Ich muss zugeben, dass ich eigentlich hopfige Biere bevorzuge. Doch die neue Kreation aus der Herzblut-Serie von Pyraser aus Bayern ist wirklich etwas Besonderes und begeistert selbst eingefleischte Hop Heads. Für „Liebe im Kornfeld“ spielte Brauermeister Achim Sauerhammer mit sechs verschiedenen Malzsorten: Weizen-, Dinkel-, Gersten-, Roggen-, Hafer- und Emmermalz und verfeinerte mit Spalter Select Hopfen.
In einem attraktiven Orangeton scheint das Bier durchs Glas, getoppt von einer mächtigen Schaumkrone. Es duftet nach Banane, aber zugleich fruchtig-erfrischend. „Liebe im Kornfeld“ verbreitet sich samtig-weich im Mund. Auch wenn die Malzaromen dieses Bier dominieren, so zeigen sich im Antrunk dennoch dezente Noten von Mandarine und Orange. Am Gaumen paaren sich zum ersten Eindruck liebliche Bananennuancen und eine harmonisch malzige Komponente mit einem Hauch von Walnuss. Und im Abgang zeigt sich sogar noch eine winzige Hopfennote.
Fazit: Toll, ein wirklich gelungenes Bier von den Pyraser Brauern! Ich habe mich positiv überraschen lassen, was für herrliche Aromen diese Malzmischung hervorbringt. Mit 5,5 Umdrehungen und 13,9 Prozent Stammwürze ist das obergärige Bier auch keineswegs zu schwer, eher angenehm leicht. Stelle es mir super zum Grillen vor, um meinen Gästen einen echten Gaumenschmaus zu Fleisch und Gemüse zu präsentieren.
Unsere Reise führte weiter in das Fischerstädtchen Oban. Mit den Jahren wurde es durch die Dampfschiff-Ära und dem Eisenbahnanschluss per West Highland Line zum Zentrum der Westküste und zum Hauptfährhafen für die Inneren und Äußeren Hebriden. Ein Spaziergang am Hafen und durch den Ort lohnt sich auf jeden Fall. Interessant ist nicht nur der unfertige Nachbau des römischen Kolosseums, das oberhalb der Stadt thront, sondern vor allem die Pubs.
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Direkt am Pier kehrten wir in einem netten Restaurant ein. Als erstes fiel mir natürlich die Bierkarte in die Hand und ich freute mich, in dieser Stadt etwas Neues auszuprobieren. Ich bestellte erst das Ginger Jakey Amber Ale und dann das Skelpt Lug Dark Ale, beide mit 4,2 Prozent Alkoholgehalt– das IPA „Kilt Lifter“ war leider aus. Beide Biere waren nahezu geruchlos, aber natürlich – wie auf der Insel üblich – bis zum obersten Glasrand eingeschenkt. Ginger Jakey war im Geschmack äußerst malzig, dezent würzig aber nicht gerade überwältigend. Das im Glas rötlich-braun funkelnde Skelpt Lug, gebraut mit zwei Malzsorten, war noch malziger (so wie es die Schotten lieben), etwas bitter und im Abgang eher grasig. Von Hopfen war nicht viel zu spüren.
Die Schotten lieben angeblich solche malzigen Biere. Ich muss jedoch sagen, dass ich ein wenig enttäuscht war. Sowohl das eine als auch das andere Ale erschienen mir eher wässrig mit keinem wirklich individuellen Geschmacksmerkmal. Schade – zwei Biere, die man vielleicht als Erfrischung mal zur Pizza trinken kann, mehr aber auch nicht.
Heute, am 23. April, begehen wir den Tag des Bieres. Deutschlands Brauer feiern an diesem Gedenktag den Erlass des bayerischen Reinheitsgebotes im Jahre 1516. Damals wollte Herzog Wilhelm IV. dem wilden Treiben damaliger Brauer mit einem neuen Gesetz entgegentreten, dass noch heute in jedem Pflichtenheft bundesdeutscher Braumeister verankert ist. Und das war gut.
Damals noch, in grauer Zeit, war Bier ein wüstes Gebräu, bei dem niemand vor Experimenten zurückschreckte, die nicht nur geschmackliche Verfeinerungen, sondern auch Manneskraft, Gesundheit und ewiges Leben versprachen. Aber in vielen Fällen führte der Biergenuss zu einem schnellen Tod, was weniger an den konsumierten Mengen lag, sondern eher an den mörderischen Zutaten: Fliegenpilze, giftige Stechäpfel, Maiglöckchen oder Bilsenkraut, was die Rauschwirkung bei geringer Dosierung wohl noch verstärkte. Dunkelbier wurde einfach nur mit Ruß gefärbt. Dagegen muten Beigaben wie Fichtennadeln und Tannenzapfen, Sauerampfer, Erdbeerblätter und Stiefmütterchen noch geradezu appetitlich an. Bekannt ist, dass die Germanen auch so köstliche Ingredienzien wie Eichenrinde, Stierblut und Ochsengalle als Bierwürze verwendeten. Da könnte so mancher am Tag des Bieres richtig Appetit auf ein Cola-Bier bekommen…
Seit die alten Sumerer vor mehr als 6.000 Jahren begannen das erste Bier zu brauen, hatten sie ein Getränk für Götter und Könige entdeckt. In alten Keilschriften ist verewigt, dass die Babyloner schon mehr als zwanzig Sorten kannten. Bierpanscher wurden seinerzeit in ihren Fässern ertränkt oder so lange mit Bier abgefüllt, bis sie ersticken. Nach Einführung des Reinheitsgebotes sind solche Bestrafungen allerdings nicht mehr bekannt geworden, obwohl es mit dem Biergesetz eigentlich niemand so genau nahm.
Das von Herzog Wilhelm erlassene Gesetz bezog sich lediglich auf die Verwendung von Gerste, Hopfen und Wasser. Ok, die Hefe wurde erst später entdeckt. Genau genommen entsprach aber auch das Weizenbier damals nicht dem bayerischen Reinheitsgebot. Erst 1602 erging ein offizieller Erlass, dass auch mit Weizen ein reines Bier gebraut werden durfte. Was heute als 500 Jahre altes Recht und als Gral der Brauergilde gefeiert wird, überzeugte nicht gerade durch Kontinuität. Bereits ein herzoglicher Erlass von 1551 erlaubte als weitere Zutaten sogar Gewürze wie Koriander und Lorbeer. Die bayerische Landesverordnung von 1616 ließ dann auch noch Salz, Wacholder und Kümmel zu.
Und was hat sich bis heute so getan? Brauer, die Gewürze oder Früchte in ihren Sudkessel packen, werden zwar nicht mehr im Fass ersäuft. Aber so manches Massenbier aus dem Supermarktregal dürfte – trotz Reinheitsgebot – geschmacklich kaum besser sein als das ein oder andere Urzeitgebräu. Mehr als 1300 Brauereien stellen heute rund 5000 Biere her – das ist Weltrekord. Dennoch: Der Bierkonsum ist hierzulande seit Jahren rückläufig, der Preiskampf um die billigste Stiege macht vielen Kleinbrauern arg zu schaffen. Die Folge: Deutschlands Biertrinker mutieren immer mehr vom Genießer zum Schnäppchenjäger. Händler, die einen Kasten Bier über zehn Euro anbieten, gelten bereits als Wucherer und Betrüger. Und so sinkt angesichts immer neuer Rabattschlachten der Literpreis von Jahr zu Jahr auf immer neue Tiefstände. Aber mit dem Preis rücken leider auch Qualität und Individualität des Bieres immer weiter in den Keller.
Wie schön also, dass es die Craft-Bier-Szene gibt. Hier stimmt die Qualität, hier wird das Bier nicht zum Discounter-Preis herausgeschleudert, hier versickern nicht Millionen in der TV-Werbung, hier ist der Kunde ein Gourmet, hier freuen sich die Brauer über immer höhere Zuwachsraten. Eigentlich müssten die Craft-Brauer am Tag des Bieres jetzt Freudenfeste feiern und für Jedermann/-Frau reichlich Freibier ausschenken, damit auch der Rest der Welt erkennen kann, welch wundervolle Genüsse in Wasser, Hopfen und Malz stecken können.