
Immer mehr Brauer setzen auf Pastry Stouts, die ihren zuckersüßen Geschmack überwiegend durch Aromastoffe erzielen. Solche Biere sind selbst für Craft-Nerds äußerst gewöhnungsbedürftig: Sie schmecken nach Butterscotch, Käsekuchen oder Schokokeks.
Dass Stouts in Kombination mit Süßspeisen eine gewaltige Geschmacksexplosion auslösen können, ist selbst für ambitionierte Bierfans noch Neuland. Doch die meisten nachtschwarzen Sude mit Noten von Kaffee, Kakao oder Schokolade passen tatsächlich hervorragend zu Gebäck. Für manch internationale Craft-Brauer ist Bier als Beigabe zum Naschwerk aber offenbar zu langweilig: Sie machen den Sud zum eigenständigen Nachtisch.
Diese sogenannten „Pastry Stouts“ widersprechen eigentlich der Philosophie professioneller Brauer. Ziel der meisten Bierproduzenten ist es, einen Sud zu kreieren, der zwar hocharomatisch daherkommt, aber mit Harmonie und Eleganz aufwartet – und das alles ohne Aromastoffe. Bei Pastry Stouts ist das ganz anders. Die Sude präsentieren sich häufig hochalkoholisch, schon beinahe pappsüß und sind für ihren besonderen Geschmack vollgestopft mit Extrakten, Aromen oder Sirups. Ganz nach dem Motto: Viel bringt viel. Zum Einsatz kommen nicht selten Aromastoffe von Cookies, Marshmallows, Käsekuchen, Salzkaramell, Erdnussbutter oder Donuts – meist nach der Gärung. Bei deutschen Brauern stehen solche Sude unter scharfer Kritik, zumal sie völlig dem widersprechen, was sie in ihrer Ausbildung über die Herstellung von Bier gelernt haben.
Die derzeit bekanntesten Pastry Stouts stammen wohl aus Norwegen. Dort führt die 2011 gegründete Amundsen Bryggeri am südlichen Rand von Oslo gelegen, gleich eine ganze „Dessert Series“ mit mehr als zwölf verschiedenen Sorten. Bei den Dessert-Bieren aus der Dose bauen die Skandinavier bekannte Nachspeisen in flüssiger Form nach. So finden Bierliebhaber etwa ein in Bourbon-Fässern gereiftes Imperial Stout mit kräftigen 11,5 Umdrehungen, das mit Laktose und den Aromen Karamell, Schokolade, Erdnussbutter und Erdbeere versehen wurde. Oder aber eine 10,5 prozentige Version, die nach einem Cookie mit Schokoladenstücken und gesalzenem Karamell schmeckt sowie ein süßes Stout mit Salzkaramell-Käsekuchen-Himbeer-Aroma. Auch wenn sich so mancher Craft-Kenner grausen mag, die Brauer von Amundsen gelten mit den Pastry Stouts in ihrer Fangemeinde als besonders experimentierfreudig.
Etwas weiter im Norden Norwegens setzen auch die Brauer der Lervig Aktiebryggeri auf süße Sude. Ihr „Times 8 Imperial Pastry Stout“, das in Kollaboration mit Stillwater Artisanal aus den USA entstand, wurde mit Aromen von Zimt, Ahorn, Butterscotch und Kokosnuss vollgepumpt und legt ordentliche 16 Prozent Alkohol vor. Da diese Beigaben noch nicht ausreichen, stecken noch Kakaobohnen, Kaffee und Vanillezucker im Sud. Das Bier ist so deftig, sodass es sich nur um eine limitierte Charge handelte.
Wer sich nicht gleich an solch gewaltige Biere von Lervig, Amundsen & Co. traut und eher langsam in die Welt der Pastry Stouts eintauchen möchte, der sollte mal das „Schoko Bananen Stout“ von der Axiom Brewery aus Tschechien probieren. Diese Variation besitzt im Gegensatz zu ihren anderen Verwandten schlanke 6,5 Prozent und präsentiert in der Nase und auf der Zunge ein sanftes Aroma von Schokolade, Banane, Vanille und Kakao. Tatsache ist, dass die Interpretationen dieser Nachtischbiere noch lang nicht ausgereizt sind und wohl jeder sein flüssiges Dessert darunter finden kann.
Erschienen im Meiningers’s CRAFT Magazin für Bierkultur.