicht mehr möglich. Damit ist die im Vertrieb und Außendienst so bedeutende Kommunikation massiv beeinträchtig, eine mögliche Verkaufssteigerung dadurch sehr gehemmt. Unsere Zahlen brechen ein. Wir mit Isarkindl waren und sind zwar von Anfang an eher stark im Einzelhandel vertreten, daher trifft es uns vielleicht nicht ganz so schlimm. Aber Verkaufsförderungen sind schwer umzusetzen, Neugewinnung von Kundschaft ist quasi ausgeschlossen. Wir arbeiten ganz vorsichtig mit Kontaktaufnahme via Mail, aber zeigen natürlich Verständnis, wenn mögliche Kunden gerade keinen Kopf für neue Biere haben. Allerdings haben viele mögliche Kunden jetzt Zeit, sich mit Neuigkeiten auseinanderzusetzen. Das ist echt eine Gradwanderung.

Welche Probleme entstehen durch die Schließung der Bars, Taprooms und Restaurants?

Primär kämpfen wir mit Absatzverlusten. Zudem stellt man sich die Fragen: Überlebt der Gastronom das? Wenn ja, hat er in Zukunft noch Lust auf preisintensivere Produkte wie unsere? Haben die Leute nach der Krise erst richtig Bock auf Biere wie unsere? Oder sind alle Pleite und steigen auf günstigere Alternativen um?

Jede Krise hat Sieger und Verlierer. Was lernen wir aus der jetzigen Situation?

Ich erkenne leider keine Sieger, bis auf die „großen Einzelhändler“, also Aldi, Lidl, Rewe, Edeka usw. Daraus lernen wir, dass wir uns breit aufstellen und flexibler werden müssen, um kreative Ideen schnell umsetzen zu können, wie beispielsweise der Lieferdienst von Frisches Bier. Zudem sind wir dabei den Umgang mit Social Media zu professionalisieren, weil dort gerade hohe Aufmerksamkeit erzielt wird. Und: Lokale junge Unternehmer müssen sich noch enger vernetzen, um daraus lieber früher als später dringend benötigtes Kapital schlagen zu können. Ein gutes Beispiel ist die Aktion von Aqua Monaco mit dem Hastag #supportyourmünchnerdrinks.

Wie sieht der Craft-Biermarkt nach Covid-19 aus?

Wir besprechen uns derzeit dazu intern sehr intensiv, aber zu einem Schluss können wir noch nicht kommen, es entwickelt sich alles noch zu dynamisch. Ich vermute, dass es preisintensive Biere noch schwerer haben werden. Bald werden die Gelddruckmaschinen rund um den Globus angeschmissen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Das bedeutet eine erhöhte Inflation in den kommenden Jahren. Gerade bei preisintensiven Produkten macht sich dann wohl eine Geldwertminderung bemerkbar. Egal welche Gründe angeführt werden, diese Krise kann für unsere Branche nur schlechte Auswirkungen haben. Selbst wenn Leute wieder auf lokale, junge, kreative, innovative Biere setzen wollten, wer soll sich diese dann leisten? Die Biere werden durch höhere Produktionspreise tendenziell sicherlich auch wieder teurer.  

Top-Brauer: Isarkindl – Brauen mit dicken Brettern

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Das Isarkindl-Team: (v.l.) Rainer, Nina, Xaver und Simon. (Foto: Christian Büttner)

Xaver Amler und Simon Klur gehören zu ausgewiesenen Experten für untergärige Biere. Mit ihrer Marke Isarkindl, die aus dem Innovationswettbewerb der TU München in Weihenstephan entstanden ist, stellten die bayerischen Jungbrauer bisher modern interpretiertes Helles und Märzen in die Regale. Das Isarkindl-Team trägt damit zu einer neuen Münchner Biervielfalt bei und sprudelt geradezu von spannenden Ideen. Wegen ihrer kreativen Sude gehören sie zu den Top-Brauern der Nation.

Wann habt ihr euer erstes Bier gebraut und wie ist es geworden?

Simon: Das müsste bei mir im ersten oder zweiten Semester gewesen sein. Es war ein dunkler Weißbierbock. Damals ist er mir wirklich wahnsinnig gut vorgekommen…

Xaver: Bei mir war das kurz vor dem Abi. Mein Thema zur Facharbeit im Leistungskurs Chemie hieß: „Vergleichen Sie moderne und klassische Biersorten. Herstellung eines hellen Lagerbieres“. Dabei habe ich erstmal richtig versagt. Der erste Versuch scheiterte an der Gärung. Meine Kumpels und ich haben es aber trotzdem getrunken.

 

Wie seid ihr eigentlich auf den Namen „Isarkindl“ gekommen?

Simon: Das war das Ergebnis eines sehr langen Brainstormings. Nina, Rainer, Xaver und ich haben uns über Wochen einfach alles was uns eingefallen ist zugeschickt. Das war dann letztendlich eine Liste mit hunderten Namen. Da stand dann eben auch ISARKINDL mit drin.

Xaver: Das erstaunliche daran war ja, dass das ganze per E-Mail-Austausch funktionierte. Zu dem Zeitpunkt sahen wir uns nämlich noch nicht allzu oft und mussten Brainstorming vor dem Computer leisten.

 

Was macht für euch ein wirklich außergewöhnliches Bier aus?

Simon: Ganz einfach – es muss mir außergewöhnlich gut schmecken. Dabei ist mir eigentlich ziemlich egal, ob es ein ausgefallenes Craft-Bier mit Kiwi, Milchsäurebakterien und Brettanomyces oder einfach ein sehr gutes Helles ist. Und vor allem spielt auch immer irgendwie die Umgebung mit rein.

Xaver: Mir ist wichtig zu erkennen, wer hinter dem Produkt steht. Das heißt auch, dass Biere von großen Konzernen zwar qualitativ top sein mögen, aber aufgrund der Anonymität gar nicht außergewöhnlich sein können. Wir arbeiten gerade zusammen mit vielen kleinen Brauern an einer zukunftsträchtigen Bewegung: Die alteingesessene Bierkultur neu zu beleben. Da ist für mich eine echte Berliner Weiße genauso außergewöhnlich wie ein Festbier mit Mandarina Bavaria.

 

Welchen Biertyp trinkt ihr am liebsten und warum?

Simon: Das kommt immer auf die Situation an. Zurzeit trinke ich sehr gerne Sauerbiere. Gerade im Frühling und Sommer bin ich da immer recht scharf drauf.

Xaver: Ich gehöre zum Team untergärig. Das sind meist sehr saubere Biere, die bei richtiger Hopfenzugabe auch Ales und Weißbieren in nichts nachstehen. Dazu sind sie häufig auch noch süffiger.

 

Was sind eure Lieblingshopfensorten?

Simon: Schwer zu sagen, aber die gute alte Hersbruckerin findet schon sehr oft ihren Weg in meine Biere. Wenn es dunkler wird, benutze ich auch gern Super Styrian Aurora. Nicht zu vergessen die Sorte Comet, die ist halt einfach klasse.

Xaver: Das kommt ganz auf den Hopfengabe-Zeitpunkt an. Die Klassiker wie Hallertauer Mittelfrüh, Tettnanger und Hersbrucker schmeiß ich schon sehr gern in den Whirlpool. Die Gabe im Heißbereich ergibt meiner Meinung nach sehr rund-ausbalancierte Hopfennoten, die sich mit der Malzaromatik besser verbinden. Aber auch Cascade gibt richtig geile Noten. Kaltgehopft stehe ich auf Callista, Comet und auch wieder den Cascade.

 

Welche Eigenschaften zeichnen euer Meinung nach einen richtig guten Craft-Brauer aus?

Simon: Craft-Brauer*innen brauchen Mut und Eigensinn. Das ist jetzt in Bayern natürlich noch leichter gesagt als getan, aber wer weiß, vielleicht dürfen wir ja auch irgendwann mit speziellen Zutaten jenseits des Reinheitsgebotes mal richtig Gas geben…

Xaver: Ein richtig guter Craft-Brauer vergisst nie den handwerklichen Geist hinter seinem Produkt. Je mehr er in sein Handwerk oder in qualifiziertes Personal investiert, umso besser werden seine Biere. Und dabei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt.

 

Was war das schrägste Bier, das ihr jemals getrunken habt?

Simon: Das war wohl das Bier, dass wir während eines Uni-Praktikums gerührt haben. Wir brauten einen dunklen Weißbierbock und gaben in den Whirlpool zwei Tafeln Zartbitterschokolade und Habaneros dazu. Ja, das hat dann ziemlich gebrannt auf der Zunge…

Xaver: Ich durfte schon viele schräge Biere verkosten, aber die „Gurken Gose“ von Hopfmeister und Braumanufaktur Hertl gehört ganz oben auf die Liste. Auch das „Room 101“, ein gemeinschaftlicher Sud von Yankee&Kraut, Freigeist Bierkultur und Pirate Brew Berlin gehört für mich dazu.

 

An welchem Ort der Welt würdet ihr mit eurem besten Freund gern ein Bier trinken?

Simon: Eigentlich reicht mir da wirklich die Isar im Sommer. Das ist schön und vor allem einfacher umzusetzen als auf der Nase der Sphinx in Ägypten zu hocken.

Xaver: Mein Traum: Auch mal das eigene Bier aus der Maß in der Haager Schloßallee an der Amper zu trinken (weit und breit der schönste Biergarten der Welt!). Vielleicht brauen wir ja dann auch mal ein Collab mit Hofbräu Freising…

 

Und was habt ihr als nächstes vor?

Simon: Ich habe mir vorgenommen, wieder mehr mit unserer alten Brettanomyces-Hefe zu experimentieren.

Xaver: „Brett-Bier“ im Großformat zu brauen – das wäre schon der Hit. Derweil aber konzentriere ich mich auf moderne Interpretationen klassischer Bier-Rezepturen. Pils, Weißbier, Braun- und Kellerbier, da ist überall so wahnsinnig viel Potential drin!

 

Yankee & Kraut und Isarkindl: Grünes Power-Ale für coole Winternächte

img_20161111_162633Angeblich soll bei diesem Bier die Hopfengabe etwas eskaliert sein. Kann ja jeder sagen, dachte ich mir und durfte mich als eine der ersten von diesem Göttertrank überzeugen. Tatsache, mit ihrer Behauptung haben die Brauer nicht übertrieben. Hier geht es um ein Winter Ale mit wirklich jeder Menge Grün.

Entwickelt wurde das „Hoada“ von Isarkindl und Yankee & Kraut – die bereits für ihre Hopfenliebe bekannt sind. Das trübe, braunfarbige Bier dürfte jedoch im Glas selbst eingefleischte Hopfen-Cowboys zunächst etwas irritieren. Es sieht aus wie ein Mix aus Baileys und Milchkakao. Hält man aber erst mal die Nase in das 6,6-prozentige Ale, dann ist das Aussehen sofort passé. Dann explodiert ein Duft von tropischen Früchten wie Maracuja, Pampelmuse und Papaya. Dazwischen schleichen sich noch zarte Anklänge von Blutorange. Im Geschmack ist das Hoada-Ale richtig knackig. Ein Aromacocktail an Südfrüchten und roten Beeren setzt sich nachhaltig an Zunge und Gaumen fest. Hier zeigen die Hopfensorten Cascade, Comet, Calista und Mandarina Bavaria ihr ganzes Können. Das Mundgefühl ist herrlich frisch. Im Finish ist eine feine Bittere spürbar.

Fazit: Was für ein geiles Bier! So schön fruchtig, erfrischend und beeindruckend, aber keinesfalls zu überladen. Doch wieso Winterbier? Der Name „Hoada“ bedeutet auf altbairisch jedenfalls „kalte Winternacht“. Ich würde dieses Ale aber auch im Sommer, im Herbst, im Frühling und auch am Tage trinken.

Brauer Portrait: Isarkindl – Vom Innovationswettbewerb zur eigenen Marke

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Xaver Amler, Mitgründer von Isarkindl. Foto: Christin Büttner

Helles gehört für Bayern zum Grundnahrungsmittel. Außerdem liegt es derzeit wieder voll im Trend. Doch verlangt genau dieser Bierstil nach neuen Interpretationen. Das finden auch Simon Klur (26) und Xaver Amler (28), die dem Traditionssud wieder mehr Leben einhauchen wollen. Die Studenten an der TU München in Weihenstephan sahen im Jahr 2014 ihre Chance beim uni-internen Innovationswettbewerb. So starteten die beiden vor zwei Jahren ihr Kreativprojekt. Ihre Grundidee: ein Helles zu brauen, dass nicht einfach nur klassisch mit unter- oder obergäriger Hefe vergoren ist. Also gaben sie belgische Brettanomyces-Hefe in den Sud, die im Aroma einen typischen Pferdedecken-Charakter vorweist. Ein Jahr später, also 2015, gründeten sie die Marke „Isarkindl“.

 

 

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Simon Klur, Mitgründer von Isarkindl. Foto: Christin Büttner

Mittlerweile bringt Isarkindl zwei Sorten auf den Markt, von denen sie allein im Mai mehr als 15.000 Flaschen verkauften. Neben dem modern interpretierten Hellen mit Aromahopfen steht auch ein Bier mit dem Namen „Schmankerl“ in den Regalen. Dieses kupferfarbene Märzen schmeckt richtig  süffig und ist mit blumigen Hopfennoten abgerundet. Zwar planen die Jungbrauer noch weiter Kreationen, aber zunächst wollen sie sich auf die aktuellen Sorten konzentrieren, um damit ihre Marke weiter voranzutreiben.

 

 

 

  1. Was ist passiert, damit ihr euch für den Brauer-Beruf entschieden habt?

Simon: Während der Schulzeit habe ich nach einem Studium mit viel Naturwissenschaften und einem praktischen Bezug gesucht. Naja, die Praxis innerhalb des Studiums fiel dann geringer aus als erwartet, aber da kann man sich ja selbst drum kümmern.

Xaver: Ich hatte Leistungskurs Chemie. Und wollte eigentlich nicht die Facharbeit in diesem Fach schreiben. Aber das Thema nahm ich dann doch gerne an: „Brauen eines hellen Lagerbieres und Vergleich zwischen modernen und klassischen Biersorten“. Dafür musste ich auch eines brauen. Das alles hat so viel Spaß gemacht und Interesse geweckt, dass ich das Brauerstudium in Weihenstephan angefangen hab. Mit Erfolg! Bin grade dabei, die Masterarbeit fertigzustellen.

 

  1. Wann habt ihr euer erstes Bier gebraut und wie ist es geworden?

Simon: Vor etwa vier Jahren. Es war ein dunkler Weißbierbock. Guad wars! Aber ich muss zugeben:  allerdings mit Hilfe eines erfahrenen Hobbybrauers.

Xaver: Das war während meiner Facharbeit in der Schule. Es war ganz furchtbar! Trotzdem habe ich das Abitur bestanden. Damals wusste halt noch niemand, dass moderne Biersorten so etwas wie Craft-Biere sein können, nicht mal die Lehrer.

 

  1. Welche anderen Brauer/Brauereien haben euch am meisten inspiriert?

Simon: Giesinger.

Xaver: Maxlrainer! Liegt bei mir um die Ecke, daher hatte ich viele Jahre als Schüler dort immer wieder Ferienjobs gemacht. Ich musste Fässer waschen und Leergut sortieren –  Depperljobs eben. Aber die haben auch Spaß gemacht. Gute Freunde von mir machen das heute noch, weil in Maxlrain ein geiles Betriebsklima herrscht und die Chefs toll sind. Außerdem sind deren Biere handwerklich große Meisterleistungen!

Inspiriert hat mich aber auch Camba Bavaria. Hier habe ich ein 4-monatiges Praktikum bei BrauKon gemacht. Zum Mittagessen war ich im Wirtshaus nebenan. Und geil ist das Camba Pale Ale frisch aus dem Fass zum Feierabend!

 

  1. Welches Bier (außer den eigenen) würdet ihr dem besten Freund empfehlen?

Simon: Jetzt gerade „Miami Weiße Cuveé“ von Lucky Bastards, meine liebste Entdeckung auf dem Craft Bier Fest München.

Xaver: Das Urban Chestnut „Hopfenperle – Lager“ – habe ich vorgestern erst getrunken. Der Wahnsinn! Ein affenstark gut gebrautes Lagerbier mit deftig frischen Hopfennoten.

 

  1. Was sind eure Kriterien für ein richtig gutes Craft-Bier?

Simon: Kreativität.

Xaver: Frisch und charakterstark.

 

  1. Und was sind eure Lieblings-Hopfensorten?

Simon: Hersbrucker, Nelson Sauvin, Aurora.

Xaver: Mandarina Bavaria, Cascade, Hersbrucker und viele andere alte Aroma-Landsorten.

 

  1. Mit welcher berühmten Person würdet ihr gern mal anstoßen und warum?

Simon: Pumuckl! Er ist einfach der coolste Biertrinker überhaupt.

Xaver: Pumuckl? Da wäre ich sofort dabei, aber den sieht ja nicht jeder. Wenn dann also nur der Simon oder nur ich, je nachdem…