Bayerische Staatsbrauerei Weihenstephan: Erfolgsrezept mit Tradition und Innovation

Foto: Bayerische Staatsbrauerei Weihenstephan

Die Bayerische Staatsbrauerei Weihenstephan, einst gegründet von Benediktinermönchen, gilt mit ihrer rund tausendjährigen Geschichte als älteste Braustätte der Welt. Hinter den ehrwürdigen Mauern wirkt heute nicht nur hochmodernste Brautechnik, sondern auch ein Team mit vielen neuen Ideen.

Wer den heiligen Berg von Weihenstephan erklimmt, der betritt ein historisches Terrain, das umrankt ist von Legenden und Geschichten über Krieg, Plünderung, Zerstörung und wunderbaren Suden, die maßgeblich den Ruf des bayerischen Bieres begründeten. Seitdem hier oberhalb von Freising, rund 40 Kilometer nordwestlich von München, einst durstige Benediktinermönche begannen in ihren Sudkesseln zu rühren, hat sich einiges im Weihenstephaner Brautempel getan. „Unser Erfolgsrezept ist das Spannungsfeld zwischen althergebrachtem Wissen des Bierbrauens“, betont Brauereidirektor Dr. Josef Schrädler, „in Kombination mit moderner Wissenschaft.“

So gilt die Bayerische Staatsbrauerei Weihenstephan mit ihrer erstmals urkundlichen Erwähnung von 1040, als die Ordensbrüder das offizielle Brau- und Schankrecht erwarben, nicht nur als älteste Braustätte der Welt. Durch die Zusammenarbeit mit der Technischen Universität für Brauwesen und Getränketechnologie, die sich gleich nebenan befindet, zählt sie auch zu einer der innovativsten Bierproduktionen überhaupt. Bis die Brauerei sich mit diesem Status rühmen durfte, erlebten die Gründer turbulente Zeiten mit beispiellosen Schicksalsschlägen. Als die Weihenstephaner Mönche im Jahre 725 unter Leitung des heiligen Korbinian das Benediktinerkloster gründeten, folgte 955 die komplette Zerstörung der Braustätte durch die Ungarn. Nach dem Wiederaufbau plünderten und verwüsteten im Dreißigjährigen Krieg erst Schweden, dann Franzosen und später die Österreicher im Spanischen Erbfolgekrieg das Weihenstephaner Heiligtum. Zwischen 1085 und 1463 brannte das Kloster dann auch noch viermal vollständig ab und wurde durch drei Pestepidemien, Hungersnöte sowie ein starkes Erdbeben lahmgelegt.

Brauereichef Josef Schrädler. Foto: Bayerische Staatsbrauerei Weihenstephan

Erst 1803, während der Säkularisation, wurde die Klosterbrauerei aufgelöst und alle Rechte gingen an den bayerischen Staat über. Ihren heutigen Namen trägt die Staatsbrauerei erst seit 1921 und ist seitdem ein nach privatwirtschaftlichen Maßstäben geführtes Unternehmen. Dass die Braustätte heute über modernste Technik verfügt, ist größtenteils Brauereidirektor Josef Schrädler zu verdanken. Der 57-jährige Betriebswirtschaftler, der auch als Professor an der Weihenstephaner Universität lehrt, führt das Unternehmen seit gut zwanzig Jahren und schreckt vor keiner Prozessoptimierung zurück: „Wenn die Qualität unserer Biere in irgendeiner Weise noch besser werden kann, dann setzen wir das sofort um.“

Das Engagement der Freisinger Brauer wird sichtlich auch belohnt. Im Sortiment finden Bierliebhaber heute insgesamt 16 Sorten, die mit unzähligen Medaillen geehrt wurden. Als Flaggschiffe der Staatsbrauerei gelten ein bananiges Hefeweißbier und das „Original Helles“, das sich durch eine gewisse Malzigkeit und einen würzigen Hopfen-Touch kennzeichnet. Für Starkbier-Fans gibt es den 7,4-prozentigen, dunklen Doppelbock namens „Korbinian“ sowie den mehrfach prämierten Weizenbock „Vitus“ mit 7,7 Prozent Alkohol, der mit wuchtigen Noten von Banane und getrockneter Aprikose überzeugt.

1. Braumeister Tobias Zollo und Braumeisterin Sina Fürlauf

Braumeister Tobias Zollo, der einen Jahresausstoß von 450.000 Hektolitern verantwortet, erweitert sukzessive das Portfolio. So tüftelte er mit seinem Team ein Jahr lang an einem Rezept für ein neues Helles mit ganz unterschiedlichen Hopfensorten. „Obwohl wir mit unserem neuen Bier vor allem jüngere Zielgruppen ansprechen wollen, vereinen wir auch dabei Tradition mit Moderne,“ bekräftigt Zollo. So präsentiert sich das Helle denn auch mit frischem Design und in der bauchigen Retro-Euroflasche.

Dass all ihre Biere nach dem Reinheitsgebot und mit überwiegend regionalen Rohstoffen gebraut werden ist für die Freisinger zwar gesetzt, aber dabei beschreitet das Braukollektiv teilweise Wege, die den meisten Traditionsbrauereien noch fremd sind. Um sich auch in der Craft-Szene zu positionieren, setzen sie auf Kollaborationen mit ausländischen Kreativbrauereien. So entstand aus purer Experimentierfreude schon ein 10,5-prozentiges Champagner-Bier namens „Infinium“, das gemeinsam mit Samuel Adams aus Boston angesetzt und mit französischer Sekthefe vergoren wurde. Zudem brauten die Bayern vor zwei Jahren mit den kalifornischen Kultbrauern von Sierra Nevada den Kollaborationssud „Braupakt“. Dabei handelte es sich um ein Weißbier mit sechs Prozent Alkohol, das mit den amerikanischen Hopfensorten Chinook und Amarillo gebraut wurde. „Sobald es nach Corona wieder aufwärts geht, wird es wieder einen neuen spannenden Collab geben,“ verspricht Weihenstephaner Braumeisterin Sina Fürlauf. Ihr Team sei bereits mit australischen Brauern im Gespräch.

Josef Schrädler schätzt den Ehrgeiz seiner rund 160 Mitarbeiter. Seit der umtriebige Brauereichef in Weihenstephan die Geschäfte führt, hat sich vieles verändert. Die Staatsbrauerei vergrößert sich nicht nur stetig, auch der Absatz hat sich mehr als verdreifacht. Nach einer Investition von rund 16 Millionen Euro eröffnete er erst im vergangenen Jahr ein neues Logistikzentrum mit einer Fläche von 11.000 Quadratmetern, um auch bei einem Exportanteil von rund 60 Prozent die komplette Logistik aus einer Hand abwickeln zu können. „Da wir zu den modernsten Betrieben in unserer Branche gehören wollen, haben wir in den vergangenen Jahren sehr viel Geld in Technik investiert“, umschreibt Schrädler den Erfolg seiner Brauerei.

Foto: Bayerische Staatsbrauerei Weihenstephan

Dass sich niemand in der Staatsbrauerei auf den Lorbeeren ausruhen darf, gilt auf dem heiligen Berg als ungeschriebenes Gesetz. Aktuell ist ein neuer Lagerkeller und eine moderne Anlage zur Entalkoholisierung in der Planungsphase. Damit erhoffen sich die Freisinger vor allem einen Innovationssprung bei alkoholfreiem Weißbier, zumal sie schon seit langem bei solchen Suden einen kontinuierlichen Aufwärtstrend registrieren. Allein im vergangenen Jahr konnten sie mit ihrem Angebot ein Ausstoßplus von fast 40.000 Hektolitern verbuchen. Inzwischen gibt es auch ein bleifreies Helles, das auf neue Zielgruppen abzielt. „Unsere alkoholfreien Sorten sorgen jetzt auch außerhalb Deutschlands für steigendes Interesse“, weiß Matthias Ebner, der in der Freisinger Braustätte als internationaler Markenbotschafter fungiert.

Trotz zahlreicher Neuerungen und modernster Technik, präsentieren sich die Weihenstephaner nach wie vor als ältesten Braustätte der Welt. Vordenker Josef Schrädler ist sich aber bewusst, dass Tradition heute als Verkaufsargument allein nicht mehr reicht: „Es gehört zwar zum Zeitgeist, dass sich Verbraucher gern auf alte Werte besinnen und dabei regionale Produkte mit individuellem Charakter bevorzugen, aber man sollte dabei nicht vergessen, dass hinter einer alten Brautradition meist viel Erfahrung und hohe Qualität steht.“

Erschienen im MEININGER’S CRAFT MAGAZIN FÜR BIERKULTUR.

Dirndl Bräu: Vier Frauen stehen auf Schürzenjäger

20180821_131732Dass „Dirndl Bräu“ auf den ersten Eindruck ziemlich bayerisch und traditionell klingt, ist offensichtlich. Hinter der neuen bajuwarischen Biermarke stehen vier Frauen, die eigentlich beim Hofbrauhaus Freising arbeiten. Die Brauerinnen Antje Leisler, Steffi Meyer, Liesa Pfützenreiter und Sylvia Tromba wollten aber als Frauen-Quartett neben den Bieren, die sie im Freisinger Traditionshaus produzieren, auch einen eigenen Kreativsud auf den Markt bringen. Vor ein paar Tagen habe ich ihr Erstlingswerk probiert. Beim „Schürzenjäger“ handelt es sich um ein India Pale Lager (IPL), dass die Dirndl mit vier Hopfensorten brauen: Tradition, Mandarina Bavaria, Citra und Callista.

Im Glas leuchtet das moderne, 5,1-prozentige Lagerbier in einer kräftigen Orangefarbe. Ein cremefarbener, feinporiger Schaum vollendet die attraktive Optik. Im Duft zeigt sich das IPL malzig-fruchtig mit prägnanten Noten von Mandarine. Kaum fließt das Bier über die Lippen, schon entfaltet es sich vollmundig und frisch. Auf der Zunge breitet sich ein hopfiges Aromaspektrum aus, bei dem Zitrustöne wie Mandarine, Zitrone und Orange überwiegen. Dazu gesellen sich noch beerige Noten vom Callista-Hopfen. Begleitet wird die Fruchtigkeit von einem angenehmen Malzkörper. Im Finish präsentiert sich abschließend noch eine solide Bittere.

Fazit: Der „Schürzenjäger“ beweist wieder einmal, dass Frauen über ein besonderes Händchen bei der Rohstoffauswahl und am Sudkessel verfügen. Das hopfige Lagerbier ist harmonisch, fruchtig und sehr schön ausbalanciert. Passt sowohl zu Fisch, als auch zu pikanter Pasta oder einfach als aromatisches Feierabendbier. Bin gespannt, was noch von „Dirndl Bräu“ auf den Markt kommt.

 

Wolfscraft: Raubtier im Kessel

wolfscraftWas hat guter Biergeschmack mit einem Wolf gemein? Beides wurde nach Aussagen von „Wolfscraft“ vor langer Zeit aus unserer Nation verbannt. Doch glücklicherweise ändert sich das gerade. Der Wolf ist zurück und die Freisinger wollen seine Wiedereinbürgerung tatkräftig unterstützen: Mit einer Patenschaft für Isegrim, speziellem Wolfslabel und eigenem Kreativbier. Coole Idee!

Kürzlich hatte ich dann die auf den ersten Blick eher traditionellen Biersorten im Glas. „Das Helle“ mit schlanken 4,9 Prozent Alkohol strahlt mir in einem Sonnengelb entgegen. In der Nase verbindet sich ein Bukett aus dezenten aber frischen Zitrusaromen mit einer leichten Malzigkeit und einem Anklang von tropischen Früchten. Im Geschmack zeigen sich dann eher Nuancen von Aprikose. Das Finish erinnert mit seiner Malzsüße an ein klassisches bayerisches Helles, hat jedoch einen ganz eigenen Kick. Weiter geht’s mit dem 5,2-prozentigen „Frisch-Pils“. Es besticht durch goldgelbe Farbe im Glas und einem zarten Zitrusduft. Am Gaumen leicht hopfig mit zurückhaltenden Noten von Stachelbeere und etwas Herbe von einer Quitte. Das kräftigste Bier der Wolf-Gang mit 5,3 Umdrehungen heißt „Super-Lager“. Im Geruch als auch im Geschmack dominieren bei diesem goldgelben Bier fruchtige Noten von Mandarine. Dazu gesellen sich eine angenehme Malzigkeit und eine gewisse Würze. Das Lager verabschiedet sich frisch und geschmeidig herb.

Fazit: Wolfscraft ist wieder ein Beispiel dafür, dass vor allem in Bayern bevorzugt heimisch-traditionelle Bierstile neu interpretiert werden. Und das ist den Freisingern auch echt gut gelungen. Unter dem Namen hätte ich mir allerdings etwas mehr „Biss“, mehr Kraft und einen intensiveren Geschmack vorgestellt. Etwas mehr Mut bei der Hopfenkombination würde die Biere noch besser machen. Aber das ist vielleicht gar nicht so gewollt. Mich haben die Wolfcraft-Sude dennoch überzeugt, weil sie von den herkömmlichen Aromen der Stile abweichen und mit einer tollen fruchtigen Frische daherkommen. Vorsicht: äußerst süffig!

Tasting: Feiner Hopfen im Bierhandwerk #2

Hey Craft-Bierfans,

_DSC0295diesen Freitag noch nichts vor? Dann kommt doch um 20 Uhr nach Freising ins Bierhandwerk. Dort gebe ich wieder eine Verkostung unter dem Motto: „Feiner Hopfen. Die Welt der Craft-Biere“. Fünf köstliche und spannende Biere werden verkostet. Dabei erzähle ich interessante Geschichten zu Hopfensäften und ihren Machern. Während der Degustation gibt es einen kleinen Snack und im Anschluss ein freies Tasting, bei dem wir alle gemütlich noch über die Szene diskutieren und philosophieren können. Das Bierhandwerk legt noch einen drauf: Als Give Away bekommt jeder ein Paket mit den fünf verkosteten Bieren und ein Glas. Das alles für schlappe 35 Euro. Würde mich riesig freuen, wenn noch ein paar Leute kommen würden…

Anmeldung per Email an: info@bierhandwerk.de

Bierhandwerk Freising

Sonnenstraße 29

85356 Freising

Tasting: Feiner Hopfen im Bierhandwerk

Hey Craft-Bierfans,

Mareike Hasenbeck
Foto: Elena Hasenbeck

nächsten Freitag noch nichts vor? Dann kommt doch um 20 Uhr nach Freising ins Bierhandwerk. Dort gebe ich eine Verkostung unter dem Motto: „Feiner Hopfen. Die Welt der Craft-Biere“. Fünf köstliche und spannende Biere werden verkostet. Dabei erzähle ich interessante Geschichten zu Hopfensäften und ihren Machern. Während der Degustation gibt es einen kleinen Snack und im Anschluss ein freies Tasting, bei dem wir alle gemütlich noch über die Szene diskutieren und philosophieren können. Das Bierhandwerk legt noch einen drauf: Als Give Away bekommt jeder ein Paket mit den fünf verkosteten Bieren und ein Glas. Das alles für schlappe 35 Euro. Würde mich riesig freuen, wenn noch ein paar Leute kommen würden…

Anmeldung per Email an: info@bierhandwerk.de

 

Bierhandwerk Freising

Sonnenstraße 29

85356 Freising

 

Craft-Bier des Monats: Yankee & Kraut – Wanderung durch den Hopfengarten

20160418_152219Bryan France kommt aus den USA. Genau genommen aus Reno in Nevada. Seine Leidenschaft zu hopfigen Bieren brachte er mit nach Deutschland. Zwar studierte er erst Biologie, setzte dann aber in Weihenstephan noch Brauwesen oben drauf. Davor rührte er nur hobbymäßig in kleinen Sudkesseln nach heimischen Rezepten. Im vergangenen Jahr zählte er zu den Finalisten im Innovationswettbewerb der Uni. Seitdem brachte der 33-Jährige zwei seiner Kreationen auf den Markt. Das erste war das Wettbewerbsbier namens „Hopulenz IPL“ – das schon echt gut gelungen war. Seinen ganz neuen Sud konnte ich am Sonntag in Freising bei einem Tasting für einen neuen Craft-Biershop probieren. Bryan kanllte die Flasche auf den Tisch und sagte: „Hier, probier mal.“ Ich war so begeistert, dass sein „Eden Pale Ale“ mit 5,5 Prozent von mir gleich zum Craft-Bier des Monats gekürt wird.

  •    Brauerei: Yankee & Kraut, Ingolstadt
  •    Bierstil: Pale Ale
  •  Alkoholgehalt: 5,5 Prozent
  •    Stammwürze: 13,5 Plato
  •    Farbe: golden
  •    Schaum: feinporig
  •    Bittere: 22 IBU
  •    Hopfen: Cascade aus Tettnang und Comet aus der Hallertau
  •    Malz: Pilsner und Cara Munich 1

Das Pale Ale funkelt golden im Glas während der Schaum feinporig und stabil oben aufsteht. Schon bevor das Riechorgan zum Trinkgefäß wandert, strömt mir ein tropischer Fruchtcocktail entgegen. Zitrusfrüchte, eine grasige Note und Aromen von reifer Aprikose sowie Litschi verführen die Nase. Bei nur 22 IBU ein echtes Hopfenwunder. Der Duft lässt also schon Großes erwarten. Am Gaumen vermählen sich dann erfrischend und prickelnd schöne fruchtige Nuancen von Litschi, Grapefruit, Limone und reifer Mirabelle. Im Finish angenehm bitter mit einem beerigen Hauch des Comet Hopfens.

Fazit: Das ist definitiv ein Bier für den Sommer! Diese fruchtigen Aromen mit der spürbaren Bittere sind einfach herrlich. Hop-Heads können gespannt sein, was Yankee & Kraut noch so in die Regale stellt. Bei diesem Pale Ale jedenfalls: Augen schließen und durch den Hopfengarten schlendern…