Tanker Brewing: Geschmacksabenteuer aus dem Baltikum

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Tanker Brewery „Craft FM Session Pale Ale“

Ja, ich liebe Überraschungen und sinnvolle Urlaubsmitbringsel. Im August war meine Schwester mit ihrem Freund im Baltikum unterwegs. Beide stehen total auf Craft-Bier. Daher tingelten Elena und Eisi durch die coolsten Bars der Gegend und schauten sich einige Brauereien an. Man sollte es nicht glauben, aber im Baltikum ist in Sachen Craft-Bier richtig was los. Zugegeben war ich ganz schön neidisch. Immer hin brachten die Reisenden mir ein paar baltische Kostproben mit. Zwei aus der estnischen Tanker Brewery gefielen mir am besten: Das Session Pale Ale „Craft FM“ und das Sour Ale „Red Rain“.

Tanker zählt zu den angesagtesten Brauereien im Baltikum. Die beiden Gründer Jaanis Tammela und Ryan Suske waren einst klassische Homebrewer. Doch 2015 starteten die beiden mit größerer Produktion in ihrer eigenen Biermanufaktur so richtig durch. Innerhalb von nur zwei Jahren kreierten die Tanker-Chefs schon mehr als 60 verschiedene Sorten wie etwa auch Rye Lager, Gruit Ale oder Mint Stout.

Nun zu den Bieren, die ich verkostet habe: Das sonnengelbe Session Pale Ale der Esten hat nur zarte 3,5 Prozent, aber einen wahnsinnig fruchtigen Duft nach Maracuja, Papaya und frischgemähtem Gras. Am Gaumen präsentiert sich „Craft FM“ erfrischend-leicht mit deutlicher Herbe und tropischen Noten.

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Tanker Brewery „Red Rain“

Etwas ungewöhnlicher kommt das „Red Rain“ mit sieben Prozent daher. Das Sauerbier ist mit schwarzen Johannisbeeren gebraut und zeigt sich daher in einer rubinroten Farbe. Es strömen Aromen von Sauerkirsche und schwarzen Beeren in die Nase. Dazu paart sich mit großer Eleganz ein animalischer Touch der Brettanomyces-Hefe. Auf der Zunge überzeugt das Ale mit einer süßlich-sauren Kombination, die tatsächlich an schwarze Johannisbeeren erinnert. Die Säure bleibt noch einige Zeit am Gaumen zurück.

Fazit: Das Pale Ale ist für mich wieder mal ein ideales Beispiel, an dem man erkennt, dass auch ein hervorragendes Geschmacksabenteuer ohne viel Alkoholprozent an den Gaumen gezaubert werden kann. „Red Rain“ dagegen ist ein idealer Aperitif, dessen Säure und Fruchtaromatik sofort den Appetit anregt. Kompliment nach Estland!

Steamworks Brewing: Hopfenfeuer ohne Brandfolgen

IMG_20160831_192450Es ist immer wieder erstaunlich, wie Bier schmecken kann. Auch wenn es nur schlanke 4,4 Prozent Alkohol vorweist. Ich rede hier vom India Session Ale namens „YVR“ aus der kanadischen Steamworks Brauerei in Vancouver, das ich kürzlich mit meiner Schwester genossen habe. Was mich gleich ansprach: Es ist mit einem Hopfentrio von der südlichen Halbkugel gebraut – Galaxy, Orbit und Nelson Sauvin.

Die schöne goldene Farbe bringen vier verschiedene Malze wie Premium 2-Row, Cara 20, Carapils und Münchner ins Glas. Obendrauf sitzt ein schneeweißer, feinporiger Schaum. Schon beim Eingießen betört das fruchtige Bukett das Riechorgan. Hängt die Nase aber erst mal direkt über dem Bier, dann schießt ein tropischer Cocktail empor: Maracuja, Mango, Stachelbeere und Pampelmuse vereinen sich mit einer würzig-grasigen Note. Am Gaumen angekommen, bringt das Session Ale köstliche Erfrischung, bis dann auch im Mundraum die Südfrüchte ihr volles Aroma entfalten. Unterlegt ist „YVR“, dass übrigens der Flughafencode für Vancouver ist, mit einem zarten Malzcharakter. Ich wollte es anfangs gar nicht runterschlucken, weils eine so schöne Aromatik auf der Zunge verbreitet. Aber auf die 40 Bittereinheiten im Finsih wollte ich dann doch nicht verzichten. Und: Nuancen von reifer Aprikose und eine liebevolle Herbe bleiben noch einige Zeit auf der Zunge haften.

Fazit: Wow, über was für eine wunderbare Aromastruktur dieses India Session Ale verfügt. Hier legt Steamworks ein Musterbeispiel vor, das zeigt: wenn die Hopfensorten stimmen, dann braucht man echt nur wenig Alkohol als Befeuerung für den Geschmack. Damit kann man einen ganzen Abend verbringen, ohne ins Straucheln zu geraten. Ich glaube, ich habe mich ein bisschen in dieses Bier verliebt. Probiert es selbst!

Collaborationbrew: Karibischer Sonnenaufgang zwischen Odenwald und Bayernwald

Braukunstkeller und Hofmarkbrauerei - SunRise Session IPA
Braukunstkeller und Hofmarkbrauerei – SunRise Session IPA

Hier zeigt der Hopfen mal wieder sein echtes Können. Das „SunRise Session IPA“, Ergebnis einer Kooperation zwischen Braukunstkeller aus Michelstadt und der Hofmark Brauerei aus Loifling bei Cham, hat nur 2,9 Prozent und schmeckt selbst als Leichtbier richtig gut. Klar, Alkohol ist Geschmacksträger. Aber die grünen Dolden auch!

Dieses India Pale Ale leuchtet wirklich wie ein karibischer Sonnenaufgang im Glas. Im Geruch präsentieren sich die eingesetzten Hopfensorten Centennial, Citra, Simcoe und Columbus. Es duftet wie ein ganzer Korb voller Tropenfrüchte. Im Antrunk exotisch-fruchtig mit Mango, Papaya und etwas Aprikose. Am Gaumen dann erfrischend prickelnd. Im Finish zeigt das grüne Gold nochmals seine volle Kraft. Mit 59 Bittereinheiten geht das „SunRise“ ganz schön herb und bitter die Kehle runter. So mag ich das.

Fazit: Alexander Himburg und Werner Drexler haben mit ihrem gemeinsamen Projekt ein wunderbar charakterstarkes Sommerbier für echte Hopheads mit großem Durst hingelegt. Aber: Craft-Anfänger sollten sich hier lieber vorsichtig ran tasten, der IBU-Wert könnte ihn den Spaß verderben. Ich hab mir jedenfalls gleich noch ein paar Flaschen besorgt. Toll!