Covid-19 trifft auch die Craft-Bierbranche hart. Mit Kurzinterviews möchte ich die Community auf dem Laufenden halten, was bei Brauern, Biersommeliers, Händlern, Gastronomen und Bloggern derzeit passiert und wie all diese tollen Menschen mit dem Virus-Wahnsinn umgehen. Heute ging meine Mail an Martin Seidl von Hopfenkopf Bräu aus dem südostbayerischen Feichten an der Alz.

Hallo Martin, wie wirkt sich die Corona-Krise auf Euer Tagesgeschäft aus?
Im Bereich der Flaschenbiere sind wir normal unterwegs und der Abhof-Verkauf ist sogar gestiegen. Bei der Fassware stagniert das Geschäft komplett, da unsere Gastronomen gerade alle geschlossen haben. Das Lager steht voll. Für mich entfällt ein großer Teil des Umsatzes wegen ausfallenden Braukursen, Seminaren und Bierverkostungen. Da das Projekt Hopfenkopf/Dietrachinger aber nicht nur auf dem Bein des Bierverkaufs steht, werden wir die Krise gut überstehen. Wir haben jetzt Zeit, unsere Pläne wie Brauereiumbau und kommende Baumaßnahmen besser aufzuarbeiten.
Welche Probleme entstehen durch die Schließung der Bars, Taprooms und Restaurants?
Durch die Schließung der Gastronomien ist der Fassbierverkauf völlig zum Erliegen gekommen – und wie wohl jeder weiß: mit Fassbier lässt sich mehr Geld verdienen als mit Flaschenbier. Zudem ist die Nachfrage an unseren Spezialbieren fast gänzlich zurückgegangen, da die meisten in der Krise auf Helles und Weißbier zurückgreifen. Wenn nicht bald eine Lockerung kommt, kann es sogar sein, dass die Bars und Gastronomen, die wir beliefern, gar nicht mehr aufsperren.
Das würde bedeuten, dass wir die ganze Überzeugungsarbeit umsonst gemacht haben, dass die Gastronomen auf gutes handgebrautes Bier umsteigen. Und: Es gehen treue und tolle Kunden verloren.
Jede Krise hat Sieger und Verlierer. Was lernen wir aus der jetzigen Situation?
Die Sieger in der Krise sind eindeutig die Großbrauereien, da sie eindeutig mehr Kapital auf der Seite haben und die Menschen in solchen Zeiten oft eher zu günstigeren Produkten greifen. Trotzdem fällt auf, dass auch sehr viele Konsumenten in der Krise vermehrt regionale Biere trinken. Tödlich für kleine und mittelständische Brauereien ist auch das Verbot von Festen, bei denen Regionalität immer gepunktet hat. Man lernt aus dieser Situation das Gastronomen für uns der beste und zuverlässigste Partner sind. Ich denke, dass auch Startups und kleine Brauereien nach der Krise (sofern sie diese überlebt haben) gestärkt aus der Situation gehen, da viele Menschen sicher danach mehr auf Regionalität und Qualität setzen werden. Zumindest hoffe ich das.
Welche Tipps könnt ihr Kollegen geben?
Ich rate jedem, wenn es erforderlich ist, sich bei „Startnext Coronahilfe Crowdfounding“ anzumelden. Das hat bei einigen Kollegen schon sehr geholfen.
Wie sieht der Craft-Biermarkt nach Covid-19 aus?
Nach der Krise wird von vielen Qualität und Regionalität besonders geachtet. Alle, die ein solides, trinkbares Bier und einige geniale Spezialitäten auf dem Markt haben, werden sicher profitieren. Jene, die nur auf extreme „Überdrüberbiere“ setzen, werden früher oder später die Bühne des Bierbrauens verlassen. In diesem Sinne wünsche ich allen Kollegen allzeit gut Sud und viel Erfolg. Es wird bald besser!