Munich Brew Mafia: Citra schießt scharf

MunichBrewMafiaCitraPilsIn diesem Bier steckt echtes Können. Kein Wunder, denn Dario Stieren lernt sein Handwerk gerade an der ältesten Bier-Uni der Welt in Weihenstephan. Er machte parallel vor zwei Jahren auch den Biersommelier und braucht jetzt für den Abschluss seines Diplombraumeisters nur noch ein Praktikum. Das absolviert er jetzt bei sich selbst. Kürzlich rief er mit seinem Kollegen Niklas Zerhoch die Marke „Munich Brew Mafia“ ins Leben. Ihr erstes Bier brauten sie in Gundelfingen. „Da kann man wenigstens allein produzieren, ohne, dass sich jemand einmischt“, sagt der 25-Jährige. Ihr erster Sud kann sich jedenfalls sehen lassen und fließt sogar schon vom Hahn im Münchner Tap House.

Das Citra Pils namens „Don Limone“ mit 5,3 Prozent Alkohol wurde insgesamt vier Mal mit der Sorte Citra gehopft – und das kommt richig gut rüber. Einmal schossen die Münchner es kalt sogar durch eine Hopgun, dem berühmten Hopfengewehr. Hellblond strahlt es im Glas, getoppt von einer schneeweißen Schaumkrone. Es duftet grasig und dezent nach Zitrone und Orangenschale. Spritzig und erfrischend füllt sich der Mund. Auf der Zunge breiten sich dann Noten von Zitrone, Mirabelle, Orange und Grapefruit aus. Im Finish läuft das Pils mit 30 Bittereinheiten zart herb die Kehle hinunter.

Fazit: Das ist mal ein richtig tolles Pils, wirklich eines der besten, was ich bisher getrunken habe! Fruchtig, leicht herb und nicht zu alkoholisch. Ich kann es mir echt super im Sommer bei heißen Temperaturen zur Erfrischung oder als idealen Grillbegleiter vorstellen. An diesem Sud kann man sich einen ganzen Abend lang begeistern. München ist um eine kreative Biermarke reicher. Und ich freue mich auf weitere kreative Sude der Brew Mafia.

Weihenstephan: Forscherbier aus der Männerhandtasche

Vergangene Woche war ich auf der BrauBeviale in Nürnberg. Leider war ich mit dem Auto da und konnte von den vielen und tollen Suden, die dort ausgeschenkt wurden, nur an einigen nippen. Matthias Ebner, Organisator des Innovationswettbewerbs für Getränke- und Lebensmitteltechnologie der TU München in Weihenstephan, hatte wohl besonders Mitleid mit mir. Er schenkte mir eine spezielle Männerhandtasche mit drei Bieren aus der Forschungsbrauerei. Die musste ich dann zwar quer durch die Messe schleppen, aber es hat sich gelohnt. Zwei Hopfensäfte aus der Holzkiste habe ich mir zuhause dann schon mal genauer auf der Zunge zergehen lassen.

1447778199053Das erste heißt „White Hoplosion Comet“. Eingebraut wurde das sechs prozentige Hefeweizen extra zum 150. Geburtstag der Uni für Brauwesen. Es leuchtet sonnengelb im Glas. Schon der hefig-fruchtige Duft lässt ein großes Bier erwarten. Moussierend und zugleich erfrischend verbreitet sich der Trunk am Gaumen. Aromen von roten Beeren und Zitrusfrüchten, die vom Comet Hopfen stammen, streicheln die Zunge. Dazu kommen würzige Noten von der Sorte Herkules und etwas Bananiges von der Hefe. Von den 56 Bittereinheiten merke ich im Abgang nicht besonders viel, stört aber nicht. Trotz sechsprozentigem Alkoholgehalt wirkt „Hoplosion“ eher leicht. Das bedeutet: hohe Trinkbarkeit.

1447778189543Das zweite Bier heißt „Luke`s Stout“. Mit 6,3 Prozent Alkohol ist es nicht zu schwer. Das kastanienbraune Stout riecht etwas nach Eisen, dennoch dominieren röstige Noten. Im Mund überraschend frisch mit karamelligen Nuancen, gepaart mit dunkler Schokolade, Kakao und einem Hauch Espresso. Im Abgang erscheint auf einmal ein fruchtiger und deutlicher Geschmack von Quitten.

Fazit: Das White Hoplosion Comet ist mal ein ganz anderes Weißbier-Erlebnis. Wenn man dieses Bier kaufen könnte, würde ich mir gleich noch ein paar Flaschen besorgen. Luke`s Stout ist sicherlich ein ansprechendes Ale, dennoch trifft es nicht ganz meinen Geschmack. Besonders positiv überrascht war ich allerdings von dem unerwartet, fruchtigem Abgang. Beide Biere lassen indes Hoffnung aufkeimen, das aus Weihenstephan künftig noch mehr großartige Hopfensäfte zu erwarten sind.

TU München: „Rubin Royal“ als innovativer Aperitif

Rubin Royal
Rubin Royal

Es gibt Weinliebhaber und es gibt Bierliebhaber. Inzwischen interessieren sich aber auch immer mehr Weinfreunde für moderne Craft-Biere. Diesen Trend griff ein Team von vier Weihenstephaner Braustudenten der TU München im Rahmen eines Innovationswettbewerbes auf und versuchte einen Brückenschlag zwischen beiden Welten. Ihr Bier ist eine Kombination aus 75 Prozent Starkbier und 25 Prozent Fruchtwein, der aus Himbeeren, Sauerkirschen und Heidelbeeren produziert wird. Dieses „Weinbier“ ist mit britischer Ale-Hefe und Epernay-Hefe aus der Champagne vergoren. Mit ihrem „Rubin Royal“, das in edler Champagnerflasche mit kreativem Design daherkommt, wollen die TU-Brauer die 7000 Jahre alten Mauern zwischen Traube und Malz einreißen.

Die roten Beeren bringen ein kräftiges Rubinrot ins Glas, was eine ungewöhnliche aber appetitliche Optik präsentiert. Darüber thront ein feinporiger rosafarbener Schaum. Im Duft überragen Beerenaromen mit stärkerer Dominanz von Himbeere aber auch mit nussig-malzigen Nuancen. Im Antrunk prickelt dieses Ale-Experiment mit erfrischender Fruchtigkeit auf der Zunge. Im Mund entwickelt sich eine harmonische Süße, die den Malzkörper des Bieres erahnen lässt. Die doch satten acht Prozent Alkohol sind kaum zu spüren. Der Trunk bleibt frisch und im Abgang macht sich eine leichte Bittere des Hopfens bemerkbar.

Fazit: Dieser Aperitif ist keineswegs ein klassisches Biermischgetränk, sondern wirklich eine echte Spezialität für den besonderen Anlass. Für den hopfenorientierten Craft-Bierfan stellt „Rubin Royal“ mal einen kreativen Ausflug dar, aber vor allem Genießerinnen können dieses „Weinbier“ als echte Alternative zu Sekt oder Prosecco sehen.

Craft-Bier des Monats: Vier Freunde, eine Idee –  Cerevisium1516

Cerevisium 1516
Cerevisium 1516

Genau genommen gibt es dieses Bier noch gar nicht. Es soll mindestens sechs Monate in der Flasche reifen, bevor es sein volles Aroma entfaltet. Ich habe diese Wahnsinnsbier schon nach vier Monaten probiert – an einem heißen Augusttag auf schattiger Terrasse, eiskalt und in Champagnergläsern serviert. Die Champagnergläser sind wichtig, denn das Weihenstephaner Kreativteam – die vier Brauerfreunde, Donatus, Stefan, Daniel und Tae Soon – definiert diesen Hopfentrunk als echtes Champagnerbier.

Das klingt zwar erst mal etwas abgehoben, aber nicht nur die erlesene Aufmachung in Schampus-Flasche mit Edeletikett, sondern vor allem der Blick in den Herstellungsprozess rechtfertigt diese Bezeichnung allemal. Cerevisium 1516 (die Jahreszahl steht für die Einführung des Reinheitsgebots!) wird tatsächlich wie Champagner ausgebaut und mit traditioneller Rüttelmethode veredelt. Neben untergäriger Bierhefe wird Sekthefe aus der Champagne verwendet. Das merkt man schon beim Einschenken an der feinen Perlage im Glas. Was das Jungbrauerteam aus angehenden und fertigen Diplom-Braumeistern nach langjährigen Homebrew-Experimenten jetzt mit ihrem Erstlingswerk vollbracht hat, ist höchste Handwerkskunst verbunden mit wissenschaftlicher Akkuratesse. Angeblich geht jede einzelne Flasche mindestens einhundertmal durch ihre Hände.

Das Ergebnis ist ein ganz ungewöhnliches Bier auf wirklich hohem Niveau. Es strahlt in komplexen Goldorange, das an ganz lange gelagerte Champagner erinnert. Gebraut aus Gerstenmalz mit Hallertauer Blanc, Monroe und einer „geheimen Sorte“, bringt Cerevisium stolze 24 Prozent Stammwürze, 11,5 Prozent Alkohol bei zarten 10 Bittereinheiten auf die Waage. Das alles zaubert einen komplexen, fruchtigen und honigartigen Duft in die Nase. Und ein Hauch von Holunderblüte erinnert an feine Schaumweine aus den höheren Lagen der Champagne. Auf der Zunge entfaltet sich das das Bier vollmundig, cremig, mit Aromen von Pfirsich und reifer Honigmelone. Ein moussierendes Prickeln am Gaumen erinnert zwar entfernt an bessere Weißbiere, geht aber in seiner ganzen Tragweite über herkömmliche Marken hinaus.  Zurück bleibt eine dezente Honigsüße neben einer leichten Bittere, sowie angenehm trockenen Sektnoten, was – alles in allem – in einen sehr, sehr langen Abgang mündet.

Fazit: Das Freising Brau-Team hat im Schatten der ältesten Bieruniversität der Welt wohl erstmals hierzulande die Mauer zwischen Bier und Schampus eingerissen, ohne die Regularien des Reinheitsgebotes zu verletzen. Ein wirklich großer Wurf dieses Cerevisium 1516. Aber kein Bier für Kampftrinker, sondern für echte Gourmets gemacht, als kreativer Aperitif oder als edler Digestif nach feiner Spitzenküche. Mit solchen Suden könnte die Craft-Bier-Szene endlich den erhofften Durchbruch auf den Getränkekarten von Top-Restaurants und Edel-Bistros schaffen. Man kann nur hoffen, dass die vier Brauerfreunde über ihr Crowdfunding-Projekt viele Investoren und bald eine eigene Braustätte finden.