Emma – Biere ohne Bart: Sude mit Tannenwipfelsirup und angerösteten Kokosflocken

EmmaBrauen
Almut Zinn bei der Arbeit

Almut Zinn kam eher durch Zufall zum Bierbrauen. Reisen durch die USA brachten sie auf das Thema Craft-Bier. Zurück in der Heimat kaufte sich die Freiburgerin ein Homebrew-Kit und startete als Hobbybrauerin. Zinn las viel, braute viel und wurde nach eigenen Aussagen immer besser. Vor rund zwei Jahren entschied sie sich ihr eigenes Label „Emma – Biere ohne Bart“ zu gründen. Mit dem Namen – Emma ist ihr zweiter Vorname – will Zinn verdeutlichen, wer für die Kreativbiere ihrer Marke verantwortlich ist: Eine Frau. Seit 2016 mischt die Breisgauerin mit eigens interpretierten German Pale Ale, American Strong Ale, Amber Ale und Imperial Stout die deutsche Craft-Bierszene auf. Und es werden sicherlich noch viele weitere spannende Sude von Almut Zinn auf den Markt kommen.

 

Welche Eigenschaften zeichnen Deiner Meinung nach einen richtig gute Craft-Brauerin aus?

Es gibt starke Parallelen zur Kunst. Eine richtig gute Craft-Brauerin – wie auch Künstlerin – hat den Mut und die Kreativität, ihren eigenen Stil zu entwickeln. Dieser kann bunt, brutal, feinst ziseliert sein und den kalkulierten Zufall mitspielen lassen oder einer Planung bis ins kleinste Detail entspringen. Das Produkt muss dann auch nicht jeder mögen. Wer Biere für jeden brauen will, der wird schnell die langweiligen Produkte herstellen, die von den großen Brauereikonzernen produziert werden.

Was macht für Dich ein wirklich außergewöhnliches Bier aus?

Ich finde Biere außergewöhnlich und spannend, die mindestens eine seltene oder einzigartige Zutat besitzen. Zum Beispiel eine in mühevoller Kleinst- und Laborarbeit kultivierte wilde Haushefe, ein über besonderen Hölzern geräuchertes Malz, ein besonders gelungener Blend oder ein Bier, das monatelang Zeit brauchte um zu reifen. Toll sind auch natürliche Zutaten außerhalb des Reinheitsgebotes, vorausgesetzt sie sind überlegt eingesetzt. Ein außergewöhnliches Bier sollte selbstverständlich auch qualitativ hochwertig sein, ohne Fehlgeschmäcker und Braufehler.

Was war das schrägste Bier, das Du jemals getrunken hast?

Das schönste schrägste Bier habe ich auf der estnischen Insel Saarema getrunken. Es war ein „Koduölu“, das in seiner Herstellung mit dem finnischen Sahti verwandt ist. Es wurde über Wacholderzweigen geläutert und dann mit Bäckerhefe sehr warm vergoren. Es schmeckte nach einem frischen Bananen-Smoothie mit Haferflocken und vertiefte sich dann hin zu waldigem Aroma mit Salz und Lorbeer und etwas Kampfer, mit winzigen Highlights von Sumpf und Teer und Heidelbeermarmelade.

Mit welchen ungewöhnlichen Zutaten würdest Du gern einmal brauen?

Ich habe zu Hause auf meiner Versuchsbrauanlage schon Biere mit Earl Grey Tee, angerösteten Kokosflocken, selbst hergestelltem Tannenwipfelsirup, Sauerkirschen, Heidelbeeren, getrockneter karamellisierter Mango, Zitronenzesten und Basilikum gebraut. Mein Ziel ist es, diese Biere auch im größeren Maßstab zu brauen!

Was ist eigentlich Dein Lieblingsgericht und was trinkst Du dazu?

Ich habe viele Lieblingsgerichte. Hier eine Auswahl: Ceviche mit meinem „Kuckucksrot Sonderedition“, oder ein homemade Burger mit meinem „Zapotopaz“, Hirschbraten mit Polenta, Ofengemüse und meinem „Salto Orale“.

EmmaZapotopaz 

Wie siehst Du die Entwicklung der Craft-Bierszene in fünf Jahren?

Ich bin zuversichtlich, was die Entwicklung angeht. Wenn ich mich in der Craft-Bierszene umschaue, sehe ich extrem viele begabte, kreative, hochmotivierte Leute, die für ihre Biere leben, schuften und Bier- sowie Nicht-Biertrinker mit ihrer Begeisterung anstecken. Außerdem ist Craft-Bier nicht Bubble-Tea, sondern mindestens so hochwertig und vielschichtig wie Wein und es wird einfach nie langweilig werden. Man sieht ja auch, dass die Bier-Riesen langsam unruhig werden und versuchen, auf den Zug aufzuspringen. Aber im ganzen vergangenen Jahrzehnt hat eine Bewegung hin zum Konsum von transparent hergestellten Lebensmitteln von kleinen, lokalen, hochwertigen Produzenten stattgefunden, die nicht mehr rückgängig zu machen ist. Kaffee wird von immer mehr Leuten, die es sich leisten können, in kleinen, feinen Röstereien gekauft und nicht mehr im Supermarkt, warum soll das bei Craft-Bier anders sein?

Und was hast Du als nächstes vor?

Eine schicke Festival-Theke bauen und mir in meinem wohlverdienten Urlaub die Craftbier-Szene in Israel anschauen.

Deutsche Top-Brauer: Braukollektiv Freiburg – internationales Stehvermögen

Braukollektiv Freiburg
Credit: Ralf Strittmatter

Vier Brauer aus drei Kontinenten vereinen in ihrem Braukollektiv in Freiburg ihr Wissen, ihr Können und die Leidenschaft zum Bier. Aus dieser Kombo entstehen grandiose Sude, bei denen an keinem Rohstoff gespart wurde. Jedes Bier war für mich bisher ein tolles Erlebnis mit einer wahren Harmonie, die den Gaumen streichelt.

 

Die Fragen haben alle vier Hopfenkünstler aus dem Braukollektiv (Gil, James, Chris und Börn) beantwortet:

Wann habt ihr euer erstes Bier gebraut und wie ist es geworden?

Gil: Mein persönlicher erster Sud war 2007 – ein Altbier, das allerdings ein ziemlich leckeres Brown Ale geworden ist.  Unser erstes gemeinsames Baby war jedoch 2014 das „Black Sheep IPA“, das jetzt „Dolly IPA“ heißt. Das brauen wir immer noch regelmäßig. Damals war es allerdings nur mit einem Drittel der heutigen Hopfenmenge gestopft und auch mit wesentlich mehr Restextrakt. Für die meisten Freiburger Gaumen ein guter Einstieg. Wir dosieren sie langsam hoch.

James: Den genauen Zeitpunkt weiß ich nicht mehr, aber es dürfte etwa neun Jahre her sein. Es war schrecklich, aber ich habe es trotzdem getrunken.

Chris: 24.8.2004: ein Amber Ale, das tatsächlich geschmeckt hat. Wir hatten nicht genügend leere Flaschen um das Bier abzufüllen und mussten daher die Nachbarn holen, um mit deren Hilfe noch schnell eine Kiste ‚leer‘ zu machen.

Börn: Ich glaube vor sechs Jahren. Das Bier war echt lecker, obwohl ich damals der Meinung war, dass 28 Grad genau die richtige Temperatur für die Gärung sind. Das Bier hatte interessante Fruchtaromen…

 

Wie seid ihr eigentlich auf den Namen „Braukollektiv“ gekommen?

Chris: Namensfindung ist total schwierig. Wir hatten viele schräge Ideen noch vor der Firmengründung, aber irgendwie ist Braukollektiv einfach und bleibt gut im Kopf. Wir sind ein Kollektiv aus Brauern. Basta.

James: Die Entscheidung kam von den anderen, noch bevor ich dazu gestoßen bin. Der Name passt aber, weil wir eine Gruppe Brauer aus verschiedenen Gegenden sind.

Gil: Wir werden auch manchmal gefragt, ob wir ein „richtiges” Kollektiv sind. So mit Konsensprinzip etc. – und das ist tatsächlich so bei uns. Meistens jedenfalls.

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Was macht für Euch ein wirklich außergewöhnliches Bier aus?

Börn: Das Bier sollte eine lange Geschmacksreise bieten: Vom ersten Schnüffeln bis fünf Minuten nach dem ersten Schluck, dabei soll es auch ausgewogen und ohne Fehlgeschmäcker sein.

James: Es muss eine hohe Trinkbarkeit haben, ohne dabei langweilig zu sein. Wenn ich den letzten Schluck genommen habe und ein wenig Enttäuschung eintritt, dass es schon leer ist, dann habe ich ein außergewöhnliches Bier im Glas gehabt.

Chris: Da stimme ich James zu!

Gil: Wow. Stimmt. Mensch, du bist ja ein richtiger Poet, James.

 

Welchen Biertyp trinkt ihr am liebsten und warum?

Chris: Ich liebe vor allem starkgehopfte Biere.

James: Ich will mich nicht festlegen. Ich mag es malzbasiert, frisch, hopfig, manchmal gereift, aber auch sauer.

Gil: Sauer oder hopfig ist meistens eine gute Wahl. Kommt aber immer auf die Gelegenheit drauf an.

Börn: IPA … davon habe ich zwei ganz besonders leckere immer im Keller.

 

Was sind Eure Lieblingshopfensorten?

Börn: Chinook, Simcoe, Perle, Hersbrucker

Gil: Das ändert sich ständig. Allzeit-Favoriten wären Simcoe, Mosaic, Columbus – je nach Einsatz. Pekko bzw. ADHA 871 ist spannend. Mit dem spiele ich gerade herum.

James: Ich bin fasziniert von den neuen Aromavarianten wie Azacca, El Dorado, Idaho 7 und Callista.  Zu meinen Lieblingssorten gehören aber auch Amarillo, Mosaic, Citra und Cascade.

Chris: Als Australier stehe ich total auf die Kiwi-Sorten wie Nelson Sauvin – ich weiß, es ist fast unmöglich ihn zu bekommen – und Motueka.

 

Welche Eigenschaften zeichnen Deiner Meinung nach einen richtig guten Craft-Brauer aus?

Börn: Eigensinn, Neugier, Offenheit, Stehvermögen

James: Den Wunsch zu experimentieren und den Eifer, zu lernen, was das Bier zu sagen hat. Bier ist das wichtigste, danach kommt alles andere.

Chris: Ich stimme James zu. Man soll sich erst um Geschmack und Qualität bemühen – später kann man sich Gedanken über den Preis der Zutaten machen.

Gil: Auf jeden Fall Kreativität.

 

Was war das schrägste Bier, das Du jemals getrunken hast?

James: Kürzlich trank ich eine Dose Budweiser. Das war schon schlecht genug, aber jemand hatte die Dose als Aschenbecher benutzt. Ich habe es trotzdem getrunken.

Gil: Meine eigenen Erfahrungen sind nicht wirklich ausgefallen, außer vielleicht ein paar Homebrews mit Mädesüß oder Damiana sowie anderen Pflanzen. Diese ganzen Vaginal- oder Barthefe-Dinger, von denen man immer mal wieder hört, hab ich nie probiert.

Börn: Ein wirklich schräges Bier war bisher nicht dabei. Chris hat mal ein Bier mit Hühnchen gebraut. Das ist schräg.

Chris: Oh ja, ich habe wirklich mal ein Bier namens „Cock Ale” mit gebratenem Hühnchen gebraut.

 

An welchem Ort der Welt würdest Du mit Deinem besten Freund gern ein Bier trinken?

James: Ganz einfach: in einer dunklen, rauchfreien Craft-Bierbar mit Juke-Box in der Ecke und einer endlosen Vielfalt an Weltklasse-Bieren, die in den richtigen Gläsern und der richtigen Temperatur serviert werden.

Chris: Eigentlich kann man doch überall gut Bier trinken…

Börn: Auf einem Berggipfel der bayerischen Alpen nach einer ausgiebigen Bergwanderung.

Gil: Oben auf‘m Hangar. Mit lauem Sommerwind um die Nase und Bass in den Ohren.

 

Und was hast Du als nächstes vor?

James: Wenn ich das wüsste…

Chris: Die Leidenschaft großartige Biere zu brauen weiter zu treiben.

Börn: Ein Bier trinken.

Gil: Warte, ich komm‘ mit.

Braukollektiv: Sommerausklang mit „Moe“

Braukollektiv - Summer Ale "Moe"
Braukollektiv – Summer Ale „Moe“

Der Sommer ist vorbei. Zum Abschied trinke ich das Summer Ale „Moe“ vom Braukollektiv aus Freiburg. Vier Hobbybrauer – James, Chris, Børn und Gil – von jeweils verschiedenen Kontinenten der Welt, mischen seit vergangenem Jahr vor allem den badischen Biermarkt auf. Für dieses 5,2prozentige Ale verwendete das internationale Team vier Hopfensorten: Motueka, Mosaic, Cascade und Perle.

Orangefarben mit festem und feinporigem Schaum präsentiert sich dieses Craft-Bier im Glas. Im Geruch hält es sich etwas zurück, dennoch sind fruchtige und hopfige Noten wahrnehmbar. Spritzig und erfrischend schmeichelt Moe Zunge und Gaumen mit exotischen Aromen. Hier zeigen die Sorten Mosaic aus den USA und Motueka aus Neuseeland mal wieder ihre volle Wirkung. Aber auch Nuancen von Orange und der etwas würzige Charakter des Perle-Hopfens beeinflussen die Geschmacksplattform mit. Zudem ist das Summer Ale sehr vollmundig. Zarte 32 Bittereinheiten verabschieden sich fruchtig im Rachen.

Fazit: Ein leckeres Pale Ale, aber sicherlich nicht nur für den Sommer! Kräftig im Körper und lecker im Geschmack. Und da Mosaic derzeit einer meiner Lieblingshopfensorten ist und der Hopfen hier seine volle Pracht zeigt, empfehle ich das Freiburger-Bier gerne weiter. Freue mich auf die weiteren Sorten des Braukollektivs, die bereits in meinem Kühlschrank warten.

Martin’s Bräu: Ein Besuch in Freiburgs ersten Hausbrauerei

Martin's Bräu in Freiburg im Breisgau
Martin’s Bräu in Freiburg im Breisgau

Kürzlich waren meine Schwester und ich in Freiburg im Breisgau, um uns die Stadt anzuschauen. Leider goss es aus Eimern. Zum Glück fanden wir ziemlich zügig und auch eher zufällig neben dem historischen Martinstor, die Gasthausbrauerei „Martin’s Bräu“ im Freßgäßle. Die Rettung! Pitschnass stapften wir in das urige Kellergewölbe und setzen uns an die Bar, von der wir direkt auf die zwei kupfernen Braukessel schauen konnten. Seit 1989 wird hier in kleinen Mengen gebraut.

Pils
Pils

Wir bestellten das hauseigene Pils mit ca. 4,5 Prozent Alkohol – so stand es zumindest an der Tafel über den Bottichen – und 11,7 Prozent Stammwürze. Optisch ist das Bier trüb und golden. Der Geruch hält sich zurück. Nur etwas Malziges und Grasiges scheint hindurch. Im Geschmack dagegen treten die Aromen deutlicher in den Vordergrund: Grasig, hopfig und Nuancen von grünen Äpfeln charakterisieren dieses Pils. Durch die kräftig prickelnde Kohlensäure ist „Martin’s Bräu“ – selbst bei Regenwetter – eine angenehme Erfrischung. Kann ich mir aber noch besser im anliegenden Biergarten vor dem Wirtshaus bei 25 Grad und Sonnenschein vorstellen. Leider war der Brauer –der in Freiburg auch berühmt ist für sein Weihnachtsbier – für ein paar Fragen zu seinen Kreationen gerade nicht anwesend. Also zogen wir weiter durch den endlich abnehmenden Regen und schlenderten bei guter Laune durch die kleinen Gässchen Freiburgs.

Sudanlage
Sudanlage