Brauer-Portrait: INALE – Gypsys mit ehrgeizigen Zielen

Andy und Matthias von INALE beim Tasting

Craftbier ist für die beiden gelernten Brauer Andy Marz und Matthias Pohl eine Lebenseinstellung. Durch ihre Tätigkeit beim Brauanlagenhersteller Krones konnten sie den internationalen Kreativbiermarkt genau beobachten und analysieren. So haben sie sich schließlich mit ihrer Marke „INALE“ auf die Fahnen geschrieben, dass sie nur mit absolut hochwertigen Produkten die Konsumenten überzeugen wollen. Deswegen setzen die Macher auf beste Rohstoffe, die wie sie selbst sagen „durch teils immense Einsatzmengen neue, völlig einzigartige Geschmackserlebnisse eröffnen.“ Aktuell sind Andy und Matthias noch als Gypsy-Brauer unterwegs und verwirklichen ihre Sude bei der Brauerei „Doppelleu“ in der Schweiz. Das Portfolio reicht von alkoholfreiem Pale Ale über Cream Ale, Wheat Ale, White Oat IPA und Brown Nut Ale. Neue Sorten sind bereits in Planung.

Welche Eigenschaften zeichnen eurer Meinung nach einen richtig guten Craft-Brauer aus?

Andy & Matthias: Ein guter Craftbrauer muss immer wieder den Fokus auf Qualität, handwerkliches Wissen und Können legen. Außerdem muss er Neuem offen gegenüberstehen. Im Idealfall findet sich genau dieser Anspruch einer Marke im Glas wieder. Das allein reicht aber mit Sicherheit nicht aus. Wir müssen den experimentierfreudigen Konsumenten begeistern und mitnehmen.

Was macht für euch ein wirklich außergewöhnliches Bier aus?

Matthias: Oft liegt ja das Außergewöhnliche in vermeintlich Einfachem. Daher überraschen mich immer wieder extrem gut gebraute, oft auch klassische Bierstile. Wir legen bei uns sehr viel Wert auf hohe Qualität und auch bei der Gestaltung der Flasche versuchen wir außergewöhnlich zu sein. Aber vor allen die harmonische und balancierte Rezeptur eines Bieres macht es schließlich einzigartig.

Andy: Biere deren Komposition passt: Aussehen, Geruch und Geschmack. Aber auch die, die mit Gegensätzen spielen. Ich freue mich immer wieder, wenn es jemand schafft, mit außergewöhnlichen Zutaten diese Balance einzufangen.

Was war das schrägste Bier, das ihr jemals getrunken habt?

Matthias: Im positiven Sinne das „Berry Vanilla Ale“ aus der Brewmaster Edition von Doppelleu. Mit Vanille und Erdbeere zu brauen ist schwierig und daraus einen leckeren, flüssigen Nachtisch zu machen, ist auch echt schräg.

Andy: Das Knox“ von Omnipollo hat mich umgehauen. Dabei handelt es sich um ein alkoholfreies, fruchtiges, spritziges und wahnsinnig leckeres Sauerbier.

Mit welchen ungewöhnlichen Zutaten würdet ihr gern einmal brauen?

Andy & Matthias: Besonders interessant finden wir momentan Alternativen zu klassischen Getreiden, etwa zum Brauen von glutenfreien Bieren. Aber auch die nahezu unerschöpfliche Vielfalt an obergärigen Hefen als Zutat und maßgebliche Geschmacksgeberin unserer Biere, fasziniert uns sehr.

Was sind eigentlich euere Lieblingsgerichte und was trink ihr dazu?

Matthias: Für mich verändert sich das immer wieder, so wie sich auch Geschmack generell verändert. Im Herbst und Winter liebe ich Schmorgerichte mit dunklen und kräftigen Soßen zu denen ich gerne ein dunkles, malzaromatisches Bier trinke, während im Sommer leichte, thailändische Reisnudelgerichte mit unserem IPA oder dem Cream Ale meine absoluten Favoriten sind.

Andy: Ich liebe Cobanos (Käsesandwich mit marinierter Wurst/Fleisch) dazu ein „0.1 PA-Alkoholfrei“ von uns und ich bin glücklich. Käse passt aus meiner Sicht immer wieder gut zum Bier und da ergeben sich viele Möglichkeiten gerade auch mal ganz privat ein kleines Foodpairing zu machen.   

Wie seht ihr die Entwicklung der Craft-Bierszene in fünf Jahren?

Andy & Matthias: In Deutschland wird sich Craftbier aus unserer Sicht weiter etablieren und eine immer größere Rolle in der Gastronomie spielen. Unsere Biere schmecken anders als die bekannten Bierstile und machen neugierig. Dabei wird alkoholfreies Craftbier immer mehr an Bedeutung gewinnen.

Und was habt ihr als Nächstes vor?

Andy & Matthias: Wir werden uns national weiterhin auf den indirekten Vertrieb fokussieren und unser Netzwerk weiter ausbauen. Wir wollen uns als neue Biermarke weiter etablieren und werden dabei sehr genau die Entwicklung des Biermarktes verfolgen. Wir haben mit unseren INALE-Bierstilen viel Raum für Neues geschaffen. Daher werden auch in Zukunft weitere neue Biere hinzukommen.

Brauer-Portrait: Hopfenkopf – „Die K/Craft liegt im Rohstoff“

Vom Hobby zum Beruf: Die drei Freunde Christian Krumbachner, Hans-Peter Gaßner und Robert Wurm aus Feichten an der Alz, nahe dem Pilgerort Altötting, gründeten vor knapp drei Jahren ihre Marke „Hopfenkopf“. Jahrelang tüftelte das Team in seiner Freizeit bereits im hauseigenen Keller mit einem 20-Liter-Kessel. Insgesamt 40 Testsude produzierten die Kumpels, bis endlich das Rezept für „s’Mandal“ stand und das Bier in den Verkauf ging. Dabei handelt es sich um ein klassisches Weißbier, das mit dem Hopfen Mandarina Bavaria gebraut wurde. Seit rund einem Jahr wurde die Hopfenkopf-Truppe um den österreichischen Kreativbrauer Martin Seidl erweiterte. Dieser brachte sein ungewöhnliches Stout „Schwarze Tinte“ mit ins Portfolio und schuf damit eine würdige Ergänzung für das oberbayerische Label. Gebraut wird in Bad Tölz und in Landshut.

Die Fragen beantwortete Martin Seidl:

Martin, welche Eigenschaften zeichnen Deiner Meinung nach einen richtig guten Craft-Brauer aus?

Craft heißt für mich nicht, dass jemand extreme Biere mit viel Hopfen oder Alkohol braut. Craft heißt für mich, dass ein Bier handwerklich und mit feinsten Rohstoffen produziert wird. Wir setzen beispielsweise bei unserem Hellen namens „Babba“ nur bestes Gerstenmalz aus kleinen Mälzereien und Hopfen direkt vom Bauern ein. Wir beschränken uns auf Hallertauer Mittelfrüh und Hersbrucker. Das sind beides keine Hochalphasorten, bringen aber eine hohe Süffigkeit und feinstes Aroma.

So unterscheidet sich unser Helles von herkömmlichen Industriebieren und macht es zu etwas Besonderen. Für uns gilt: Ein guter Brauer wird an seinem Hellen oder am Pils gemessen und nicht an IBU-Werten, hohen Stammwürzen oder alternativen Rohstoffen.

Was macht für Dich ein wirklich außergewöhnliches Bier aus?

Es sind vor allem die Rohstoffe und die Drinkability, die für mich ein besonderes Bier ausmachen. Als Beispiel nenne ich gern die Sorten von Schorsch Tscheuschner, dessen Schorschbräu-Sude zwar einen hohen Alkoholgehalt haben, aber dennoch sehr fein ausbalanciert sind. Ein außergewöhnliches Bier sollte also optimal abgerundet und dennoch nicht alltäglich sein.

Was war das schrägste Bier, das Du jemals getrunken hast?

Das war das „Mangalitza Milk Stout“ von der Brauküche 35. Es ist schon echt schräg, wenn geräucherte Schweinekopfhälften im Sud mitkochen und dann doch ein trinkbares Bier daraus wird. Beim Verkosten war ich überraschenderweise gar nicht so geschockt, wie beim Lesen der Braubeschreibung.

Mit welchen ungewöhnlichen Zutaten würdest Du gern einmal brauen?

Da ich Innviertler bin, stehe ich ja nicht immer unter den Vorgaben des Reinheitsgebots. Da wir in unserer Region gern auch Mostschädel genannt werden, würde ich gerne mal mit Mostbirnen oder Williamsbirnen brauen bzw. einen Hybrid aus Most und Bier herstellen.

Was ist eigentlich Dein Lieblingsgericht und was trinkst Du dazu?

Ich bin da ganz einfach gestrickt: Ein Wiener Schnitzel vom Schwein mit Semmelknödel (bei uns im Innviertel isst man das so!) und dazu unseren „Babba“. Gern aber auch Weißwürste mit unserem Weizen.

Wie siehst Du die Entwicklung der Craft-Bierszene in fünf Jahren?

Leider übertreiben es immer noch viele Craft-Brauer immer mit neuen extremen Bieren und ständig kommt ein neuer Bierstil auf den Markt, der viele Einsteiger eher verschreckt als anlockt. Viele Konsumenten sind dadurch überfordert. Ich bin der Meinung, dass in fünf Jahren leider die Hälfte aller neuen Crafties vom Bierfirmament verschwinden wird. Der Biermarkt wird nicht mehr Hektoliter hergeben, deswegen geht es darum, mit Verdrängung mehr zu produzieren.

Was heißt das konkret?

Wer sich künftig als Startup im Markt etablieren will, wird sehr schwer werden. Brauer, die sich schon einen Namen gemacht haben, nicht aufs Gypsy-Brauen angewiesen sind und ein gutes Vertriebsnetz haben, werden überleben. Auch die großen Brauereien werden ihre Hektoliter, die sie bis jetzt verloren haben, nicht kampflos aufgeben und deswegen auch mit neuen Bieren auf den Markt kommen. Das Haifischbecken wird also voller werden. Um kostengünstig produzieren zu können, ist es an der Zeit, dass sich viele „Kleine“ zusammentun und gemeinsam in Füllereien und Brauereien investieren. Das gilt auch für den Transport und bei der Bildung von Liefergemeinschaften, um miteinander die gleichen Händler zu bedienen. Nur so sind die meisten Startups überlebensfähig.

Kraftbierwerkstatt: Vom Fernsehen zum Sudkessel

Rasmus Muttscheller, Oliver Koblenzer und Oliver Bauss treiben seit kurzem ihr Unwesen im Stuttgarter Raum. Aus ihrem Hobby in klassischen Einkochtöpfen ein paar interessante Biere zu brauen wurde im vergangenen Jahr ein ernstes Business: Die Kraftbierwerkstatt. Die drei Böblinger, die auch in der Medienbranche tätig sind, mieten sich als Gypsy-Brauer in mittelständische Brauereien ein um ihre Sude zu verwirklichen. Ihre ersten drei Kreationen entstanden in der Böblinger Schönbuch-Brauerei – und sind ganz ordentlich gelungen.

Sud No. 1 - Kraftbierwerkstatt
Sud No. 1 – Kraftbierwerkstatt

Sud No. 1 – Toxic Harvest Ale

  • Alkohol: 5 Prozent
  • Stammwürze: 12 Prozent
  • Besonderes: Gebraut mit fünf Malz- und fünf Hopfensorten sowie ober- und untergäriger Hefe
  • Farbe: Orangefarben
  • Geruch: malzig, Hafer, Fruchtigkeit lässt sich erahnen
  • Geschmack: moussierend blumig mit fruchtigen Noten von Banane und Aprikose, dezente Bittere im Finish
  • Bittereinheiten: 28 IBU

Fazit: Durch die beiden verschiedenen Hefen zauberten die Brauer eine gewisse Frische mit fruchtiger Hopfenaromatik. Kann man so machen, aber eher etwas gegen den Durst!

663 Wheat Ale - Kraftbierwerkstatt
663 Wheat Ale – Kraftbierwerkstatt

663 – Urban Wheat Ale

  • Alkohol: 5,1 Prozent
  • Stammwürze: 12,8 Prozent
  • Besonderes: speziell gezüchteter Hefestamm, Aromahopfen
  • Farbe: helles Gold
  • Geruch: Schöne Mischung aus süß, sauer und fruchtig – reife Banane, Limone, malzig
  • Geschmack: vollmundig, leicht säuerlich von Hefe und Zitrusfrüchten, zugleich fruchtig
  • Bittereinheiten: 16 IBU

Fazit: Nein, es ist kein typisches Weizen. Das Interessante an diesem Bier ist die säuerliche Note, gepaart mit fruchtigen Aromen. Könnte noch kräftiger ausgebaut werden.

Triple Amber Ale - Kraftbierwerkstatt
Triple Amber Ale – Kraftbierwerkstatt

Triple A – Awesome Amber Ale

  • Alkohol: 5,3 Prozent
  • Stammwürze: 13 Prozent
  • Besonderes: Sieben Hopfensorten, gestopft mit Monroe
  • Farbe: Bernsteinfarben
  • Geruch: Banane, Pfirsich
  • Geschmack: Mirabelle, reife gelbe Kiwi, Pfirsich
  • Bittereinheiten: 30 IBU

Fazit: Das Amber Ale gefällt mir am besten von den drei Bieren. Schöne harmonische Fruchtnoten, die sicher auch hervorragend zu deftigen Essen wie etwa Burger passen.