Craft-Bier des Monats: Vier Freunde, eine Idee –  Cerevisium1516

Cerevisium 1516
Cerevisium 1516

Genau genommen gibt es dieses Bier noch gar nicht. Es soll mindestens sechs Monate in der Flasche reifen, bevor es sein volles Aroma entfaltet. Ich habe diese Wahnsinnsbier schon nach vier Monaten probiert – an einem heißen Augusttag auf schattiger Terrasse, eiskalt und in Champagnergläsern serviert. Die Champagnergläser sind wichtig, denn das Weihenstephaner Kreativteam – die vier Brauerfreunde, Donatus, Stefan, Daniel und Tae Soon – definiert diesen Hopfentrunk als echtes Champagnerbier.

Das klingt zwar erst mal etwas abgehoben, aber nicht nur die erlesene Aufmachung in Schampus-Flasche mit Edeletikett, sondern vor allem der Blick in den Herstellungsprozess rechtfertigt diese Bezeichnung allemal. Cerevisium 1516 (die Jahreszahl steht für die Einführung des Reinheitsgebots!) wird tatsächlich wie Champagner ausgebaut und mit traditioneller Rüttelmethode veredelt. Neben untergäriger Bierhefe wird Sekthefe aus der Champagne verwendet. Das merkt man schon beim Einschenken an der feinen Perlage im Glas. Was das Jungbrauerteam aus angehenden und fertigen Diplom-Braumeistern nach langjährigen Homebrew-Experimenten jetzt mit ihrem Erstlingswerk vollbracht hat, ist höchste Handwerkskunst verbunden mit wissenschaftlicher Akkuratesse. Angeblich geht jede einzelne Flasche mindestens einhundertmal durch ihre Hände.

Das Ergebnis ist ein ganz ungewöhnliches Bier auf wirklich hohem Niveau. Es strahlt in komplexen Goldorange, das an ganz lange gelagerte Champagner erinnert. Gebraut aus Gerstenmalz mit Hallertauer Blanc, Monroe und einer „geheimen Sorte“, bringt Cerevisium stolze 24 Prozent Stammwürze, 11,5 Prozent Alkohol bei zarten 10 Bittereinheiten auf die Waage. Das alles zaubert einen komplexen, fruchtigen und honigartigen Duft in die Nase. Und ein Hauch von Holunderblüte erinnert an feine Schaumweine aus den höheren Lagen der Champagne. Auf der Zunge entfaltet sich das das Bier vollmundig, cremig, mit Aromen von Pfirsich und reifer Honigmelone. Ein moussierendes Prickeln am Gaumen erinnert zwar entfernt an bessere Weißbiere, geht aber in seiner ganzen Tragweite über herkömmliche Marken hinaus.  Zurück bleibt eine dezente Honigsüße neben einer leichten Bittere, sowie angenehm trockenen Sektnoten, was – alles in allem – in einen sehr, sehr langen Abgang mündet.

Fazit: Das Freising Brau-Team hat im Schatten der ältesten Bieruniversität der Welt wohl erstmals hierzulande die Mauer zwischen Bier und Schampus eingerissen, ohne die Regularien des Reinheitsgebotes zu verletzen. Ein wirklich großer Wurf dieses Cerevisium 1516. Aber kein Bier für Kampftrinker, sondern für echte Gourmets gemacht, als kreativer Aperitif oder als edler Digestif nach feiner Spitzenküche. Mit solchen Suden könnte die Craft-Bier-Szene endlich den erhofften Durchbruch auf den Getränkekarten von Top-Restaurants und Edel-Bistros schaffen. Man kann nur hoffen, dass die vier Brauerfreunde über ihr Crowdfunding-Projekt viele Investoren und bald eine eigene Braustätte finden.