
Ein Bier, das auf dem Etikett ein Ablaufdatum per 23. Dezember 2017 aufweist, würde wahrscheinlich kaum jemand anrühren. Aber manchmal ist es dennoch einen Versuch wert. So fand ich kürzlich im hintersten Abteil meines Bierkellers ein unfiltriertes Milk Stout mit dem vielversprechenden Namen „Buried at Sea“ der irischen Galway Bay Brewery und wollte es eigentlich gleich in den Orkus kippen. Dann wagte ich jedoch einen kleinen Schluck von diesem Trunk und war nicht nur erstaunt, sondern beim zweiten Schluck auch wahrlich begeistert.
Liegt es am Namen dieses Bieres, das locker übersetzt so viel heißt wie „Seebestattung“, denn die 2009 gegründete Brauerei liegt ganz im Westen von Irland an der Galway Bay mit Blick auf den Atlantik. Oder liegt es an den gesunden Kühen und der nachweislich guten Milch auf der grünen Insel. Umso erstaunlicher ist: Die ursprünglichen Bewertungen über diese Bier rangierten gerade mal im gehobenen Mittelmaß. Da überrascht, wie sich dieses Stout im Verlauf von gut zwei Jahren so lebendig weiterentwickelte.
Die komplexen Aromen dieses mit Milchzucker und dunkler Schokolade gebrauten Bieres haben sich nicht verflüchtigt und überraschen mit angenehmer Frische, einem geschmeidigem Mundgefühl, einer beständigen Krone und einer sauberen Drinkability. Über den cremigen, malzbetonten Einstieg machen sich im tiefschwarzen Sud leichte Röstnoten und mittelkräftige Bitternoten bemerkbar. Trotz der 4,5 Prozent Alkohol zeigt sich ein kräftiger Body mit einer fast öligen Textur.
Fazit: Klar, gerade bei weniger alkoholbeladenen Craft-Suden muss man aufpassen, wenn ein Bier nach dem Ablaufdatum seinen Zenit erreicht hat. Aber es gibt tolle Ausnahmen, wie dieses irische Seebegräbnis beweist. Auch mit ein wenig Patina ist „Buried at Sea“ – bei kühler Lagerung – heute noch ein attraktives Stout, dass sich vortrefflich zu süßlich Gerichten und intensiven Desserts eignet, aber auch perfekt mit einem guten Galloway-Steak harmoniert.