Turning Wheels Craft Brewery: Starke Sude aus pazifischer Inselwelt

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Credit: Turning Wheels Craft Brewery

Für deutsche Craft-Bierfans sind die Philippinen wahrscheinlich absolutes Niemandsland. Bislang nur als Urlaubsziel mutiger Backpacker bekannt, entwickelt sich das Archipel im Pazifischen Ozean mit seinen fast 8000 Inseln und mehr als 100 Millionen Einwohner, jedoch gerade zu einem Geheimtipp für Liebhaber kreativer Mikrobrauereien. Während sich der Bierkonsum dort bislang nur eher mäßig entwickelte und sich Besucher meist nur mit Standardpils von San Miguel beglücken können, entdecken viele Philippinos – aller politischen Krisen zum Trotz – gerade ihre Liebe zum Bier. Immerhin gibt es nach aktuellen Zahlen inzwischen mehr als 250 verschiedenen Biertypologien aus rund einem Dutzend Brewpubs und 24 bemerkenswerten Microbreweries.

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Die Sudkessel (Credit: Tunring Wheels Craft Brewery)

Eine der ersten und wahrscheinlich bekanntesten Braustätten im Pazifikstaat ist die „Turning Wheels Craft Brewery“. Die 2014 eröffnete Craft-Schmiede befindet sich auf dem Eiland Cebu in Cebu City, wo im 16. Jahrhundert die erste spanische Siedlung auf den Philippinen gegründet wurde. Chef und Brauer ist Michael Nikkel, ein gebürtiger Amerikaner aus Los Angeles, der aus Liebe zu einer Frau auf der Inselgruppe strandete und blieb. Sie war letztlich auch diejenige, die ihn zum klassischen Werdegang als Craft-Brauer animierte: Nikkel startet als Hobbybrauer in einer Garage und sein Markenname „Turning Wheels“ entstammt passend zu einer weiteren Leidenschaft, dem Fahrradfahren.

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Michael Nikkel, Gründer von Turning Wheels, auf dem Craft-Bierfest in Manila

Heute produziert der Wahl-Philippino mit 260 Litern pro Batch zwar noch keine großen Mengen, dafür pflegt er die Leidenschaft zum Experimentieren. In seiner Kellerbrauerei stehen vier glänzende Gärtanks aus Edelstahl. Damit entwickelt Nikkel mit unterschiedlichen Hefe-Stämmen, frischen Früchten vom Markt und lokalen Gewürzen gänzlich neue Sudprofile. Bei Hopfen, Malz und Hefe muss der Turning Wheels-Chef so wie die meisten Brauereien auf den Philippinen, jedoch auf Importware zurückgreifen. Das sei kein Problem, denn sein Hopfen-Dealer aus der Hauptstadt Manila schaffe ihm eine passende Auswahl an US-Sorten heran. „Mit hocharomatischen US-Hopfen kann ich auch fern der Heimat großartige West Coast IPAs brauen“, bekräftigt Nikkel.

Und das hat er bereits eindrucksvoll bewiesen. Momentan führt der Nachwuchsbrauer zwei Biere dieser Art im Sortiment, die sich wahrlich sehen lassen können. Als Musterbeispiel für ein West Coast IPA sieht Nikkel sein kupferfarbenes „Mountain King IPA“ mit sieben Prozent und 65 Bittereinheiten. Es duftet und schmeckt nach Grapefruit und Ananas – mit ganz speziellen Insel-Touch. Die härtere Variante heißt „Backbone Double IPA“. Dieses Ale besitzt 8,5 Prozent Alkohol und 85 IBU. Auf der Zunge tanzen Aromen von tropische Früchte wie Ananas und Mango, dazu gesellt sich eine kräftige Grapefruitnote. Ein echtes Hammerbier ist das „Singlespeed Imperial Stout“ mit satten 9,3 Prozent. Das vollmundige Stout bringt Noten von gerösteten Kaffeebohnen, Schokolade, Dörrobst und eine angenehme Malzsüße an den Gaumen.

Selbst diese starken Sude bieten bei tropischen Temperaturen einen wahrhaft frischen Hochgenuss für anspruchsvolle Craft-Bierfans. Gerade erst brachte Nikkel auch eine Saison-Serie heraus: Die reguläre Version hat 6,3 Prozent, die aufgepimpte Variante schon zehn und das ganz neue Black-Saison sogar starke zwölf Umdrehungen. Als nächstes will er neben seiner Garage einen Biergarten errichten und plant schon mal ein erfrischendes Witbier für erschöpfte Radfahrer. Voller Optimismus blickt der Brauer in die Zukunft: „Es steckt wahnsinnig viel Potential im philippinischen Markt, aber zuerst müssen wir die Begeisterung der Leute für Craft-Biere weiter ankurbeln.“

 

Erschienen im Meiningers CRAFT Magazin für Bierkultur.