Kommentar: Alles Quatsch!

Es ist kein Geheimnis, dass mit dem Erfolg der Craft-Bewegung auch Frauen wieder Geschmack am Bier gefunden haben – und zwar nicht nur als Konsumentinnen. Sie mischen als Kreativ-Brauerinnen die Szene auf, betätigen sich als Biersommelière und Craft-Bloggerinnen oder übernehmen die Brauereien ihrer Vorväter. Ihre Zahl nimmt dynamisch zu, seitdem sich Bier wieder deutlicher als Genussgetränk definiert.

Und schon tauchen in den Regalen immer mehr Hopfensäfte in verkorkten Champagnerflaschen auf, die mit klangvollem Produktnamen als spezielles Lady-Bier angeboten werden. Auf pinken Etiketten prangen neben viel Chichi-Symbolik sogar pudelnackte Romeos. Der Trend zieht sich bis in die Niederungen kleiner Landbrauereien. Vieles davon ist ziemlich peinlich und so mancher Trunk erweist sich im Glase schließlich nur als lukrativer Marketingtrick. Nichts gegen die wachsende Anzahl an speziellen Bier-Seminaren, Craft-Tastings und Brauereiführungen, die sich ausschließlich an ein weibliches Publikum richten. Aber was soll da eigentlich anders ablaufen als bei den Events für Männer?

Frauenbiere, so das gängige Vorurteil, sollten süß sein, nicht zu alkoholreich und nach Möglichkeit durch florale Duftnoten überzeugen. Alles Quatsch! Wie jüngste Umfragen in der Craft-Szene ergeben, trinken Frauen am liebsten ein gut gehopftes IPA mit ausbalancierten Fruchtnoten, ausgeprägter Frische, aber eher geringen Bittereinheiten – je exotischer, umso besser. Solche Sude liegen allerdings auch bei männlichen Craft-Fans im Trend. Und im Übrigen gilt: Auch Frauen wählen ihr Bier nach Stimmung, Umgebung, Gesellschaft, nach den Jahreszeiten oder der Situation.

Typische Frauenbiere gibt es also ebenso wenig, wie es heute im Bier-Business noch wirklich homogene Zielgruppen gibt. Im Klartext: Was Männer trinken, mögen auch Frauen und umgekehrt. Schließlich gibt es ja auch kein Spezialbier für Einäugige, Zwergwüchsig oder Fußkranke.

Erschienen im Meiningers CRAFT Magazin für Bierkultur.

Pudelnackte Romeos

Ein Gedanke zu “Kommentar: Alles Quatsch!

  1. Andreas Fischer

    Die wollen nur erreichen, dass Männer und Frauen nicht mehr zusammen gesellig sind . . . klappt aber nicht! Weil wenn der Romeo (oder die Julia) nur noch auf dem Etikett ist, wirds bissl fad. Ich trinke mein Bier auch gerne mit zwergwüchsigen, fußkranken Einäugigen selbst wenn sie transgender sind und Mineralwasser bevorzugen, hauptsache es ist gemütlich, anregend und schön . . . und kein Depp/in.

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