Brauer-Portrait: Chance Graves von Crossroads Ales & Lagers setzt auf coole Experimente

Chance Graves
Credit: Crossroads Ales & Lagers

Kreativbrauer Chance Graves stand 2012 an einer sogenannten „Crossroads“, ein bekanntes Synonym für viele Blues-Songs. Er musste sich entscheiden, welche Richtung er einschlägt und beschloss schließlich seine Heimat zu verlassen. So kam der heute 34-Jährige aus den USA nach Deutschland, um zunächst in traditionellen Brauereien zu arbeiten und dort das Brauhandwerk zu erlernen. Schon immer war es sein Ziel neue Rezepturen zu entwickeln und unter einer eigenen Marke auf den Markt zu bringen. Vor rund zwei Jahren war es dann soweit, er gründete „Crossroads Ales & Lagers“ im oberbayerischen Schongau und experimentiert seitdem mit verschiedenen Bierstilen wie Farmhouse Ale, Red Ale, New Style Lager oder auch Tropical Wheat Ale und Whiskey Oak Aged Imperial Stout. Seine Intention ist es, sich mit jedem Trunk von der Masse abzuheben und immer wieder neue Wege einzuschlagen – ganz in der Crossroads-Philosophie.

Chance, welche Eigenschaften zeichnen Deiner Meinung nach einen richtig guten Craft-Brauer aus?

Ein guter Craft-Brauer sollte experimentierfreudig und offen für alles sein. Er sollte aber auch wissen, welche Rohstoffe zusammenpassen und welche nicht. Zudem muss er im Brauprozess schnell Probleme lösen und Entscheidungen treffen können.

Was macht für Dich ein wirklich außergewöhnliches Bier aus?

Außergewöhnliche Biere sollten sich geschmacklich deutlich von Mainstream-Fernsehbieren unterscheiden, unvergesslich sein und einzigartige Merkmale besitzen, die man so nicht oft findet.

Was war das schrägste Bier, das Du jemals getrunken hast?

Das war das Dogfish Head’s Raison D’Extra, gebraut mit Rosinen, braunem Zucker und einem Alkoholgehalt von 18 Prozent. Das Bier war sehr schwer und komplex. An kalten Wintertagen kann man sich sowas mal gönnen, aber in der strahlenden Sommersonne würde ich persönlich lieber zu etwas leichteren greifen. 

Mit welchen ungewöhnlichen Zutaten würdest Du gern einmal brauen?

Es ist sehr schwierig sich hier nur für ein paar Zutaten zu entscheiden. Es gibt so viele interessante und spannende Möglichkeiten außerhalb des Reinheitsgebotes. Zurzeit würde ich gerne mit Zitronengras und Fichtenspitzen brauen, allerdings nicht im gleichen Sud. Vielleicht wird eines meiner nächsten Biere innerhalb der „Experimental Series“ mit diesen Zutaten zu tun haben. Ansonsten finde ich auch Früchte im Bier sehr interessant, da kann man sich einiges von den Belgiern abschauen.

Was ist eigentlich Dein Lieblingsgericht und was trinkst Du dazu?

Gebratenes Lachsfilet mit gegrilltem, grünen Spargel und dazu mein Farmhouse Ale.

Wie siehst Du die Entwicklung der Craft-Bierszene in fünf Jahren?

In Deutschland gibt es noch viel Luft nach oben. Ich hoffe sehr drauf, dass die jüngeren Biertrinker noch mehr auf Craft-Bier aufmerksam werden und das der Anteil von Kreativbieren am gesamten Bierumsatz hierzulande weiter zunimmt.

Und was hast Du als Nächstes vor?

Ich beabsichtige nächstes Jahr mehr Präsenz auf verschiedenen Craft-Biermessen zu zeigen, um noch mehr Interessenten zu gewinnen. Natürlich möchte ich meinen Kundenstamm weiter ausbauen und werde hier in nächster Zeit meine Aktivitäten vor allem in München weiter erhöhen. Sehr aufregend finde ich im Moment meine „Experimental Series“, in der ich mich kreativ so richtig austoben kann. Eine eigene Brauerei ist mein großer Traum, die Realisierung liegt allerdings noch in weiter Ferne.

Crossroads Ales & Lagers: „New Age Lager” und „Farmhouse Ale” aus dem Alpenland

Vor wenigen Wochen lernte ich auf einem Festival in Altenstadt den Brauer Chance Graves von Crossroads Ales & Lagers aus Schongau kennen. Dort schenkte der gebürtige US-Amerikaner ein „Tropical Wheat Ale“ und ein „East Coast IPA“ aus, die ich beide richtig gut fand. Kürzlich ließ mir Chance seine Frischabfüllungen vom „New Age Lager“ und „Farmhouse Ale“ zukommen, die ich gestern mal probiert habe.

Das 5,3-prozentige Lager strahlt in einem Strohgelb durchs Glas, ein feinporiger Schaum liegt oben auf. Gestopft hat der Wahl-Schongauer das Bier mit Azacca- und Mosaic-Hopfen, dessen fruchtigen Aromen sich schon dezent in der Nase zeigen. Der würzige Lager-Charakter steht allerdings im Vordergrund. Auf der Zunge präsentiert sich die moderne Interpretation schlank und frisch. Auch hier ist der typische Lager-Geschmack vorhanden, wird aber von sanften exotischen Klängen der Hopfensorten angenehm ergänzt. Ein deutliche, aber keineswegs störende Bittere rundet das Bier ab.

Ein rundes Gesamtbild zeigt auch das 6,1-prozentige „Farmhouse Ale“, das in einem ansprechenden Orangegelb mit cremigem Schaum in der Pilstulpe schwimmt. Das Ale duftet fruchtig-frisch mit verführerischen Mandarinen-Noten und einer gewissen Würze der belgischen Hefe. Vollmundig-spritzig breitet sich der Schongauer Sud im Mundraum aus. Das Aromaspiel setzt sich aus Zitrusnoten zusammen, die an Mandarine und Orangenzeste erinnern. Wieder spielt der würzige Hefeanklang eine deutliche Rolle. Im Finish zeigt sich das Ale trocken und wird durch eine angenehme Herbe komplementiert.

Fazit: Beide Sorten machen definitiv Spaß. Das „New Age Lager“ ist durch die eher sanften Hopfenaromen sicherlich auch ein tolles Bier für Craft-Einsteiger, da es eine hohe Drinkability besitzt und nicht überfordert. Das „Farmhouse Ale“ ist etwas anspruchsvoller, aber auch sehr gut trinkbar mit harmonischem Charakterspiel. Auf Chance Graves muss man wohl ein Auge werfen, da sind noch viele interessante Sude zu erwarten.