
Alle Jahre wieder: ob im TV, im Radio oder in Zeitungen und Zeitschriften – überall werden derzeit obligatorischen Jahresrückblicke präsentiert. Bei all den Turbulenzen, die auch Craft-Brauer im vergangenen Jahr überstehen mussten, möchte ich lieber einen Blick in die Zukunft werfen. Im folgenden Szenario habe ich eine Prognose mit 10 Trends gewagt, was uns meiner Meinung nach 2019 in der Craft-Bierszene erwartet.
- Tradition trifft Moderne: Klassische Bierstile wie Pils, Helles und Weißbier erleben weiterhin eine Renaissance. Um neue Zielgruppen anzusprechen, setzen Craft-Brauer vermehrt auf traditionelle Stilistik, denen sie jedoch neues Leben einhauchen, in dem sie die Biere mit Aromahopfen, speziellen Malzen oder ungewöhnlichen Hefen modern interpretieren.
- Hohe Trinkbarkeit: Schon US-amerikanische Craft-Bierhelden wie Ken Grossmann von Sierra Nevada prophezeite vor rund zwei Jahren, dass die Szene künftig auf leichte, aber hocharomatische und vor allem trinkbare Biere schwört. Stimmt! So mancher Brauer wird sich auch hierzulande mehr auf solche Sude mit weniger Umdrehungen konzentrieren, bei dessen Genuss man nicht gleich nach zwei Gläsern vom Hocker kippt.
- Mehr Qualität: Zu einem immer wichtigeren Thema wird die Qualität von Craft-Bieren. Erfahrene Craft-Genießer erkennen inzwischen Qualität und Pfusch beim Brauen und sind von deutlichen Fehlaromen häufig enttäuscht. Viele Craft-Brauer setzten deshalb in Zukunft noch stärker auf wirklich saubere Biere.
- Neuer Rohstoff-Star: Nach Hopfen und Malz tritt die Hefe jetzt immer mehr in den Vordergrund bei neuen Craft-Kreationen. Zahlreiche Craft-Brauer experimentieren inzwischen mit teilweise noch völlig unbekannten Mikroorganismen und erzielen damit ganz ungewöhnliche Aromaspiele. Auch bei alkoholfreien Bieren kommen verstärk solche speziellen Hefen zunehmend zum Einsatz, die Sude auch ohne Alkoholpower zu einem spannenden Genussabenteuer machen.
- Bitter vs. Flavour: Nach anfänglicher Euphorie reduzieren deutsche Hopfenbauern ein Großteil ihrer Flavour-Sorten und setzen – bedingt durch weltweite Nachfragedynamik – wieder auf lukrativere Bittersorten. Die Rückbesinnung kann man auch im aktuellen Barth-Haas Hopfenbericht nachlesen. Somit orientieren sich Craft-Brauer künftig noch stärker für ihre fruchtbetonten Biere an Sorten aus USA oder Neuseeland.
- Sauer schafft Genuss: In Belgien haben Sauerbiere eine lange Tradition. Aber auch hierzulande setzen Brauer wieder stärker auf deutsche Oldies wie Berliner Weiße und Gose oder probieren sich mit ganz eigenen Sauerinterpretationen. Sauerbiere treten einen Siegeszug um die Welt an – denn vor allem im Sommer sind diese Sorten ein polarisierender Hochgenuss.
- Edles aus dem Fass: Immer mehr Brauer legen ihre Biere zur perfekten Reifung in vorbelegte Holzfässer. Im Trend liegen derzeit alkoholreichere Gerstensäfte, die monatelang in Whisky-, Wein-, Brandy- oder Sherry-Fässern reiften. Hinter diesen Bierspezialitäten verbergen sich wahre Geschmacksfeuerwerke mit kräftigen Umdrehungen. Barrel-aging heißt das Zauberwort, was übersetzt nichts anderes bedeutet, als Fassreifung. Hinter diesem Anglizismus stehen seltene Biere, die die Aromatik der zuvor gelagerten Alkoholgeister annehmen. Viele Kreativbrauer haben schon in 2018 solche Fässer geordert und wollen in diesem Jahr ihre Fans mit ganz ungewöhnlichen Suden überraschen.
- Do it Yourself: Dieses Jahr bekommen Hobbybrauer eine noch größere Bühne als bisher. Für 2019 werden neue Festivals angekündigt, auf Messen entstehen eigene Präsentationsbereiche und immer mehr neue Homebrew-Awards werden aus der Taufe gehoben, damit auch Freizeitbrauer ihre Biere zeigen können. Man weiß ja nie, wer vielleicht einer der neuen Top-Craft-Brauer sein könnte…
- Kulinarische Erlebnisse: Craft-Bier etabliert sich zu einem immer stärkeren Bestandteil in der Gastronomie. Neben Weinkarten liegen vermehrt auch Bierkarten in modernen Restaurants aus. Zudem werden in modernen Locations immer häufiger Bierverkostungen angeboten oder als Menü-Begleitungen anstatt Wein auch mal ein Pale Ale, Stout oder Barley Wine empfohlen.
- Erste Marktbereinigungen: In der Craft-Szene ist es längst kein Geheimnis mehr: die anfängliche Goldgräberstimmung unter den Brauern weicht immer mehr Ernüchterung. Im vergangenen Jahr mussten schon einige Craft-Stätten ihre Pforten schließen. Brauer, die jedoch auf Qualität setzten und ihre Hausaufgaben in Sachen Marketing machten, konnten sich im Markt zu behaupten und ihre Position stärken. Einige mussten ernüchternd feststellen: Das Business im Craft-Bierbereich ist schwerer, als sich wohl viele vorgestellt haben. Der Verdrängungswettbewerb – darüber sind sich viele Brauer einig – dürfte 2019 noch härter werden.
11. Artgerechtebierhaltung
Immer mehr Craftbrauer sehen ein, dass nur durchgängig gekühltes Bier, insbesondere hopfengestopfte, den Kunden wirklich erreichen.
Die Enttäuschung über wochenlang warmgelagertes Bier schlägt sich durch bis zu den Absatzzahlen. Direkter Absatz ohne Zwischenwege wird die zukunft im Craftbereich.
Ein schöner Artikel mit Rückschau und Trends für 2020 . Gefällt mir gut .