Starkbier-Saison: Start in die 5. Jahreszeit

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Die Starkbier-Saison hat begonnen. Durstige Leute reisen aus der ganzen Republik vor allem nach Bayern, um die speziell eingebrauten Sude mit Namen wie Celebrator, Innovator, Maximator oder Anniversator im Rahmen traditioneller Festivitäten in Brauereien und Wirtshäusern zu probieren. Das wahrscheinlich bekannteste und beliebteste Event für solche Biere findet in München auf dem Nockherberg statt, ausgerichtet von der Paulaner Brauerei, die vor mehr als 380 Jahren von Mönchen gegründet wurde. Ausgeschenkt wird bei dem Spektakel ein kastanienbrauner Doppelbock namens „Salvator“ mit einem Alkoholgehalt von knapp acht Prozent. Viele bayerische Starkbiere erkennt man übrigens an dem Suffix „-ator“, welches laut Legende von dem historisch ersten Starkbier mit dem Namen „Sankt Vater“ stammt. Im Volksmund ergab sich daraus irgendwann „Salvator“, dass aus dem Lateinischen auch „Retter“ bedeutet. Eingeweihte wissen, dass es sich bei Biernamen mit dieser Endung in der Regel um einen untergärigen Doppelbock handelt. 

Woher kommt die Tradition?

Doch wie kam es eigentlich zu dieser trinkfreudigen Tradition? Bereits im 15. Jahrhundert brauten die heiligen Brüder aus der Paulaner Abtei alljährlich kräftig-malzige Sude für die Fastenzeit ein, in der sie auf feste Nahrung verzichten mussten. Um diese karge Zeit des Hungerns leichter zu überbrücken, tranken die Mönche sättigende Starkbiere. Denn in Klöstern galt die Regel: „Flüssiges bricht das Fasten nicht“ – und schließlich erzielt der Genuss von einem Liter des deftigen Gerstensaftes fast dieselbe nahrhafte Wirkung wie der Verzehr einer ganzen Brotzeit. Bei dieser flüssigen Nahrung handelt es sich meist um Bockbiere, die durch hohe Malzschüttung beim Brauprozess gehaltvoller als Helles, Pils & Co. sind. Vorgegeben sind laut Stilbeschreibung mindestens 16 Prozent Stammwürze und ein Alkoholgehalt von rund sieben Umdrehungen. Bei Doppelböcken, die meist auf den bayerischen Startbierfesten ausgeschenkt werden, liegen beide Werte sogar noch etwas höher.

Was ist Bockbier?

Um diesen Bierstil ranken sich übrigens einige Mythen. Einige Traditionalisten behaupten bis heute, dass Bockbier in Bayern erfunden wurde. Aber seine Geburtsstätte hat der Bock im niedersächsischen Einbeck. Mit 742 amtlich registrierten Brauherren war tatsächlich die alte Hansestadt einst Deutschlands Biermetropole schlechthin. Hier wurde schon im 14. Jahrhundert erfolgreich mit kräftigem Bier gehandelt, das damals allerdings noch „Ainpöckisch Bier“ hieß und als langhaltbares Lebensmittel galt. Die älteste noch vorhandene Rechnung für zwei Tonnen Einbecker Bier ist auf den 28. April 1378 datiert. Dieses Jahr gilt auch als Gründungsdatum des Einbecker Brauhauses, das die Bock-Spezialität erfand. Auch Martin Luther, der ein begnadeter Biertrinker war, soll einst gesagt haben: „Der beste Trank, den einer kennt, der wird Ainpöckisch Bier genennt“.So waren die norddeutschen Böcke schon damals auch bei bayerischen Herzögen und Fürsten äußerst beliebt. Das Bier schmeckte ihnen so gut, dass sie einfach einen Braumeister aus Einbeck abwarben, der den Trunk in München „nach einpöckischer Brauart”, so die damalige Bezeichnung, produzieren musste. Aus diesem Wortspiel und dem bayerischen Dialekt entwickelte sich mit der Zeit der Begriff Bockbier, was also nichts mit dem männlichen Herdentier zu tun hat.

Genossen wird dieser Stil inzwischen aber nicht mehr nur zur Starkbierzeit und auch nicht nur in Deutschland. Rund um den Globus trauen sich Brauer inzwischen an verschiedenste und auch kreative Rezepturen von hellen und dunklen Bockbieren. Bei vielen internationalen Brauereien gehen die Sude aber gern nach deutschem Vorbild über die Theken.

Ratsherrn: Bockige Tradition mit Kreativ-Touch

Gestern Abend läuteten acht Hamburger Brauer mit dem Anstich ihres Senatsbock wieder die fünfte Jahreszeit ein. Schon vor 50 Jahren pflegten Brauereien in der Hansestadt die Tradition, gemeinsam einen kräftigen Doppelbock einzubrauen – bis der Brauch irgendwann einschlief. Doch durch das Interesse an ungewöhnlichen Suden reanimieren 2015 namhafte Braustätten wie Ratsherrn, Blockbräu, Gröninger, Joh. Albrecht, Kehrwieder, Landgang, Überquell und Wildwuchs die alte Lust am Bock. Eines hat sich jedoch inzwischen verändert: Heute produziert zwar jeder Brauer das gleiche Grundrezept, dem Bier wird jedoch ein individueller Touch im Stil des jeweiligen Hauses geschenkt. Ich hatte die Version von Ratsherrn gestern auch im Glas.

Für den Senatsbock 2019 hat das Brau-Team aus den Schanzenhöfen den neuen Sud mit dem Trunk aus 2016 verschnitten, der 20 Monate im Brandy-Fass reifte und zusätzlich auf Eichenholzchips lagerte. Das klingt doch schon mal ziemlich vielversprechend. So fließt der 7,3-prozentige Bock in einem dunklen Kastanienbraun ins Glas, getoppt von einem cremigen und beigefarbenen Schaum. Im Duft präsentieren sich malzige Aromen vom typischen Doppelbock, die sich mit Anklängen von Schokolade, Sauerkirschen, Vanille und Holz sowie mit dezenten Röst-Noten vereinen. Samtig-weich rinnt das Bier auf die Zunge, wo sich auch malzige, rösttönige und schokoladige Feinheiten ausbreiten. Dazu paaren sich angenehme Klänge von Waldbeeren, Holz und Brandy. Das alles mündet in ein tolles Finish, das von einer sanften Herbe der eingesetzten Hopfensorten Hallertauer Mittelfrüh und Amarillo begleitet wird.

Fazit: Ein wirklich toller Doppelbock, in dem die Aromen sehr harmonisch abgestimmt sind. Es gibt bei diesem Edelstoff kaum eine Nuance, die überladend den Sud dominiert. Hoffentlich schaffe ich es im kommenden Jahr mal beim Anstich in Hamburg dabei zu sein… Danke Ratsherrn für die Kostprobe!

Heiland: Bierliqueur als Seele cooler Cocktails

IMG_20160329_214954Muss es immer Bier sein? Ja! Aber wenn ich schon mal einen Likör trinke, dann darf es gerne der „Doppelbockliqueur“ von Heiland sein. Kürzlich traf ich mich mit Stefan und Max Hofstetter sowie Kay Thieme im Red Hot, wo sie mir von ihrer Idee, einen exklusiven Bierliqueur herzustellen, erzählten:

Es begann mit einem Cocktail in einer Münchner Bar. Dieser Old Fashioned wurde vom Barkeeper mit einer Bieressenz veredelt. Stefan war von dem malzigen Charakter des Drinks durch die besondere Zugabe fasziniert. So tüftelte er zuhause seinen eigenen Bierliqueur aus. 2013 entstand daraus die erste Charge mit 1,5 Litern. Max und Kay kamen zum Probieren. Große Begeisterung! Also rührten, mixten und kochten die drei in der WG-Küche an unterschiedlichsten Rezepturen, bis nach acht anstrengenden Monaten die endgültige Kreation des „Heiland“ mit 22 Prozent Alkohol geboren war. Was drin ist,  soll ein Geheimnis bleiben: Immerhin lassen die Urheber durchblicken, dass sie bayerischem Doppelbock verwendet haben, aber welche genau, wollen sie nicht verraten. Jedoch räumen sie ein, dass Zucker, Rum und spezielle Gewürze dabei sind.

Das Ergebnis: Im Glas steht der Liqueur in einer kräftigen rotbraunen Farbe. Er duftet nach Gewürzen wie Zimt, Nelke, Thymian und Oregano. Am Gaumen spürt man gleich den süßlich-malzigen Körper des Doppelbocks. Auf der Zunge spielen Aromen von Rosinen, Datteln und Orangen mit. Nicht zu alkoholisch, mit schönem Biercharakter verabschiedet sich der Liqueur zu einem nachhaltigen Erlebnis, das ganz sicher auch für Craft-Bier-Fans von Interesse ist.

Fazit: Dieser Heiland ist sehr komplex und keineswegs so süß wie die meisten Liköre. Nach jedem Schlückchen lassen sich wieder andere Gewürznoten erahnen. Ein wirklich köstlicher Digestif! Stefan, Kay und Max empfehlen aber auch, den Liqueur in Cocktails zu mixen. Das soll eine fantastische Kombination ergeben. Werde ich als nächstes mal ausprobieren. Die Rezepte für einen „Munique Spritz“, einen „Heiland Sour“  oder dem „The Sacrament Cocktail finden sich auf der Website des Heiland-Teams. Ziel der Bayern ist es jetzt erst mal den Verkauf so richtig anzuschieben. Und dann, verraten sie, können wir uns aber vielleicht bald auch auf ganz neue Experimente freuen.

Pax Bräu: Gourmet-Tipp zum Entenbraten

Foto: Mareike Hasenbeck
Foto: Mareike Hasenbeck

Um gebührend in die Vorweihnachtszeit zu starten, gab es gestern am Sonntag zum ersten Lichtlein einen Entenbraten. Dazu aber keinen edlen Rotwein, wie es einschlägige Fernsehköche meist empfehlen, sondern den hellen Doppelbock „Fasenöchtor“ von Pax Bräu. Von der Ein-Literflasche goss ich ein Drittel über die Ente, um eine kräftige Sauce zu gewinnen… war köstlich. Der 8,5 prozentige Bock wurde mit Gerstenmalz und zehn Hopfensorten gebraut – ein ganzes Aromapaket aus Deutschland, Neuseeland, Australien und den USA: Pacific Gem, Galaxy, Smaragd, Millennium, Wakatun, Green Bullet, Dr. Rudi, Motueka, Cascade und Galena.

Die Farbe des Bocks ist hellbraun, getoppt von einem cremigen Schaum. Der Geruch ist durch die Vielseitigkeit des Hopfens auch in meiner geschulten Nase nicht ganz klar definierbar. Aber ich glaube das Bier duftet in einem wilden Mix nach schwarzen Johannisbeeren, Brombeere, aber auch etwas nach Mango, abgerundet durch Nuancen von diversen Gewürzen. Dem Hopfen nach zu urteilen müsste es schwarzer Pfeffer und Vanille sein. Ganz genau kann ich es nicht feststellen. Im Mund dringen rauchige Aromen durch, die im Zusammenspiel mit den Röstnoten der Ente ein optimales Zusammenspiel bilden. Im Übrigen lassen sich nur schwer dominierenden Aromen herausfiltern. Mit 35 IBUs, wirkt der Doppelbock kaum bitter. Zur Ente passte der „Fasenöchtor“ aber einwandfrei. Dem Namen zu urteilen, wohl als Faschingstrunk gedacht, passt das Bier aber prima in die kalte Jahreszeit. Solltet ihr einmal probieren!