„Mail an…“: Neues Format mit dem Thema „Terroir“ bei Craft-Bier-Rohstoffen

Neben „Mein Craft-Bier des Monats“ hier wieder ein neues Format „Mail an…“. Regelmäßig stelle ich Bierexperten nur eine aktuelle Frage per Email rund ums Thema unseres Lieblingsgetränks. Bei meinen Recherchen stieß ich in letzter Zeit immer wieder auf das Thema „Terroir“ und dabei über die Frage, wie wichtig ist die Lage beim Anbau der Rohstoffe für Top-Biere? Haben ein Hopfenfeld neben der Autobahn und ein Kornfeld am Bahndamm wirklich die Qualität für exzellente Craft-Biere? Oder werden wir in Zukunft eine ähnliche Entwicklung wie beim Wein erleben, dass auch die Lage über den Preis entscheidet. Harald Schieder, der nach 15 Jahren auf der Suche nach guten, ehrlich hergestellten Bieren nun auch die Herstellung der Rohstoffe in seinen Bierführern hinterfragt und die Produktion ökologischer Biere mit der Herstellung konventionell gebrauter vergleicht, gibt Antwort:

Bierexperte Harald Schieder
Bierexperte Harald Schieder

Feiner Hopfen: Herr Schieder, welche Rolle spielt bei der Qualität des Bieres das Terroir beim Anbau von Hopfen und Getreide und wie wichtig ist das Wasser?

Harald Schieder:

Da ich auch in der Weinbranche tätig bin, hat mich das Thema Terroir beim Bier schon länger interessiert. Doch bei welchen Rohstoffen können sich unterschiedliches Mikroklima oder Böden bemerkbar machen? Beim Getreide ist es durch das Kochen und die Vergärung relativ schwierig, im fertigen Bier Unterschiede festzustellen. In Heidelberg gab’s mal eine Brauerei, die einzelne Biere mit Getreide einzelner ‚Lagen’ (wenn man das bei Getreide so nennen möchte) angeboten hat. Bei einer Vergleichsverkostung waren allerdings keine markanten Unterschiede feststellbar. Ähnlich verhält es sich beim Wasser, da heute fast jeder an der Wasserqualität dreht und mehr oder weniger Mineralien herausfiltert. Interessant wird es natürlich beim Hopfen.

In einem Interview mit einem Bio-Hopfenbauern in Lilling erfuhr ich sehr spannende Details. Zum Beispiel, dass in seinem ‚Mikroklima’, dem Tal in dem sich seine Hopfenfelder befinden, unterschiedliche Felder unterschiedliche Aromanuancen hervorbringen. Dies mag am Boden liegen, aber auch an Windrichtung, Sonneneinstrahlung usw. – eben genau so, wie beim Wein der Begriff Terroir definiert wird, bis hin zur Handschrift des Winzers.

Also grundsätzlich ist dies möglich, allerdings leider im Biersektor noch bei weitem nicht so erforscht wie beim Wein. Das Problem hierbei ist ähnlich wie beim Getreide: Wenn der Hopfen ‚totgekocht’ wird, sind kaum noch Unterschiede erkennbar. Die grünen, floralen, kräuterigen, ätherischen Noten bis hin zu den unzähligen Zitrus- und anderen Fruchtaromen der ‚neuen’ oder amerikanischen Hopfensorten können nur ins fertige Bier transportiert werden, wenn sie im Rahmen der Kalthopfung nicht schon vorher abgetötet werden.

Dies ist mit Sicherheit ein sehr spannendes Betätigungsfeld, das allerdings noch langer Versuchsreihen bedarf. Aber gerade solche individuellen Unterschiede machen unsere Biere so spannend und ich glaube, viele kleine Brauer sind da auf dem richtigen Weg.

„Edelbiere passen nicht zur Geiz-ist-geil-Mentalität“

Fünf Fragen an Harald Schieder: Harald Schieder ist einer der profiliertesten Bierexperten Deutschlands, Jurymitglied beim European-Beer-Stars-Award und Autor mehrerer Bierführer Nach seiner Meinung haben Edelbiere gute Chancen, sich künftig als Alternative zu Top-Weinen zu etablieren. Weiterlesen „„Edelbiere passen nicht zur Geiz-ist-geil-Mentalität““