Brewdog & Aldi Süd: „Ald IPA“ – das wohl strittigste Bier des Jahres

Über kein Bier wird in der Craft-Szene gerade mehr gelästert, gezetert und diskutiert als über das „Ald IPA“ von Brewdog und dem Discounter Aldi Süd. Es gibt bereits Videos im Netz, wo Geeks das Bier in den Gulli kippen, immer mit der Bemerkung, dass es sich dabei keinesfalls um ein Craftbier, geschweige denn um ein IPA handelt. Allerdings sind aber auch dezidiertere Meinungen – sogar von Kreativ-Brauern – zu lesen, die den Aldi-Deal als geschickten Schachzug von Brewdog für die hiesige Craft-Branche verstehen.

Die ganze Aufgeregtheit hat mich bestärkt, das Bier, bei dem es sich um ein „Easy India Pale Ale“ mit 4,2 Prozent handelt, mal zu kaufen und zu verkosten. Gehopft haben es die Brauer in der Berliner Brewdog-Stätte mit den amerikanischen Hopfensorten Chinook und Ahtanum. So fließt der Discounter-Sud goldgelb und glanzfein ins Glas, ein schneeweißer, fein- bis mittelporiger Schaum liegt oben auf.

Das Bier duftet würzig, malzig und zart nach Zitrone und Grapefruit. Erfrischend und mit prickelnder Kohlensäure fließt das Bier über die Lippen. Im Geschmack zeigen sich malzige Noten, die eine sanfte Honigsüße mitbringen, und eine zurückhaltende Fruchtigkeit von Zitrone und Birne. Ein leicht grasiger Touch hält sich im Hintergrund. Im Finish zeigt sich das Bier trocken und mit einer durchaus angenehmen Herbe.

Fazit: Auch wenn jetzt vielleicht einige Crafties an die Decke gehen, so erlaube ich mir als Biersommelière ein objektives Urteil: Beim „Ald IPA“ handelt es sich wahrlich um ein frisches, knackiges, sauberes und süffiges Bier. Dass man bei einem Preis von 1,29 Euro pro 0,5 Liter Dose keinen Einsatz von kiloweisen Hopfen pro Hektoliter erwarten kann, dürfte jedem klar sein. Die Bezeichnung „Easy“ sowie eine Deklaration als Schankbier lässt eigentlich schon vermuten, dass es sich um ein schlankes, unkompliziertes Bier handelt.

Dennoch dürfte der Trunk eingefleischte Craft-Fans etwas enttäuschen. Sowohl im Bukett als auch im Geschmack präsentiert Brewdog hier eher einen Lager-Charakter als ein fruchtiges, modernes IPA – wie man es sonst von den Brauhunden gewöhnt ist. Zugegeben, die Erwartungshaltung war deswegen bei mir auch etwas höher. Etwas mehr Fruchtcharakter würde dem Bier definitiv nicht schaden. Aber: ich ignoriere einfach die Bezeichnung IPA und sehe den Sud nur als handwerklich ganz sauberes Bier, das knackig-frisch daherkommt und sich als unkomplizierter Begleiter zum Grillen oder als Durstlöscher sehr gut eignet.

Im Kern bin ich überzeugt, dass so ein Bier vom Discounter, gebraut von einer Szene-Größe wie Brewdog, durchaus eine Chance für die hiesige Craftbier-Branche sein kann, denn immerhin wird hier eine völlig neue Zielgruppe mit dem Thema konfrontiert. Und wer erst mal Spaß an so einem Einsteiger-Trunk bekommen hat, greift beim nächsten Mal vielleicht zu einer anderen Craft-Variante.